Regionalsport Extra (L)
Grundschüler in Rhaunen dürfen mit U-21-Nationalspieler Eduard Löwen kicken und bekommen Autogramme
Sichtlich Spaß hat Eduard Löwen beim Autogrammschreiben. 190 Kinder der Grundschule Idarwald wollten den Namenszug des Profis des 1. FC Nürnberg. Der U-21-Nationalspieler ließ sich nicht lange bitte und unterschrieb überall hin – natürlich nicht nur auf FCN-Trikots. Foto: Sascha Nicolay
Sascha Nicolay

Jubel und Applaus empfangen Eduard Löwen, als er die Schulsporthalle in Rhaunen betritt. Genauso sieht ein Heimspiel aus, mag sich der Fußballprofi des 1. FC Nürnberg denken, als ihn die 190 Kinder der Grundschule Idarwald stürmisch begrüßen. Löwen hat diese Schule einst selbst besucht und ist jetzt zu einer Fragerunde mit kombinierter Autogrammstunde eingeladen worden. „Ich komme wirklich sehr, sehr gerne hierher und habe mich vorher richtig auf diesen Termin gefreut“, erzählt Löwen.

Dass das keine Worthülsen sind, erleben die Kinder an ihrem letzten Schultag vor Weihnachten. Ziemlich aufgeregt warten sie auf der Tribüne auf den U-21-Nationalspieler, einige auch standesgemäß im weinroten Trikot des 1. FC Nürnberg mit der Nummer 38 und Löwens Namenszug gekleidet.

In Rhaunen, wo Löwen herkommt, ist er jetzt schon ein Idol für die fußballbegeisterten Kinder und Jugendlichen. Wer es nicht glaubt, hätte erleben müssen, wie der Lärmpegel ansteigt, als der Profifußballer das Gelände der Schule betritt und durch den Flur in Richtung Sporthalle geht. Die Schülerinnen und Schüler der IGS haben ihn entdeckt. Sie haben Pech, Löwen widmet sich diesmal nur der Grundschule, also jener Einrichtung, die er selbst besucht hat. Nach der Grundschule war er ins Internat nach Kaiserslautern gewechselt. In der Barbarossastadt durchlief er die Jugendmannschaften des FCK.

Löwen stattet seiner alten Schule nicht etwa einen kurzen Pflichtbesuch ab. Er bleibt richtig lange, praktisch den ganzen Morgen, beantwortet jede Frage, schreibt mit Engelsgeduld Autogramme, lässt gefühlte tausend Fotos von sich schießen und kickt dann auch noch mit den Kindern. Sympathischer, normaler, geerdeter geht es nicht. Ein klasse Auftritt des Vollblutfußballers – und nicht nur die Kinderaugen leuchten. Auch sein ehemaliger Sportlehrer René Früh, der den Besuch eingefädelte hat und der das Frage-und-Antwort-Spiel mit den Kindern moderiert und mit Anekdoten würzt, strahlt richtig. „Ihr dürfte alle 'Du' zu mir sagen. Nur weil ich Fußballprofi bin, bin ich kein besonderer Mensch. Wir sind alle auf einer Ebene“, ruft Löwen den Kindern zu, von denen ihn einige zunächst ehrfürchtig gesiezt hatten.

Löwen ist 2017 so richtig durchgestartet. Im März absolvierte er gegen Arminia Bielefeld in der 2. Bundesliga sein erstes Spiel als Profi. Seitdem ist er aus der Mannschaft des 1. FC Nürnberg nicht mehr wegzudenken. Seine Leistungen beim aktuellen Dritten der 2. Bundesliga waren so gut, dass ihn Stefan Kuntz in die U-21-Nationalmannschaft berief, wo er beim 5:2-Sieg in der EM-Qualifikation in Israel debütierte. Zuvor bestritt er zwei U-20-Länderspiele. Beim 2:1-Sieg gegen die Schweiz brachte er Deutschland sogar mit einem Freistoßtor in Führung.

Löwen ist gläubiger Christ, und so fasst er sein sensationelles Jahr mit einem Namen zusammen. „Jesus“, sagt er und ergänzt: „Ich bin ihm überaus dankbar, dass er mir das alles ermöglicht hat.“ Und dann stellt er fest: „Ich kann es nicht glauben, wie es 2017 mit mir nach vorne gegangen ist.“

In der Schulturnhalle hängen die Kinder an seinen Lippen. „Die sind mucksmäuschenstill“, staunt Schulleiter Joachim Hahn, „das ist ein Zeichen, dass sie der Besuch wirklich interessiert, dass er wirklich etwas Besonderes für die Kinder ist.“ Löwen bleibt keine Frage schuldig. Ehrensache für ihn, zumal die Kinder den Rahmen einhalten und keine allzu privaten Dinge abfragen. „Das ist super hier, da habe ich schon ganz andere, viel schlimmere Veranstaltungen erlebt“, freut sich Löwen und plaudert aus dem Nähkästchen: „Ich bin schon nach der Handynummer meiner Freundin gefragt worden, und normalerweise wollen alle immer zuerst wissen, was ich verdiene.“

So weit – zu weit – gehen die Grundschüler in Rhaunen nicht. Da geht es natürlich um Fußball. „Welche Position spielst Du?“, will ein Kind wissen, und Löwen antwortete: „In dieser Saison schon überall, nur nicht im Tor.“ Löwen lässt dabei durchblicken, dass er lieber auf eine Position, idealerweise auf seine Lieblingsposition im zentralen Mittelfeld festgelegt wäre, zeigt aber Verständnis für seine Trainer. Lachend erzählt er, dass sich Stefan Kuntz in der U21 auch nicht sicher gewesen sei, wo er ihn positionieren sollte. „Er war bereit, mich auf allen Positionen einzuwechseln“, meint Löwen verschmitzt.

„Mein Berater und ich setzen uns immer Ziele. Die U-21-Nationalmannschaft war so ein Ziel. Eigentlich wollten wir es im März erreichen, jetzt hat es schon im November geklappt“, verrät er, ehe sein nächstes Ziel wie aus der Pistole geschossen aus seinem Mund kommt: „Ich möchte in der Bundesliga spielen, am liebsten mit dem 1. FC Nürnberg.“

Außer beim 1. FC Nürnberg hat Löwen beim 1. FC Saarbrücken und beim FCK gespielt – „aber bei welchem Verein hast Du angefangen“, will ein Junge wissen. „Beim SV Hottenbach“, antwortet Löwen, und 13 Kinder recken stolz den Finger nach oben, als Lehrer Früh fragt, wer denn alles aus Hottenbach komme.

Löwen hat seine Zeit in der F- und der E-Jugend des SV Hottenbach nicht vergessen. Seine Trainer Axel Weyand und Frank Lorenz sind ihm noch im Gedächtnis. „Überragende Männer. Ich profitiere auf jeden Fall noch heute von dem, was sie mir beigebracht haben“, erzählt Löwen und es ist ihm ein echtes Bedürfnis, einen weiteren Namen zu nennen, der ihn auf seinem Weg zum Profi begleitet hat. „Günter Bärdges hat immer zu mir gehalten. Und wie er sich gefreut hat, als ich Profi geworden bin – einfach wunderbar.“ Und so begeistert, als sei er gerade Deutscher Meister mit dem 1. FC Nürnberg geworden, erzählt Eduard Löwen von seinem ersten Spiel für den SV Hottenbach. „Meine Cousins, Eric und Stefan Hermann, haben mich mitgenommen, und ich durfte spielen, obwohl ich jünger war.“ Keine schlechte Idee, denn Löwen sorgte für das Unentschieden: „Wir haben 4:4 gespielt und ich habe die vier Tore gemacht.“

Fußball stand für Eduard Löwen immer im Mittelpunkt. Und was war mit der Schule? Der Nationalspieler lächelt, als ein Mädchen wissen will, ob er „gut gelernt“ habe. „Ich habe Fußball noch besser gelernt, weil ich in den Pausen noch mehr Fußball gespielt habe“, sagt er, ehe er pflichtschuldig ergänzt: „Lesen, Schreiben und ein bisschen Rechnen habe ich auch gelernt.“ Die Kinder finden das natürlich gut, und noch besser finden sie es, als Löwen auf Nachfrage verrät, dass man, um Fußballprofi zu werden, „eigentlich keinen Schulabschluss“ brauche. Doch Löwen weiß um seine Verantwortung als Vorbild und bremst sofort: „Ich will keinem raten, den Schulabschluss nicht zu machen. Ich war bis zur zehnten Klasse in der Schule.“

Löwen ist ein wirklich sympathisches Vorbild, und so lässt er sich weiter mit Fragen löchern. Bevor die Übungsstunde mit ihm beginnen kann, wird geklärt, warum Fußballer spucken (Löwen: weil sie keinen Anstand haben), wie man einen Ball um die Kurve schießen kann, ob er reitet (nein, zu gefährlich), wie viele Elfmeter er geschossen hat („viele, die meisten rein“), wer seine fußballerischen Vorbilder sind (Christiano Ronaldo früher, heute Isco von Real Madrid) und wie er Handball findet.

Der U-21-Nationalspieler verrät, dass er bis zum zwölften Lebensjahr auch Handball gespielt habe und dass ihm einige Experten eine ähnliche Karriere wie jetzt als Fußballer auch im Handball vorhergesagt hätten. Lächelnd gibt Eduard Löwen aber zu: „Mein Bruder ist wohl der bessere Handballer.“ Sein Bruder Heinrich spielt bekanntlich bei der SG Gösenroth/Laufersweiler in der Oberliga, genau wie sein Cousin Stefan Hermann.

Löwen ist seine Familie sehr wichtig, muss aber damit klarkommen, dass er immer weniger Zeit hat, sich um sie zu kümmern. „Meine Familie ist aber lieb und Gott sei Dank besuchen sie mich oft in Nürnberg“, lässt er wissen, ehe er nach der entsprechenden Frage zugibt: „Ich habe oft auch Heimweh. Nürnberg ist fast 400 Kilometer weg.“

Nach diesem Bekenntnis geht es ans Autogrammschreiben. Die Kinder bilden eine lange Reihe und Löwen legt sich einen Stapel Autogrammkarten zurecht. Keine ist mit seinem Namenszug bedruckt. Er unterschreibt alle an Ort und Stelle, mit seiner Trikotnummer (38), gerne auch mit persönlicher Widmung und lädt die Kinder vorher ein. „Kommt zu mir. Ich unterschreibe alles, überall hin, wohin ihr wollt.“ Gesagt, getan. Eduard Löwen setzt sein Autogramm auf die Karten, auf Trikots, Bälle und auch auf diverse Kinderarme. Am Ende reichen die Autogrammkarten nicht, aber Löwen verspricht, dass er welche nachordern werde. „Alle bekommen eine Karte und ein Autogramm“, bestätigt Sportlehrer René Früh, ehe es dann endlich ans Fußballspielen mit dem Profi geht. Kicken mit einem Nationalspieler, wenn das mal kein Traum ist. Keine Frage, Eduard Löwen hat den Kindern seiner alten Grundschule ein riesiges vorweihnachtliches Geschenk gemacht.

Sascha Nicolay