Wiesbaden
Frisiertes Testament bleibt Gerichtsthema

Wiesbaden. Die Hinterlassenschaft von fast einer halben Million Euro war zu verlockend: Ein früherer Ortsgerichtsvorsteher von Idstein steht vor Gericht, weil er ein Testament zu seinen Gunsten fälschte, um an das Geld des Verstorbenen zu kommen.

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Wiesbaden. Die Hinterlassenschaft von fast einer halben Million Euro war zu verlockend: Ein früherer Ortsgerichtsvorsteher von Idstein steht vor Gericht, weil er ein Testament zu seinen Gunsten fälschte, um an das Geld des Verstorbenen zu kommen.

Eigentlich hätte der 69-Jährige vor dem Wiesbadener Landgericht mit einer umfassenden Aussage eine Haftstrafe abwenden können, doch der frühere Beigeordnete des Rheingau-Taunus-Kreises ließ die Chance ungenutzt. Zwar gestand der wegen Urkundenfälschung, Urkundenunterdrückung und schweren Betrugs Angeklagte und sagte, er bereue zutiefst: „Ich kann bis heute nicht begreifen, warum ich das getan habe.“ Doch er schilderte nur stockend und teils unhörbar leise, wie er das Testament Ende 2005 an sich nahm, den Text auf ein neues Blatt pauste und sich dann als Erben einsetzte.

Er habe gewusst, dass der Verstorbene Wertpapiere besaß, aber nicht, in welcher Höhe. Insgesamt „erbte“ der frühere CDU-Politiker auf diese Weise rund 437 000 Euro inklusive Eigentumswohnung und BMW. Damit die rechtmäßige Erbin, eine Cousine des Toten, die Hinterlassenschaft nicht beanspruchte, berichtete ihr der Angeklagte von möglichen Schulden. Am Ende witterte eine aufmerksame Nachbarin den Betrug und brachte die Ermittlungen ins Rollen. Der heute 69-Jährige, der auch Baudezernent des Kreises war, zahlte das Geld schließlich zurück.

Sein Geständnis genügte dem Gericht nicht. Mit der Staatsanwaltschaft war Anfang des Monats vereinbart worden, es auch angesichts des bereits seit Jahren andauernden Verfahrens bei einer Bewährungs- und Geldstrafe zu belassen, wenn der Angeklagte sich umfassend und reumütig zeigt und „offen und direkt“ die Verantwortung für seine Tat übernimmt. Dies sei aber nicht geschehen, zudem seien Widersprüche aufgetaucht, resümierte Richter Jürgen Bonk und setzte eine Neuauflage des Prozesses an.

Schmu mit Grundstücken

Staatsanwalt Wolf Jördens sprach im Anschluss von einer „weisen Entscheidung“. Die Verteidigung kündigte an, sie werde weiter auf eine Bewährungsstrafe hinarbeiten. Die Anwälte erklärten die nur zögerliche Aussage ihres Mandanten mit der Anwesenheit zahlreicher Idsteiner Bürger im Zuschauerraum, die die Verhandlung mit erbosten Zwischenrufen in Richtung des Angeklagten immer wieder störten.

Das Verfahren zieht sich damit weiter in die Länge, nun müssen neue Schöffen und Termine gefunden werden. Dann werden vermutlich auch weitere Taten zur Sprache kommen, die dem Angeklagten zur Last gelegt werden.

Als Ortsgerichtsvorsteher war er auch an der Schätzung von Grundstücken beteiligt. Dabei soll er laut Staatsanwaltschaft anderen Mitgliedern der zuständigen Kommission in mehreren Fällen ihnen zustehende Gebührenanteile vorenthalten haben.