Handball: Der neue Trainer des Frauen-Oberligisten im Interview - "Corona-Training" hat begonnen - Im Kader gibt es große Veränderungen
Ibach im Interview: Umbruch bei HSG Hunsrück ist einschneidend
Mit Abstand alles auf Anfang: Die neue HSG Hunsrück um den neuen Trainer Nils Ibach (vorne, Dritter von links) startete coronakonform ins Training. Fotos: Photo-Moments by Dennis Irmiter
Dennis Irmiter

Kleinich. Die Handballerinnen der HSG Hunsrück haben am Donnerstagabend wieder die Vorbereitung auf die neue Saison in der Oberliga aufgenommen, das Training in der Hirtenfeldhalle in Kleinich fand mit den noch notwendigen „Corona-Maßnahmen“ statt. Das Sagen bei den Irmenach/Gösenrotherinnen hat nun der 30-jährige Nils Ibach, er hat die Mannschaft als Trainer von Franziska Garcia übernommen.

Ibach stammt aus Vallendar, der Lehrer lebt aber seit Jahren in Mainz und hat im Frauenbereich schon einige Erfahrungen bei den Rheinhessenligisten Bretzenheim II und Ingelheim sammeln können. Im Interview haben wir mit Nils Ibach über seine neue Aufgabe bei der HSG Hunsrück gesprochen.

Herr Ibach, wie sind Ihre ersten „Gehversuche“ als Trainer im Hunsrück gewesen?

Am Donnerstag haben wir mit der Vorbereitung in Kleinich offiziell begonnen. Die Hirtenfeldhalle ist nichts Neues für mich, als Jugendspieler habe ich mit Vallendar oft gegen die Irmenacher dort gespielt. Ich bin froh, hier bei der HSG Hunsrück zu sein. Mein Trainerstab ist mit Co-Trainer Thorsten Neuls, Betreuerin Linda Geißler-Sülzle und Physiotherapeutin Gigja Kristinsdottir der gleiche wie unter meiner Vorgängerin, das ist zu meiner vollsten Zufriedenheit. Das Training ist momentan natürlich weit weg von zielgerichtetem und spezifischem Handballtraining. Wir werden den Fokus auf das Individuelle legen müssen. Das Hochtrainieren im athletischen Bereich steht im Vordergrund, um Verletzungen vorzubeugen. Gesundheit und Sicherheit stehen in diesen Zeiten an oberster Stelle. Die Vorbereitung wird deswegen ganz anders sein als sonst. Das ist nicht optimal für uns, weil wir einen Umbruch haben in der Mannschaft und die Mädels dann nicht so schnell zusammenwachsen können wie gewünscht.

Sie wurden zu Beginn der Corona-Krise verpflichtet. War es für Sie deshalb schwieriger, sich an einen Klub zu binden oder war die Anfrage der HSG Hunsrück so reizvoll, dass Sie direkt zugesagt haben?

Ich habe nicht direkt ja gesagt. Der Aufwand ist hoch bei dreimal die Woche Training plus Spiel am Wochenende, wenn man aus Mainz kommt. Aber ich habe mich sehr über die Anfrage gefreut und nach einigen Gesprächen guten Gewissens zugesagt. Leider konnte ich kein Spiel mehr seit der Zusage von den Mädels sehen. Aber ich habe früher genug Spiele von der HSG Hunsrück im Mainzer Raum verfolgt und hatte einen recht guten Einblick. Aber die Corona-Krise macht vieles nicht einfacher, vor allem die Spielerinnenakquise.

Ihre Mannschaft hat sich komplett verändert. Mit Torfrau Georgiana Martin-Stoleru, Dunja Jost und Karin Reuter (alle Laufbahnende) sowie Lizzy Sülzle (zu Drittligist Mainz 05 II) und Meike Frank (zu Drittliga-Aufsteiger Wittlich) sind fünf Stammspielerinnen weg. Wie wollen Sie das kompensieren?

Es sind einige Leistungsträgerinnen weg, das stimmt. Den Umbruch, den wir die nächsten Jahren gestalten müssen, ist einschneidend. Aber mit dem Kader, den ich jetzt zusammen habe, bin ich sehr zufrieden. Wir haben durch das Aufrücken einiger Spielerinnen aus der zweiten Mannschaft uns deutlich verjüngt, zudem haben wir starke und auch erfahrene externe Zugänge verpflichten können.

Lia Römer (1. FC Köln), Maike Regitz (TuS Kirn), Lisa Rolinger (HSG Wittlich) und Franziska Förster (A-Jugend SF Budenheim) sind neu im Kader. Was sagen Sie zu den vier Verpflichtungen?

Lia Römer kenne ich von früher aus meiner Zeit in Bretzenheim. Ich weiß, was ich an ihr habe. Sie ist eine sehr variable Spielerin, die ich aber im Rückraum sehe. Sie ist erst 21 Jahre, hat aber schon Drittliga-Erfahrung in Bretzenheim und in Köln sammeln können. Maike Regitz kann ebenfalls auf fast allen Positionen spielen, ich sehe sie aber vorzugsweise am Kreis. Maike wollte ich schon früher nach Bretzenheim holen, sie ist aber immer in Kirn geblieben. Das ist ein guter Griff für die HSG Hunsrück. Lisa Rolinger kommt praktisch im Tausch mit Meike Frank. Als klar war, dass Meike nach Wittlich gehen wird, mussten wir diese Lücke füllen. Lisa hat dann signalisiert, dass sie den Aufwand 3. Liga nicht mehr stemmen kann, deshalb kamen wir zusammen. Sie wird auf Linksaußen für uns eine Verstärkung sein, auch mit ihrer Erfahrung, sie hat früher in Trier und in Konz 3. Liga gespielt. Franziska Förster kommt aus Kastellaun, hat aber in der Jugend die letzten Jahre in Budenheim gespielt. Franzi macht jetzt das Abitur, sie will die weiten Fahrten nach Mainz nicht mehr machen, nach Kleinich ist es da doch deutlich näher. Wir haben schnell zugegriffen, auch weil Franzi eine Linkshänderin ist. Sie ist eine Perspektivspielerin. Wir sind jetzt noch auf der Suche nach einer zweiten Torfrau neben Sophie Born, ich denke, da wird sich bald noch etwas tun, dann haben wir unseren Kader beisammen.

Durch die Corona-Situation hat der Verband entschieden, die kommende Oberliga-Saison, die am 3. Oktober starten soll, zweigleisig in einer Nord- und in einer Südstaffel laufen zu lassen. Was halten Sie von dieser Entscheidung?

Ich sehe das ambivalent. Die Aufstockung der Oberliga von 14 auf 17 Mannschaften ist kurzfristig nachvollziehbar, aber das begeistert mich nicht. Es wird nächste Saison viele Absteiger geben, vier bis sechs Absteiger sind extrem viel. In unserer achtköpfigen Nordstaffel müssten dann drei Teams im Extremfall runter, das wird Diskussionen geben. Ich hätte eine eingleisige Liga mit 17 Mannschaften bevorzugt und dann eine einfache Runde gespielt, eventuell mit einer anschließenden Play-off-Runde. Aber der Verband hat nun so entschieden, insgesamt gibt es keine optimale Lösung.

In der Nordstaffel sind die Vereine aus dem Rheinland und dem Rheinhessen eingeteilt. Die HSG Hunsrück war Fünfter in der abgebrochenen Saison, keiner der sieben künftigen Konkurrenten schloss besser ab. Ist Ihre HSG der Top-Favorit in der Nordstaffel?

Das würde ich so nicht unbedingt sehen. Ein Vorteil wird sein, dass die Fahrten minimiert werden. Aber im Rheinland und in Rheinhessen gibt es auch starke Mannschaften. Budenheim, das Schlusslicht war, hat sich extrem verstärkt, andere Mannschaften auch. Wir haben einen Umbruch vor uns. Uns als Top-Favorit zu sehen, das würde ich relativieren wollen. Wir wollen natürlich oben mitspielen, aber andere Teams werden auch gut sein. Es ist jetzt schwer, eine Vorhersage zu treffen.

Sie sind mit 30 Jahren noch ein junger Trainer, haben aber schon durch ihre Stationen in Bretzenheim und in Ingelheim gewisse Erfahrungen gesammelt. Wie wollen Sie den Ehrgeiz der Hunsrückerinnen wecken?

Mein Ziel ist es, Spaß und Ehrgeiz zu verbinden. Wir werden auf jeden Fall die Trainingszeiten aufstocken. Ich weiß, dass die Mädels super mitziehen werden, den Eindruck habe ich während des Corona-Lockdowns bekommen, als sie in Eigenregie viel für sich trainiert haben. Ich will eine Mannschaft haben, die aus einer starken Abwehr heraus leidenschaftlichen und schnellen Handball zeigt. Immer mit dem Ziel, die Mädels weiterzubringen, damit die HSG Hunsrück weiterhin erfolgreichen Handball zu bieten hat.

Das Gespräch führte unser Redakteur Michael Bongard