Wiesbaden
Hessischer Klosterkrimi schlägt auf Politik durch

Das Kloster Eberbach in Eltville am Rhein im Sommer. Die Opposition hat der hessischen Landesregierung Vertuschung bei finanziellen Unregelmäßigkeiten in der Stiftung vorgeworfen.

Archivbild: dpa

Wiesbaden - Wer hat wann was über die Finanzmachenschaften des früheren Geschäftsführers im Kloster Eberbach gewusst? Das hessische Regierungslager hält die Fragen für geklärt, die Opposition vermutet weiter politisch motivierte Vertuschung.

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Wiesbaden – Das Kloster Eberbach ist ein idealer Schauplatz für rätselhafte Vorgänge. Abgeschieden liegt das frühere Zisterzienserkloster in einem waldigen Seitental des Rheingaus. Im Film „Der Name der Rose“, der teils dort gedreht wurde, jagte Sean Connery als Mönch William von Baskerville einen mörderischen Klosterbruder.

Undurchsichtig agierte auch der von der hessischen Landesregierung 2006 eingesetzte Geschäftsführer der Stiftung Kloster Eberbach, Markus Hebgen. 2008 musste er gehen, weil er über 31 000 Euro in die eigene Tasche gewirtschaftet hatte. Urteil damals: Neun Monate Haft auf Bewährung. Doch bei Hebgens zweijähriger Tätigkeit im Kloster lag noch mehr im Argen. Die von Roland Koch (CDU) geführte Landesregierung wusste das auch seit 2008, brachte es aber nie an die Öffentlichkeit. Nun wittert die Landtagsopposition Vertuschung aus politischen Gründen, denn neue Vorwürfe gegen Hebgen führen in den Finanzskandal der CDU auf der anderen Rheinseite in Rheinland-Pfalz. „Die Stiftung ist nicht Täter, sie ist Opfer“, weist die hessische Umweltministerin Lucia Puttrich (CDU jeden Verdacht zurück. Für die Neuministerin, die das Stiftungskuratorium nun führt, ist der Umgang mit den Vorgängen eine Bewährungsprobe.

Vor seinem Eintritt ins Kloster war Hebgen Geschäftsführer der CDU-Fraktion im rheinland-pfälzischen Landtag und die rechte Hand von Parteichef Christoph Böhr gewesen. Dass er auch dort in die Kasse gegriffen und mit Fraktionskreditkarte in Bordellen gezahlt hatte, trug ihm im März 2010 eine Strafe von zwei Jahren auf Bewährung ein.

Die Staatsanwaltschaft Mainz ermittelt aber weiter gegen Böhr, Hebbgen und andere CDU-Politiker. Sie sollen Kosten für den Landtagswahlkampf 2006 nicht aus der Parteikasse, sondern aus der Fraktionskasse, also verbotenerweise mit Steuergeld bestritten haben.

Dabei machte Oberstaatsanwalt Klaus-Peter Mieth vergangene Woche die hessische Spur öffentlich: Kurz nach Amtsantritt im Kloster Eberbach habe Hebgen aus dem Stiftungsgeld mehr als 40 000 Euro an die Kölner Beratungsfirma Allendorf Media GmbH überwiesen. Verbucht wurde dies als Entgelt für Beratungsleistungen für das Kloster. Doch Mieth vermutet, dass es um Restschulden der CDU Rheinland-Pfalz ging.

Das war aber nicht der Kenntnisstand im Frühjahr 2008. Hebgens Anwalt fand damals Erklärungen, die dem ermittelnden Staatsanwalt plausibel klangen und die auch die Stiftung nicht anzweifelte. Hinter den Kulissen einigte sich die Stiftung außergerichtlich mit den Vertragspartnern. Im Oktober 2008 zahlte Allendorf 36 666 Euro zurück, im August 2009 erstattet eine zweite, noch unbekannte Firma 1904 Euro. Öffentlich wurde diese Seite der Affäre Hebgen indes nicht, auch nicht bei einer SPD-Anfrage vom April 2010.

Für die Opposition im hessischen Landtag bleiben deshalb Fragen. Bei den Vergleichsverhandlungen habe die Gegenseite ja wohl sagen müssen, warum Rechnungen fingiert wurden, vermutet SPD-Fraktionschef Thorsten Schäfer-Gümbel. Dass ein CDU-Parteigänger nach seinem Abtreten bei Böhr 2006 einen neuen Job auf Kochs Seite des Rheins fand, wundert die Opposition dagegen nicht. Die 1998 gegründete Stiftung Kloster Eberbach steht völlig unter der Kontrolle der jeweiligen Landesregierung.

Puttrich hält den Fall für geklärt. „Der Stiftung ist durch die kriminellen Machenschaften von Herrn Hebgen kein materieller Schaden entstanden“, sagt sie. Ihr Bericht ging indes kaum über Fakten hinaus, die zuvor durch die Medien gegangen waren. Mit Nachdruck dementierte sie, dass Stiftungsgeld an die CDU Rheinland-Pfalz geflossen sei – das hatte auch niemand unterstellt. Diese Verteidigung unterscheidet Puttrich von ihren CDU-Ministerkollegen Boris Rhein (Inneres) und Thomas Schäfer (Finanzen), die unlängst Probleme ihrer Häuser offensiv eingestanden und abgestellt hatten.

Die Rätsel um Hebgen und das Kloster Eberbach müssen zunächst die Staatsanwälte klären. Nach den Mainzer Ermittlern haben sich auch die Kollegen in Wiesbaden wieder eingeschaltet.

Friedemann Kohler