Ästhetisch, schön und außergewöhnlich – Ela Müller-Jäger hat einen besonderen Blick für die Schönheit ganz normaler Frauen und weiß sie entsprechend in Szene zu setzen.Foto: Dagmar Schweickert
Von unserer Mitarbeiterin Dagmar Schweickert
Welche Frau findet sich schon wirklich schön? Zu dick, zu wenig Vorbau, zu viel Hintern. eine Fotografin aus Allendorf will den Frauen genau diese Perspektive auf ihren Körper aus dem Kopf jagen. Sie macht Shootings von nackten Frauen, die sich normalerweise am liebsten verstecken und sich. als Frau. teilweise schon seit Jahren aufgegeben haben. Das Ganze verknüpft Manuela „Ela“ Jäger-Müller mit einer Spendenaktion für karitative Zwecke. und sie hat unglaublichen Zulauf bei ihrer Fotoaktion „Schöne Körper“.
Begonnen hat alles vor einer Woche: „Mein Mann war Snooker spielen, unsere Kinder im Bett. ich warf einen Blick auf Facebook und stolperte über ein Video, das mich sehr berührte“, erinnert sich die 35-Jährige.
Timea ist selbst Fotografin und hat sich im Wald im Taunus von Manuela Jäger-Müller fotografieren lassen und unterstützt sie jetzt auch dabei, Frauen für das Projekt "Schöne Körper" abzulichten. Foto: Manuela Jäger-Müller
In dem Video erzählte eine Frau, wie sehr sie ihren Körper hasste, wie sie sich zwang, durchtrainierter zu werden. und ihren Körper immer noch hasste. Sie erkannte, wie tief die Selbstzweifel in ihr saßen. und in vielen anderen Frauen. Taryn Brumfitt rief ein Kickstarter-Projekt ins Leben.
Taryn bat in dem Video 100 Frauen, ihren eigenen Körper mit einem Wort zu beschreiben. Das Ergebnis: „Schwabbelig, eklig, zu klein, unsexy“. Sie will mit einer Dokumentation dafür kämpfen, dass Frauen zu sich und ihrer unperfekten Schönheit stehen.
Ela Jäger-Müller war klar: „Das muss ich aufgreifen.“ Über Facebook rief sie auf, sie mit Bildern zu unterstützen. Ihre Idee: Sie fotografiert Frauen, die das Schöne-Körper-Projekt unterstützen, in unterschiedlichen Lebenssituationen.
Die Frauen. Männer sind auch erlaubt. müssen nackt sein, werden aber ästhetisch fotografiert. Was verhüllt werden soll, wird durch Posen oder Requisiten vor dem Auge des Betrachters verborgen.
„Ich bin völlig geplättet, wie viele Frauen sich gemeldet haben“, berichtet die Fotografin. Übergewichtig, OP-Narben, Schwangerschaftsstreifen. alle Problemzonen sind vertreten. Grundsätzlich kostet die Frauen das Shooting nichts, aber Jäger-Müller bittet direkt um Spenden. „Ab 30 Euro aufwärts wäre schön, nach oben sind keine Grenzen gesetzt“, lacht die quirlige kleine Frau mit den vorwitzigen Locken.
Schon wenige Tage nach ihrem Aufruf gab es die ersten Shootings: eine Frau nackt am Herd, mit Kleinkind auf dem Arm und erneut schwanger, eine Frau, deren blondes Haar fast bis zu ihrem eben ganz normalen Po reicht und die ihr Pferd über ein Feld führt. umwerfende Bilder von zauberhaft normalen Frauen.
Am nächsten Tag packt Ela einen roten, hochlehnigen Stuhl mit Löwenfüßen ins Auto, fährt in einen Wald im Einrich. Das 34-jährige „Model“ Timea hat drei Kinder, „und das sieht man meinem Körper eben an“, berichtet sie. Sie habe sich „schon immer hässlich gefühlt“ und hoffe, dass diese Aufnahmen ihr Selbstbewusstsein geben, erzählt sie mit schüchternem Lächeln.
Als Ela mit dem Shooting loslegt, schafft sie es durch ihre fröhliche Art sofort, dass Timea sich entspannt statt geniert. „Leg die Hand da rüber, damit man die Rolle nicht so sieht, die Beine übereinander, das ist genial.“
Die Liste der Anfragen von Frauen, die sich fotografieren lassen wollen, wird immer länger. Gleichzeitig muss Jäger-Müller versuchen, „ganz normal zu arbeiten. Ich muss ja auch Geld verdienen.“ Die Spenden, die sie für das Schöne-Körper-Projekt bekommt, gibt sie eins zu eins weiter. Anfangs wollte sie nur Taryn Brumfitt helfen. doch deren Ziel, 200 000 Euro für ihre Dokumentation zu sammeln, ist bereits erreicht.
Die Allendorfer Fotografin will nun ihrerseits ein gemeinnütziges Projekt unterstützen oder gründen. Schon jetzt ist sie sozial engagiert, fotografiert kostenlos bei den Projekten „Tapfere Knirpse“ schwer kranke Kinder und bei „Sternenkinder“ tot geborene Kinder.
„Was habe ich da nur angefangen“, lacht sie, wirft ihre blonden Locken aus dem Gesicht, und man weiß: Diese Frau wird es schaffen, den Menschen ihre Kamera wie einen Spiegel vorzuhalten und ihnen zu zeigen, wie schön sie in Wirklichkeit sind.