Tennis: Für die 106. der Weltrangliste bedeutet DTB-Turnierserie eine willkommene Herausforderung - Ungewisse Aussichten fürs weitere Jahr
Friedsam bestreitet am Dienstag wieder ein offizielles Match
Anna-Lena Friedsam Foto: imago
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Oberdürenbach. Etwas mehr als drei Monate ist es her, dass Anna-Lena Friedsam ihr letztes offizielles Tennismatch bestritten an. Nun geht es wieder los, wenn auch langsam und auf kleiner Bühne. Am Dienstag tritt die 26-Jährige im Rahmen der vom Deutschen Tennis Bund organisierten Turnierserie „DTB German Pro Series“ zu ihrem ersten offiziellen Spiel nach der Pause an.

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Nach besagtem Match am 8. März folgte der Lockdown, die Corona-bedingte Auszeit zur Unzeit für die Oberdürenbacherin, die gerade wieder enormen Aufwind verspürte. Handelte es sich bei dem bislang letzten Spiel doch um ein WTA-Endspiel, ihre erst zweite WTA-Finalteilnahme überhaupt. Zwar unterlag sie in Lyon (Frankreich) der Australian-Open-Siegerin Sofia Kenin (USA) nach großem Kampf und 1:51 Stunden mit 2:6, 6:4, 4:6, doch stellte die zurückliegende Turnierwoche für die zwischenzeitlich lange verletzte Oberdürenbacherin einen weiteren großen Schritt auf dem Weg zurück in die Weltspitze dar. Weltranglistenplatz 106, ihr bester seit 2017, zeugt davon.

Klar, dass damit der Tatendrang zu weiteren Schritten befeuert war und durch die folgende Zwangspause höchst unsanft gebremst wurde. Keine Turniere mehr, keine Spiele, nicht einmal richtiges Training, abgesehen von Fitnessübungen zu Hause. Seit einiger Zeit kann sie zumindest wieder auf dem Trainingsplatz mit Ball und Schläger arbeiten, zumal das gute Wetter es ermöglichte, im Freien zu trainieren, statt auf die allgemeine Hallenöffnung warten zu müssen.

Trainieren ließ sich also, fragte sich nur: wofür? Turniere auf internationaler Ebene sind noch nicht in Sicht. Darum erfolgte die Initiative vom DTB mit seiner Turnierserie. „Wir haben uns zusammengesetzt, beraten und uns entschlossen, teilzunehmen. Danach kann man das Training ausrichten. Das ist gut, zumal sich die Serie auch über längere Zeit zieht“, sagt Friedsams Trainer Sascha Müller.

Vorausgesetzt natürlich, man kommt weiter. Ausgerichtet wird die Serie für Frauen und Männer. Bei den Frauen gibt es 24 Teilnehmerinnen, die von Dienstag an in sechs Gruppen an den drei Standorten in Darmstadt, Versmold und am DTB-Bundesstützpunkt in Stuttgart die Vorrunde bestreiten im Gruppen-Modus „jede gegen jede“. Die beiden Besten der Vorrundengruppen qualifizieren sich für die Zwischenrunde vom 30. Juni bis 3. Juli, die wiederum an drei Standorten ausgetragen wird.

Friedsam rangiert in der Setzliste hinter Topfavoritin Laura Siegemund (WTA-Rangliste 65) auf Rang zwei vor Tamara Korpatsch (WTA 111) und Mona Barthel (WTA 214). Sie trifft ab Dienstag in Versmold (bei Gütersloh) in ihrer Vorrundengruppe auf Vivian Heisen (WTA 426/26 Jahre), Julia Middendorf (105. Juniorinnenweltrangliste/17) und Joelle Steur (144. Juniorinnenweltrangliste/16). Logisch, dass Friedsam da klar favorisiert ist. „Aber die Spiele müssen erst mal bestritten werden. So ein Start nach langer Pause kann ja auch schwierig sein“, gibt Müller zu bedenken, um gleich aber auch zu betonen: „Anna-Lena ist gut vorbereitet.“

Die Sieger der Finalrunde bekommen ein Preisgeld von 8000 Euro, vorher sind pro Woche maximal 4000 Euro zu verdienen. Weltranglistenpunkte werden nicht verteilt. 629 Punkte stehen für Friedsam derzeit in der Weltrangliste zu Buche, nachdem durch die Finalteilnahme in Lyon 80 hinzugekommen sind und die Rangliste mittlerweile eingefroren ist.

Wie und wann es weitergeht, ist derzeit völlig offen. Alle Turniere der WTA- und ATP-Tour sind seit Mitte März abgesagt. Offiziell läuft die momentane Pause bis zum 31. Juli. Ob die US Open (geplant für den 24. August bis 13. September) und die French Open (verlegt auf 20. September bis 4. Oktober) stattfinden?

„Ich bin skeptisch“, sagt Müller. Eine nationale Turnierserie in Deutschland auszurichten, sogar mit Zuschauern – bei der Männervorrunde in Neuss ab vergangenem Dienstag waren je 50 zugelassen – ist eine Sache, internationale Turniere mit Aktiven aus der ganzen Welt zu veranstalten, eine andere.

Schließlich bestehen noch Reisebeschränkungen. Abgesehen davon, dass sich derzeit vielleicht nicht jeder gern mit zig anderen in ein Flugzeug setzen mag. „Wobei ich gehört habe, dass die Amerikaner die US Open unbedingt ausrichten wollen, auch ohne Zuschauer. Angeblich sollen die Spieler da extra einzeln eingeflogen werden“, erzählt Müller, der aber skeptisch bleibt. Immerhin, sollte es tatsächlich so kommen, dürfte Friedsam als 106. der Welt auf eine direkte Qualifikation hoffen.

Überhaupt könnte sich die aktuell gute Platzierung für sie als günstig erweisen. „Ihre Ausgangsposition ist gut, sie hat aus dem vergangenen Jahr fast keine Punkte zu verteidigen“, so der Trainer. Abgesehen von dem WTA-Turnier in Nürnberg, wo sie Ende Mai 2019 das Viertelfinale erreichte und auf dem Weg dorthin unter anderem auch Andrea Petkovic ausgeschaltet hat.

Aber auch in dieser Frage bleibt noch ungewiss, wie die WTA mit Punkten verfährt, die in diesem Jahr durch die Zwangspause nicht verteidigt werden können. „Da ist noch keine Entscheidung gefallen, aber ich fürchte, es wird keine generell gute und gerechte Lösung für alle geben“, meint Müller.

Erst einmal gilt die Aufmerksamkeit aber dem ersten Spiel nach der langen Pause. Am Dienstag trifft Friedsam (laut Ansetzung nicht vor 15 Uhr) auf die 16-jährige Julia Middendorf, die zum Porsche Junior Team des DTB gehört.

Der Online-Streamingdienst Tennis Channel International überträgt alle Spiele der DTB Turniereinladungsserie „German Pro Series“

Von unserem Redakteur Marcus Pauly