Von unserem Redakteur Ulf Steffenfauseweh
Das Landgericht Koblenz hat Karl-Heinz B., Hells-Angels-Mitglied aus Anhausen, gestern zu einem Jahr Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt. In Haft muss der 46-Jährige deswegen allerdings nicht. Vielmehr steht ihm weiter eine Entschädigung aus der Staatskasse zu.
Der Anhausener hatte im März 2010 bei der Erstürmung seines Hauses einen Polizisten erschossen und danach rund 20 Monate in Untersuchungshaft gesessen, ehe der Bundesgerichtshof im November 2011 in der Revisionsverhandlung letztinstanzlich entschied: Es war Notwehr. Gleichzeitig hatten die Karlsruher Richter auch Teile der Nebenanklagepunkte – die Sicherung von Beweisen zum Beleg dieser Vorwürfe waren der Grund für den tragisch verlaufenen Polizeieinsatz – an das Landgericht zurückgegeben.
Neu verhandelt werden musste nun zum einen die Anklage der räuberischen Erpressung zulasten einer Fitnessstudiobetreiberin. Hier hatte die Staatsanwaltschaft erfolgreich Revision gegen den Freispruch durch das Landgericht eingelegt.
Das neue Urteil lautete gestern nun auf versuchte Nötigung.
Außerdem war ein neuer Vorwurf aufgetaucht. Danach hatte der Angeklagte gemeinsam mit seinem Bruder im Jahr 2009 säumige Mietzahlungen für seine Wohnung in Rengsdorf eingetrieben. Weil der damalige Mieter, der wenig später auch von der Polizei gesucht wurde, untergetaucht war, hatte sich B. an dessen Mutter gewandt und von ihr schließlich die ausstehenden 840 Euro erhalten. Letztlich erkannte das Gericht um die Vorsitzende Richterin Monika Fay-Thiemann ebenfalls auf eine Nötigung, allerdings auf eine vollendete. „Was sie getan haben, ist Selbstjustiz“, warf die Richterin dem Rocker nicht nur in diesem Punkt vor. Es gebe nun einmal Gesetze, an die sich jeder halten müsse – auch wenn es sich um berechtigte Forderungen handele.
Dritter Punkt der gestrigen Verhandlung waren die Vorgänge rund um einen mittlerweile geschlossenen Prostituiertenstellplatz in der Nähe von Rüscheid. Hier hatte der BGH den Koblenzer Schuldspruch der versuchten räuberischen Erpressung auf eine versuchte Nötigung abgemildert. Dafür musste noch eine Strafzumessung gefällt werden.
Das Urteil von einem Jahr Freiheitsstrafe umfasste schließlich alle drei Anklagepunkte und war wenig überraschend. Denn bereits zu Beginn der Verhandlung war verkündet worden, dass sich Staatsanwaltschaft und Verteidigung im Falle eines Geständnisses auf ein Strafmaß zwischen 9 und 15 Monaten geeinigt hatten. Dem folgte die Richterin, die deutlich machte, dass die neue Haftstrafe zweifellos zur Bewährung ausgesetzt worden wäre, hätte B. nicht bereits für eine längere Dauer in U-Haft gesessen und damit die Strafe bereits verbüßt.
So bleiben nun noch acht Monate Gefängnis, für die entschädigt werden muss. Über die Summe machte das Gericht keine Angaben. Nach RZ-Recherche gibt es in solchen Fällen aber üblicherweise 25 Euro pro Tag, von denen 6 Euro für Verpflegung abgezogen werden. Damit bekäme B. rund 4500 Euro – muss allerdings auch Teile der Verfahrenskosten tragen. Hinzu kommt eine Verurteilung zu 2100 Euro Geldstrafe aus einem Teilbereich des ersten Urteils wegen Nötigung, die der BGH nicht geändert hatte.