Tim Ganz spielt mit den Junglöwen in der Dritten Bundesliga. Sehr erfolgreich übrigens – Dritter ist das Nachwuchsteam der Mannheimer aktuell. Die zweite Garde der Löwen bekommt ihren großen Auftritt aufgrund eines Terminstreits. Seit Saisonbeginn gibt es regelmäßig Ärger bei den Ansetzungen von Bundesliga-Spielen und Partien in europäischen Wettbewerben. Im November mussten die Löwen bereits am Samstagabend in Berlin antreten, flogen am Sonntagmorgen nach Barcelona und spielten dort am Abend erneut. Auch am Samstag kommt es wieder zu einer Terminkollision, wenn die Löwen in Kiel (Bundesliga) und in Kielce (Champions League antreten sollen. „Ich halte es für ein starkes Statement der Löwen gegenüber den Verbänden, dass sie dieses Mal nicht klein beigegeben“, sagt Ganz.
Die Löwen hätten – wie die Kieler auch – das Heimrecht tauschen und zu einem anderen Termin in Polen antreten können. Doch der Verein senkte den Daumen, lehnte es ab, zum Spielball der Verbände zu werden – wohl wissend, dass die Chance aufs Final Four auf ein Minimum sinkt. „Wir haben lange Vieles mit uns machen lassen. Irgendwann mussten wir ein Zeichen setzen. Jetzt war ein Punkt erreicht, auch mal Nein zu sagen“, erklärt Löwen-Teammanager Oliver Roggisch. Die Konsequenz lautet: Die Löwen treten am Samstag gleich zweimal an. Die erste Mannschaft kämpft als Tabellenführer beim THW Kiel um Bundesliga-Punkte, und das Nachwuchsteam mit Ganz darf bei Vive Kielce Champions-League-Luft schnuppern.
„Die Vorfreude ist riesengroß. Das wird eine schöne Reise, aber wir fahren nicht zum Spaß nach Polen, wollen zeigen, dass wir auch auf allerhöchstem Handball-Level bestehen können. Wir sind extrem motiviert“, sagt der 20-Jährige. Die Junglöwen sind nicht naiv, wissen, dass es schwer wird, ein achtbares Ergebnis mit nach Hause zu bringen, das die Bundesliga-Mannschaft im Rückspiel zum Weiterkommen nutzen kann. Zumal die Löwen-Reserve mit einem schmalen Kader nach Polen fliegt, da die Friesenheimer Jungs, die in der Dritten Liga mit Zweitspielrecht für die Junglöwen auflaufen dürfen, international nicht spielberechtigt sind. „Natürlich kennen wir die Klasse des Gegners, aber es geht in 60 Minuten darum, Tore zu werfen und Tore zu verhindern. Das ist nicht anders als in anderen Spielen auch“, sagt Ganz.
Er gehört seit Sommer der Jugendakademie der Löwen an. 2007 zog er aus dem Badischen mit seiner Familie nach Meisenheim, wo er beim SSV ausgebildet wurde. „Das waren acht tolle Jahre, in denen wir sehr viel gelernt haben“, sagt Ganz und ergänzt: „In dieser Zeit hatten wir einige gute Trainer, vor allem Mario Mitschke war ein toller Coach, der uns viel beigebracht hat.“ Der Jahrgang 1996/97 genießt in Meisenheim Kultstatus. Das Team spielte im Jugendbereich in der Oberliga. Mitspieler von Ganz wie Lukas Münz, Luca Hochstetter, Philip Gehres, Jeremias Christmann und Clemens Walker sind mittlerweile Leistungsträger im Rheinhessenliga-Team des SSV. „Die tägliche Arbeit mit diesen Jungs war maßgeblich für meinen Werdegang“, betont Ganz und freut sich, dass der Kontakt bis heute nicht abgerissen ist: „Das sind alles noch Super-Freunde von mir. Wir sehen uns fast jedes Wochenende.“
2015 verließ Ganz die Meisenheimer und spielte zwei Jahre bei der HSG Rhein-Nahe in Bingen, ehe es ihn im Sommer nach Mannheim zog. „Die Bedingungen bei den Junglöwen sind sensationell, dort habe ich alle Möglichkeiten, dazu kommt die räumliche Nähe zu meinem Studienort Karlsruhe. Es könnte nicht besser laufen, und deshalb freue ich mich auch sehr, dass mein Vertrag bis 2020 verlängert wurde“, erklärt Ganz. Seine starken Leistungen sind auch Bundesliga-Trainer Nikolaj Jacobsen aufgefallen, die eine oder andere Übungseinheit absolvierte der Rechtsaußen bereits bei den Profis.
Am Samstag darf er sich selbst wie ein Star fühlen, trifft auf Weltklassespieler wie den Spanier Alex Duschebajew, dessen Vater Talant – eine Handball-Legende – Trainer in Kielce ist. „Die Vorbereitung wird sich gar nicht so sehr von anderen Spielen unterscheiden. Auch in der Dritten Liga schauen wir uns vor den Spielen die Stärken und Schwächen des Kontrahenten auf Video genau an. Weniger gut lässt sich natürlich auf die Atmosphäre einstellen“, erklärt Ganz. Die Hala Legionow in Kielce gilt als Hexenkessel. Und die 4000 Zuschauer wissen ganz genau, dass sie ein Team empfangen, dass noch nie vor einer solchen Kulisse gespielt hat...