Mainz – Wieviel Kleingeld wurde wohl schon in Brunnen geworfen, begleitet von einem guten Wunsch. Wenigstens einen Wunsch soll man sich In Zukunft doch erfüllen können: Einen freien Zugang zum Internet. Mainz soll als erste Stadt an öffentlichen Plätzen Internetbrunnen aufgestellt bekommen. Auch in die hier kann man eine Münze einwerfen und bekommt dafür Zutritt ins Internet.
Denn die Internetbrunnen sind öffentliche Internetzugänge, über die jeder sich ins Netz einwählen und dann mobil mit dem Handy oder Laptop surfen kann. Die Idee dazu hatte der Kulturverein Peng, der sie nun zusammen mit der Freifunkbewegung und der Stadt Mainz in die Tat umsetzt. Finanziert werden soll das ganze durch Spenden, die man in den Brunnen wirft. Ist zu wenig Geld im Brunnen, fließt das Internet nur als kleines Rinnsal, das gerade zum Abrufen von E-Mails ausreicht. Wirft man wieder Geld in den künstlerisch gestalteten Brunnen sprudelt das Internet los, und man kann auch etwa durch Videoplattformen surfen.
Der Marktplatz 2.0
Die Stadt Mainz ist begeistert von der Aktion. Die Initiative kommt wie gerufen zum Mainzer Auftritt als Stadt der Wissenschaft 2011 und passt ins Konzept von mehr Bildungs- und Chancengerechtigkeit durchfreien Informationszugang, meint Sprecherin Elke Höllein. Ein Ort, der als erster Standpunkt in Frage käme, wäre auch aus Sicht der Stadt der Gutenbergplatz. Auch Alex Boerger sieht das Vorhaben in großer historischer Tradition: „Gutenberg hat was für die Kommunikation getan, dann kann man das jetzt noch einmal 2.0 machen.“ Boerger hat die Vision, die Menschen dadurch wieder auf öffentlichen Plätzen zu versammeln und so miteinander in Kontakt kommen zu lassen.
Von dem ersten Platz aus soll sich die Idee dann viral verbreiten, wie es oft das Wesen im Internet ist. Werden an einem Brunnen mehr Spenden erzielt als für den Internetbetrieb unbedingt nötig, sollen die in den Aufbau des nächsten Brunnens oder in andere Projekte fließen. Boerger kann sich auch vorstellen, dass die Internetbrunnen für Vereinigungen wie Greeenpeace ein Mittel zum Spendensammeln werden. Denn der Betrieb des Brunnens mit mehreren UMTS-Karten kostet nur ca. 3 Euro am Tag. Auch Unternehmen sind als Sponsoren denkbar. Höllein zufolge läuft die Suche nach Betrieben, die bereit sind, einen Brunnen zu sponsern.
Gleichzeitig sind aber auch alle anderen Menschen aufgerufen: Interessierte sollen sich bald die Anleitung und Tipps auf der Webseite des Vereins herunterladen und dann ihre eigenen Brunnen aufstellen können.
Später sollen einige der Brunnen mit Solaranlage ausgestattet werden, die Strom für die eigene Versorgung liefern und zusätzlich die Möglichkeit geben, mobile Geräte auch mit neuem Strom aufzutanken. Und drohender Vandalismus? Boerger hofft, dass die umliegenden Anwohner ein Auge auf den Brunnen haben, der sie mit einem günstigen Netzzugang versorgt.
Rechtliche Probleme sieht er zunächst keine, auch wenn nach dem W-Lan Urteil des BGH Anbieter für illegale Aktivitäten in ihrem öffentlichen Funknetz verantwortlich gemacht werden können. „Das BGH-Urteil ist bislang nur auf Privatpersonen übertragbar“, erklärt der Mainzer Anwalt Stephan Schmidt: „So lange es hier keine gegenteiliges Urteil gibt, ist der Verein erstmal sicher.“
Losgehen soll es mit dem ersten Brunnen in ein bis zwei Monaten. Allerdings gab es am Wochenende schon einen ersten Testlauf. Während des „Peng findet Stadt“ Festivals wurde ein erster Prototyp auf den Rathausplateau aufgestellt und ausprobiert. Alles hat funktioniert, der erste Brunnen konnte alle Gäste stabil mit Internet versorgen. Bis zu 15 Leute surften gleichzeitig. Die Geschwindigkeit reichte aus, um auch Videos und Fotos auf Facebook hochzuladen. Warf jemand wieder Geld in den gestalteten Brunnen stieß er weißen Rauch und frisches Internet aus.
Weitere Informationen unter Internetbrunnen.de, oder bei Twitter @internetbrunnen.
Jannis Kucharz