Schwerin
"Geld ist egal": Unfallopfer Frank Schultz überweist Piratenpartei größte Spende jemals

Frank Schultz würde sich gerne offline mehr für die Piratenpartei engagieren. Mit seiner Onlineüberweisungen hat er ihr aber schon sehr geholfen. 

Schwerin - Beim Telefonat mit dem Mann hinter der 28.000-Euro-Spende an die Piratenpartei sind die medizinischen Geräte im Hintergrund manchmal besser zu hören als er. Erst vor ein paar Tagen musste seinem querschnittgelähmten Körper ein künstlicher Zugang zur Luftröhre gelegt werden. Am besten zu verstehen ist Frank Schultz, wenn er erklärt, warum er gerade zum größten Einzelspender der Piratenpartei aufgestiegen ist.

Frank Schultz würde sich gerne offline mehr für die Piratenpartei engagieren. Mit seiner Onlineüberweisungen hat er ihr aber schon sehr geholfen. 

Schwerin – Beim Telefonat mit dem Mann hinter der 28.000-Euro-Spende an die Piratenpartei sind die medizinischen Geräte im Hintergrund manchmal besser zu hören als er. Erst vor ein paar Tagen musste seinem querschnittgelähmten Körper ein künstlicher Zugang zur Luftröhre gelegt werden. Am besten zu verstehen ist Frank Schultz, wenn er erklärt, warum er gerade zum größten Einzelspender der Piratenpartei aufgestiegen ist.

In den Spendenübersichten im Wiki der Piratenpartei war am Wochenende viel Bewegung. Das ging am Samstag los, als Bundessschatzmeisterin Swanhild Goetze dort 20.000 Euro Dschungelcamp-Honorar von Alt-Kommunarde Rainer Langhans eintrug, die er 2011 gespendet hatte. Dann verzeichnete sie die bislang höchste Spende. Das freudige Ereignis war nicht mal dem Bundesvorsitzenden Bernd Schlömer bekannt gewesen und hatte sich lange in einem Protokoll des bayerischen Landesverbands versteckt: Die mehr als 25.000 Euro von Sara Marburg, der Geschäftsführerin des Webhosters DomainFactory, hatte sie im Gesamtrechenschaftsbericht der Partei gefunden.

Die in der Öffentlichkeit so unbemerkt gebliebene Gabe war in den Spendenübersichten im Wiki nur einen Tag lang die höchste Summe. Dann standen da die Gelder, die schon für viel Furore gesorgt hatten, ehe sie geflossen waren. Und das war auch nötig, nachdem @frapira alias Frank Schultz nicht einfach „nur“ spenden wollte: Er hatte 28.000 Euro aufgeteilt an verschiedene Verbände der Piraten versprochen – wenn auch andere versprechen zu spenden: Mindestens 1000 andere sollten je 15 Euro geben – binnen vier Tagen.

Um solche Versprechen abzuwickeln, gibt es die Versprechensbank, die Pledgebank. Und dort war am Sonntag die kritische Marke geschafft. Das heißt: Zu seinen 28.000 Euro sind weitere mehr als 15.000 zugesagt. „Ich hätte auch gespendet, wenn sie nicht zusammengekommen wären“, sagt der Schweriner unserer Zeitung.

„Hier ist der Frank“, hatte er sich bei seinem versprochenen Anruf gemeldet. Das war schlecht zu verstehen, und im Laufe des Telefonats stellt sich manchmal heraus, dass ein Satz von ihm gerade dem Pflegepersonal galt.

Frank Schultz hatte schon überwiesen, als der Ausgang noch ungewiss war. Ob er das 2013 wieder so macht, lässt er offen. Das nächste Pledge ist schon geplant, 50.000 Euro sollen dann sein Einsatz sein. Im September hatte er der Piratenpartei schon einmal per Pledge 10.000 Euro zukommen lassen. Geld, das die Partei im Wahljahr 2013 dringend gebrauchen kann.

Dem Schweriner ist „Geld total egal. Aber wahrscheinlich nur, weil ich davon genug habe.“ Jeden Monat bekomme er einen Haufen Geld aus Zinsen und von der Versicherung, und jeden Monat bleibe davon einiges übrig. Und die beiden größten Wünsche kann sich der 40-Jährige mit keiner Summe erfüllen. „Mein größter Traum wäre, wieder Gehen zu können.“ Der zweitgrößte zielt zwischen die Beine. Doch mit dem Laufen und mit dem Sex ist es vorbei seit jenem Tag im Jahr 1997. Als er aufs Motorrad steigt, ist es das letzte Mal, dass er auf eigenen Beinen steht. Am Unfall trifft ihn keinerlei Schuld, doch das bringt ihm sein altes Leben nicht zurück. Nur Geld. „Und ich sage mir, ich gebe es lieber nützlich aus.“

An Sportvereine spendet er auch. Er „revidiert mit seinem Handeln das allgemeine Bild in der Öffentlichkeit, dass Behinderte nur Empfänger und nicht auch Geber finanzieller Hilfen sind“ , hat die örtliche Zeitung zu einem solchen Anlass mal geschrieben. Doch Frank Schultz trägt das nicht vor sich her. Als Tweets aufkommen, dass die Spendenaktion ein Fake sein könnte und andere fragten, ob er im Lotto gewonnen hatte, ging er auf den Hintergrund ein. Er hat keinen Hauptgewinn gezogen.

Wie wichtig ist ihm das Spenden? „Ich würde viel lieber stärker offline helfen.“ Bei einigen Infoständen war er schon, ein Video zeigt ihn, wie er einem verdutzten Ordnungshüter ein Infoblatt in die Hand drückt. Keine herausragende Rolle spielt für ihn der Kampf gegen Diskriminierung und Ausgrenzung, der bei den Piraten in der Geschlechterdebatte auch schon mal den Vorschlag geboren hatte, in die Satzung „transsexuelles Eichhörnchen“ aufzunehmen.

Etwas anderes brachte ihn mit den Piraten zuerst in Kontakt – irgendwie war es das Geld: Im Heise-Forum hatte er von der jungen Partei gelesen, und „von 14 Euro Jahresbeitrag oder so. Ich fand das putzig.“ Im Juli 2007 war er dann auch Mitglied, Nummer 499. „Die Inhalte finde ich voll gut – als ob das meine Inhalte wären. Deren Ziele sind meine Ziele.“ Ihm geht es da nicht nur und nicht zuvorderst um Netzpolitik. „Gespendet habe ich, weil ich der Meinung bin, dass die Piraten die einzigen sind, die dem großen Kapitalmarkt etwas wirkungsvoll entgegensetzen, der alles kaputt macht. Mit vereinter Kraft kommen wir da raus.“

Mit seinem erfolgreichen Pledge und den 1000 Mitspendern hat er vielen zuletzt nicht mit guten Nachrichten verwöhnten Piraten auch 1000 Gründe fürs Gefühl gegeben, dass sich mit der Partei doch etwas bewegen lässt. Die Aktion macht viele Piraten stolz – und nicht wenige auch dankbar gegenüber Schultz. Das sei ja nicht das, worum es ihm gehe. Aber dann scherzt er doch: „Einen Titel mit Null Rechten , das wäre schon cool. Die Piraten könnten sich ja was einfallen lassen.“

Pirat 499 wird aber durchaus auch in vorderster Reihe schon gewürdigt. Schatzmeisterin Swanhild Goetze appelliert in ihrem Blog, dass ein Bundesparteitag in für Frank Schultz erreichbarer Entfernung eine schöne Sache wäre. Zu Weihnachten hat ihn der Bundesvorsitzende Bernd Schlömer besucht, zusammen mit dem Vorsitzenden und dem Geschäftsführer des Landesverbands Mecklenburg-Vorpommern. Schultz hat Schlömers Fazit retweetet: „Es war ein sehr schöner Nachmittag.“ Und dass ihm Johannes Ponader, Politischer Geschäftsführer* der Piratenpartei Deutschland, an Heiligabend ein Video mit Weihnachts- und Genesungswünschen aus der Berliner Geschäftsstelle auf YouTube hochgeladen hat, beeindruckte ihn auch mächtig.

„Noch nie so ein tolles Weihnachtsgeschenk bekommen“, twitterte er. Aber seines an die Partei ist ja auch nicht alltäglich ...

*In einer früheren Version stand, Ponader sei „Generalsekretär“. Das haben wir korrigiert.

Von Lars Wienand