Rheinland-Pfalz
Dorint-Anwalt: Land verletzt Spielregeln am Nürburgring

Clemens Antweiler, Anwalt der Dorint-Hotelgruppe, meint: Das Land nimmt rechtliche Vorgaben zur Ausschreibung offenbar nicht ernst.

Rheinland-Pfalz - Ging das Land mit öffentlichen Ausschreibungen zu lax um? Der Anwalt der Dorint-Hotelgruppe rechnete sich bei diesem Gespräch im Oktober 2010 Chancen aus.

Rheinland-Pfalz – Ging das Land mit öffentlichen Ausschreibungen zu lax um? Der Anwalt der Dorint-Hotelgruppe rechnete sich bei diesem Gespräch im Oktober 2010 Chancen aus.

(Archiv-Artikel 03.10.2010)
In die Klage der Dorint-Hotelgruppe gegen das Betreiberkonzept am Nürburgring kommt Dynamik: Die Kläger spüren Rückenwind durch ein aktuelles Urteil des Verwaltungsgerichts Mainz. Auch da ging es um die Vergabe einer Konzession durch einen öffentlichen Auftraggeber.

Die Eifelrennstrecke wird von der Nürburgring Automotive GmbH bewirtschaftet, die zu je 50 Prozent der Lindner-Hotelgruppe und Kai Richters Mediinvest gehört. Sie hat einen Vertrag mit der Nürburgring GmbH geschlossen, die wiederum dem Land (90 Prozent) und dem Kreis Ahrweiler (10 Prozent) gehört. Wirtschaftsminister Hendrik Hering sieht die Klage zwar gelassen, doch Dorint-Anwalt Clemens Antweiler wirft der Landesregierung im Interview mit unserer Zeitung Fehleinschätzungen in einer Reihe von Fällen vor.

Sie klagen für die Dorint-Hotelgruppe gegen das Betreiberkonzept am Nürburgring. Wirtschaftsminister Hering sagt, er sehe die Klage gelassen, das Verwaltungsgericht Mainz sei das falsche Gericht. Sind Sie auf dem Holzweg?

Nein! Der Hinweis auf das angeblich falsche Gericht ist unzutreffend. Sogar das Verwaltungsgericht Mainz hat in einem neuen Urteil Ende August ganz klar gesagt: Bei Klagen gegen die Vergabe einer Dienstleistungskonzession sind die Verwaltungsgerichte zuständig. Öffentliche Auftraggeber müssen das Gleichbehandlungs- und das Transparenzgebot einhalten. Dies folgt unmittelbar aus dem Europarecht.

Das Verfahren war aber etwas anders gelagert. Da war die Stadt Mainz an einem Vertrag direkt beteiligt; am Nürburgring wurde dagegen ein Vertrag zwischen zwei privaten Unternehmen geschlossen.

Europarecht gilt unabhängig davon, ob eine Dienstleistungskonzession vom Land selbst oder von einer mehrheitlich vom Land beherrschten Gesellschaft vergeben wird. Die Nürburgring GmbH ist zu 100 Prozent in öffentlicher Hand. Der Staat kann sich nicht den Spielregeln entziehen, indem er eine Gesellschaft in privater Rechtsform vorschiebt. In der Rechtsprechung ist das längst geklärt.

Die Landesregierung verweist aber auf ein Gutachten. Dieses belege, dass keine Ausschreibung erforderlich war.

Ob dieses Gutachten überhaupt existiert, weiß ich nicht. Wenn es der Landesregierung recht gibt, soll sie es auf den Tisch legen. Abgesehen davon: Wir haben nie behauptet, dass eine förmliche Ausschreibung nötig gewesen wäre. Wir beanstanden, dass kein nach Europarecht erforderliches transparentes und diskriminierungsfreies Auswahlverfahren stattgefunden hat – eine sogenannte „Ausschreibung light“. Die Landesregierung hat vor dem Vertragsabschuss weder Maßstäbe für die Auswahl des Vertragspartners noch Angebotsfristen veröffentlicht.

Sie machen in der Klage auch geltend, dass es verbotene Beihilfen gegeben habe. Hering betont dagegen, dass keine Mittel an die Betreibergesellschaft geflossen sind, sondern nur an die landeseigene Nürburgring GmbH. Wo ist da eine Beihilfe?

Das Beihilfeverbot untersagt nicht nur unmittelbare, sondern auch mittelbare staatliche Begünstigungen. Nur weil Mittel nicht direkt an die Betreibergesellschaft gezahlt wurden, sondern sozusagen „über die Bande“ der Nürburgring GmbH, ändert das nichts daran, dass eine verbotene Beihilfe vorliegt.


Üblicherweise prüft so etwas die EU-Kommission. Kann das Verwaltungsgericht über die Beihilfefrage entscheiden?

Ja. Hier ist die Rechtslage völlig eindeutig.

Zwei weitere Fälle standen zuletzt wegen Vergabefragen im Brennpunkt. Beim Schlosshotel in Bad Bergzabern wurde Gutland vom privaten Investor zum Pächter – ohne eine Ausschreibung ...

Das habe ich in der Presse gelesen. Die Verträge kenne ich nicht im Detail. Aber es gibt Anzeichen, dass auch hier einiges schiefgelaufen ist.

Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs gegen das Glücksspielmonopol wurden auch Fragen wegen der Spielbank am Ring aufgeworfen. Einem Sprecher des Innenministeriums zufolge wurden die Spielbank-Konzessionen europaweit ausgeschrieben. Am Nürburgring erhielt die Spielbank Bad Neuenahr jedoch auf Antrag die Erlaubnis für einen Zweigspielbetrieb.

Das geht so nicht. Wenn der Vertragsgegenstand erweitert wird, liegt eine wesentliche Vertragsänderung vor. Dann muss erneut ausgeschrieben werden. Wenn ein Wettbewerber die Konzessionsvergabe angreifen würde, hätte er ausgezeichnete Karten.

Geht die Landesregierung mit europarechtlichen Vergabevorschriften zu lax um?

Die rechtlichen Vorgaben für fairen und transparenten Wettbewerb werden offenbar nicht ernst genommen. Ich sehe nur zwei mögliche Erklärungen dafür: Entweder meint die Landesregierung, interessierte Wettbewerber würden nicht durchschauen, was hier läuft. Oder ganz offenkundige europarechtliche Probleme werden überhaupt nicht als solche erkannt.

Die Fragen stellte unser Mitarbeiter Florian Zerfaß