Bern
Interview: Bundesamt gibt Schiene Vorfahrt

Peter Füglistaler ist Direktor des schweizerischen Bundesamtes für Verkehr (BAV).

Bern - Weniger Bahnlärm am Mittelrhein, aber eine höhere Güterzugfrequenz entlang des Flusses – das erwartet Peter Füglistaler, Direktor des schweizerischen Bundesamtes für Verkehr (BAV) ab 2016, wenn der Gotthard-Basistunnel für den Bahnverkehr freigegeben wird. Wir sprachen mit dem Verkehrsexperten.

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Das Interview führte Markus Kratzer

Die Schweiz schlägt ab 2020 einen radikalen Weg bei der Bahnlärmbekämpfung ein. Was kann dieser Schritt für die lärmgeplagten Menschen im Mittelrheintal bedeuten?

Ich denke, dass auch die Anwohner der Rheinstrecke davon profitieren werden. Denn wir sprechen über durchgehende Züge, die vom Ruhrgebiet durch die Schweiz nach Italien fahren. Und wenn die Schweiz die Lärmsanierung verlangt, gehe ich davon aus, dass auch auf deutscher Seite lärmarme Güterwagen eingesetzt werden.

Sie wollen Verkehr von der Straße auf die Schiene bringen, auch der Gotthard-Basistunnel soll in drei Jahren dazu beitragen: Könnte eine mögliche Lärmreduzierung am Mittelrhein nicht durch eine höhere Güterzugfrequenz aufgefressen werden?

Das ist nicht auszuschließen. Wir wollen mehr Verkehr auf der Schiene, weil wir davon ausgehen, dass dies der effizientere und umweltverträglichere Weg ist. Vorausgesetzt, die Schiene löst ihr Lärmproblem. Deshalb sehen wir die Lösung in der Kombination einer Verlagerungspolitik, neuer Infrastruktur, aber auch einem Druck auf die Bahn, sich einer Lärmreduzierung nicht zu verschließen.

Können Sie aus der Ferne eine andere Möglichkeit aufzeigen, wie man die Menschen entlang der Bahntrassen links und rechts des Rheins entlastet?

In der Schweiz wurden drei Maßnahmen zur Lärmbekämpfung eingesetzt: Maßnahmen an der Quelle, das heißt insbesondere lärmarme Bremssysteme, zweitens Lärmschutzwände und schließlich Lärmschutzfenster. Dieses Maßnahmenbündel hat gute Erfolge gezeigt.

Sehen Sie Deutschland im Kampf für leisere Züge an Ihrer Seite?

Ich glaube, dass unser Kurs mit Deutschland gut abgestimmt ist, wenn ich mir den lärmabhängigen Trassenpreis anschaue, die Fördermaßnahmen oder das Bekenntnis der Deutschen Bahn, die Güterwagen zu sanieren, ist das schon eine enge Zusammenarbeit. Deutschland ist einer unserer Verbündeten in Europa.

Also tauschen sich Bern und Berlin regelmäßig aus?

Wir haben uns mit Berlin ins Vernehmen gesetzt, haben Deutschland unsere Maßnahmen erklärt und in Bezug auf den Zeithorizont Einvernehmen erzielt.

Wenn Deutschland nicht das große Problem ist, wo sehen Sie es dann beim Blick über die Grenzen?

Wir spüren einigen Widerstand aus Frankreich und Italien. Aber vor allem die Gemeinschaft der europäischen Bahnen betreibt eine sehr starke Lobbyarbeit in Brüssel gegen diese Maßnahmen. Wobei ich dies überhaupt nicht verstehen kann, denn die Güterbahnen haben nur eine Chance, wenn sie ihr Lärmproblem lösen.

Partner oder Gegner – welche Rolle spielt die EU für die Schweiz?

Die EU ist grundsätzlich offen, sie unterstützt uns, ist aber froh, dass die Schweiz eine Vorreiterrolle spielt und sie eine gewisse Verantwortung auf die Schweiz abschieben kann.