Boppard. Als einziges Goethe-Institut in Rheinland-Pfalz wurde die Einrichtung in Boppard im November 1964 eröffnet. Zwei Jahre zuvor hatten August Weiler, der damalige Landrat des Kreises St. Goar, und der Bopparder Bürgermeister Alexander Stollenwerk die Weichen gestellt.
Frau der ersten Stunde war Margarethe Kraus. Sie unterrichtete bis 1978 am Bopparder „Goethe“. Ihr Mann Karl-Heinz Kraus war als Institutsleiter bis 1991 im Amt. In den ersten Jahren besuchten rund 30 Studenten einen Kurs. Später, also auch in der Zeit, als der heutige Papst Franziskus am Bopparder „Goethe“ weilte, waren es zwischen 100 und 120 Studenten pro Kurs, erzählt Margarethe Kraus. So ist es nicht verwunderlich, dass die Erinnerung an den berühmten Deutsch-Schüler bei den meisten Lehrern nicht mehr oder kaum mehr vorhanden ist. Ende 1999 fiel das Institut dem Rotstift zum Opfer. Vor allem die Zahl von Deutsch-Schülern aus den asiatischen Ländern war wegen der Wirtschaftskrise Ende der 90er-Jahre dramatisch zurückgegangen. „Goethe“ in Boppard war nicht mehr ausgelastet. Deshalb wurde das Institut geschlossen.
Der Aufenthalt von Jorge Mario Bergoglio im Sommer 1985 fiel in die Glanzzeit des Bopparder Goethe-Instituts. Die Einrichtung war fest etabliert und hat entscheidend zum Ruf von Boppard als internationale Stadt beigetragen. Neben Touristen aus aller Herren Länder bevölkerten auch zumeist junge Deutsch-Schüler aus allen Kontinenten die Stadt am Mittelrhein. Wie auch der jetzige Papst Franziskus waren die „Goethe“-Studenten in aller Regel bei Privatfamilien untergebracht. Die Studenten nahmen gemeinsam mit den Gastgebern die Mahlzeiten ein und verbrachten einen Teil ihrer Freizeit mit den Gastfamilien.
Wie tief sich die Zeit des Boppard-Aufenthaltes – ein Sprachkurs dauerte in der Regel zwei Monate – bei den Studenten eingeprägt hat, wird am Beispiel von Papst Franziskus deutlich. Regelmäßig hat er in seinen Briefen auf die schöne Zeit in Boppard hingewiesen.
Leo Fischer, „Goethe“-Lehrer von 1966 bis 1994, schwärmt noch heute von den Klassen, die mit Priestern aus aller Welt besetzt waren. „Die waren sehr interessiert.“ Fischer hat den 48-Jährigen zwar nicht selbst unterrichtet, aber er weiß noch, dass er bereits „sehr gut Deutsch konnte“. Den Jesuitenpater hat Fischer als angenehmen Mann in Erinnerung. Dass dieser „gelehrte und bescheidene Mensch“ Papst geworden ist, erfüllt ihn mit Stolz. Nicht nur ihn, sondern viele Bopparder. Denn er war einer von ihnen, wenn auch nur für kurze Zeit.
Von unserem Redakteur Wolfgang Wendling