Tennis – Heimaturlaub mit Tennis-Verpflichtung: „Ich freue mich sehr, dass ich mal wieder zu Hause bin“, gibt Anna-Lena Friedsam zu, bevor sie zum Schläger greift, um ihren Teil beizutragen, dass die Regionalliga-Mannschaft des Andernacher TC das Abstiegsgespenst endgültig verscheucht.
In den letzten Wochen war die 18-jährige Profispielerin aus Oberdürenbach fast ständig unterwegs, doch der Aufwand hat sich gelohnt: Zwei Turniersiege im slowenischen Maribor und im italienischen Padua haben das derzeit größte rheinland-pfälzische Tennistalent in der aktuellen Weltrangliste (Stand heute) auf Platz 285 katapultiert. Gestartet war sie in das Tennisjahr als Nummer 665. In der Geldrangliste liegt sie auf 251, 14 656 US-Dollar hat sie in diesem Jahr mit Tennisspielen verdient.
Klingt viel, ist es aber nicht. 2900 Dollar hat Friedsam für den Sieg beim 25 000-Dollar-Turnier in Padua bekommen. „35 bis 40 Prozent, je nach Austragungsland, kassiert die Steuer“, merkt Landestrainer Bijan Wardjawand an, der seinen Schützling zu den meisten Turnieren begleitet. Außerdem muss Anna-Lena Friedsam Anreise, Unterkunft und Verpflegung selbst bezahlen. Ohne Sponsoren geht das nicht. Neben einem regionalen Förderpool engagieren sich die Tennisverbände von Rheinland-Pfalz und dem Rheinland bei der finanziellen Unterstützung des vielversprechenden Talents.
Die scheinbar explosionsartige Steigerung seines Schützlings hat Trainer Wardjawand nicht wirklich überrascht: „Das mag von außen so scheinen“, sagt er, „aber mir war schon klar, dass sie sich kontinuierlich verbessert.“ Und das nicht nur spieltechnisch, denn auf dem Tennisplatz spielt auch der Kopf eine ganz entscheidende Rolle, wenn es um Sieg oder Niederlage geht. „Sie geht viel aggressiver an die Bälle ran“, ist Wardjawand aufgefallen, „mit den Erfolgen kommt eben auch das Selbstbewusstsein.“ Friedsam bestätigt: „Wenn es 4:4 und Einstand steht, gewinnt die, die die besseren Nerven hat und aggressiv nach vorn geht.“ Und das war zuletzt die Nummer eins des Andernacher TC.
Ob die Siegesserie der Anna-Lena Friedsam sich in den nächsten Wochen fortsetzt, ist allerdings fraglich, denn jetzt stehen kompliziertere Aufgaben an. Nach einer Trainingswoche reist sie am nächsten Montag nach Versmold in Westfalen, um ihr erstes 50 000-Dollar-Turnier zu bestreiten. „Da kann ich mich mit Stärkeren messen“, kommentiert Anna-Lena Friedsam diese Herausforderung – und demonstriert ihr neues Selbstbewusstsein: „Ich sehe mich auch dort nicht chancenlos, schließlich ist da keine Top-50-Spielerin am Start.“
Nach Versmold stehen zwei weitere Turniere an, wenn keine Verletzung dazwischenkommt. Danach will Friedsam ihrem Ziel ein gehöriges Stück nähergekommen sein: „Bei einem Grand-Slam-Turnier die Qualifikation spielen.“ Um bei den Australian Open im Januar 2013 in Melbourne dabei zu sein, muss sie bis zum Jahresende weitere 50 bis 80 Ranglistenplätze aufrücken. Die Frage, ob sie das schafft, beantwortet Anna-Lena Friedsam ohne Wenn und Aber nur mit einem Wort: „Ja.“ kif