Von unserer Redakteurin Ursula Samary
Als „Kronzeuge der Anklage“ erlebt Nuss die schneidend scharfe Verachtung von Ex-Aufsichtsratsboss Ingolf Deubel (SPD), den alle mit Professor Doktor ansprechen. Nuss wirkt wie ein Mann, der Chefs beflissen dient, sich alles aufhalsen lässt. Deubel meint, Nuss wolle es allen recht machen, die er für mächtig hält – zuletzt eben die Ankläger, womöglich mit der Hoffnung, verschont zu werden. Nuss leidet – wirkt gebeugt, abgemagert. Nach dem großen Crash am Ring hat er auf Missstände aufmerksam gemacht.
Aber es ist schwer vorstellbar, dass er zuvor gegen den Ex-Herrn am Ring, Walter Kafitz, oder Deubel als Mahner groß aufbegehrte. Kafitz trug zwar intern den Spitznamen „Dr. Kann-Nix“, aber seine cholerischen Ausbrüche waren auch gefürchtet. Aber Nuss kann auch gegen Deubel punkten, der ihn der Lüge bezichtigte. Einen Vermerk mit Hinweisen, wie Ex-Ring-Finanzchef Hans-Jürgen Lippelt im Züricher Nobel-Hotel Dolder Grand öffentliches Geld mit Geschäftspartnern verprasste, hielt Deubel für nachträglich fingiert. Aber: Das LKA bescheinigt das Gegenteil.
Der Vermerk ist zuletzt am 26. Juni 2009 von Nuss geändert worden. Ob der Brief aber je Kafitz erreichte, ist unklar. Am Ende geht es nicht nur für Nuss darum, für wie glaubwürdig das Gericht die Angeklagten hält und ihre Beteiligung bewertet.
Deubel sieht sich als Opfer
Ex-Finanzminister und Ex-Aufsichtsrat Ingolf Deubel (SPD) ist noch immer fest überzeugt: Ein Deubel macht keine Fehler, ist selbst nur Opfer eines Betrügers. Das reklamiert er seit Prozessbeginn für sich, wenn er angreift, doziert oder bei Fachsimpeleien mit Zeugen beweisen will, dass sein Finanzmodell nach allen akademischen Regeln funktionieren musste: über US-Risikolebensversicherungen so viel Geld zu verdienen, dass selbst Gigantomanie noch Gewinne einfährt. Nichts irritiert ihn.
Als ein Experte schildert, dass er ernsthaft überlegte, wie das Land beim Deal die Schenkungsteuer vermeiden kann, kann sich der Zuhörer nur wundern. Glaubte Deubel etwa an Altruismus bei knallharten Millionengeschäften? Nein, für den Fonds sei der Mythos Ring das Aushängeschild gewesen, erklärt Deubel dann. Nur – für sein Modell begeisterten sich keine seriösen Banken, nur windige Partner.
In Deubels Welt sind daran nur kritische Medien schuld. Das große Scheitern zum Schluss des Dramas erklärt er allein mit der „hochkriminellen Energie“ des Schweizers Urs Barandun, der nur ungedeckte Schecks zu bieten hatte. Hatte Deubel trotz interner Warnungen nie im Kalkül, dass pralles Leben oft unberechenbarer ist als jede mathematische Theorie? Ob er aber als faktischer Geschäftsführer neben Kafitz agierte? Zeugen schildern dies anders als Ankläger.
Kafitz stand unter gewaltigem Druck
Walter Kafitz, einst als großspuriger „Mister Nürburgring“ unterwegs, sitzt schweigend vor Gericht, als höre und sehe er auch nichts. Hofft er, neben dem Ex-Minister irgendwie abtauchen zu können? Wie früher, als jahrelang teure und vom Rechnungshof in Serie kritisierte Flops für ihn folgenlos blieben? Der damalige Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) hielt am Genossen aus Kaiserslautern fest, ignorierte ihn erst vor Gericht. Kafitz pries das Projekt an – bei Beck wie auf Messen. Solvente Investoren fand er nicht, nur den klammen Kai Richter. Er brachte Deubel auch mit Finanzvermittlern wie Michael Merten und Norman Böhm zusammen, über deren Referenzen der früher wohl nur gelächelt hätte. Aber er stand unter Druck (auch des eigenen Ehrgeizes wegen), Becks Wunschprojekt zu finanzieren.
Als Finanzchef holte sich Kafitz Hans-Jürgen Lippelt, der vorher in Bremen mit dem Großprojekt „Space Park“ gescheitert war. Sein Untreuefall wurde wegen längerer Krankheit abgetrennt.
Beihilfe zur Untreue wird dem Ex-Chef der Landesförderbank ISB, Hans-Joachim Metternich, und Roland Wagner als Geschäftsführer der ISB-Tochter RIM vorgeworfen. Sie hatten Geld für den klammen Investor Richter in elf Tranchen organisiert, am Ende 85,5 Millionen Euro. Sie sind sicher, immer – wie von Beck und ISB-Vorstandschef Ulrich Dexheimer bestätigt – richtig gehandelt zu haben: Das Land habe den Baustopp von Richters Hotel- und Gastronomieprojekten verhindern wollen und den Geldtransfer „wie üblich“ zu 100 Prozent abgesichert.
Zudem hätten sie gedacht, nur als Zwischenfinanzierer tätig zu sein. Die Anklage wirft ihnen aber vor, sie hätten um das hohe Ausfallrisiko gewusst, zuletzt auf Richters Sicherheiten verzichtet und so Deubel und Co. Beihilfe geleistet.