Berlin – Die Welt ist nicht genug: Schwarz-Gelb will nun auch im All aktiv werden. Im nächsten Jahr will die Regierung eine Art Haftpflicht für die Galaxis erarbeiten. Kommt es zum Satelliten-Crash, soll der Verursacher an den Folgekosten beteiligt werden.
Es gibt ein paar Sachen im Leben, da werden auch aus Politikern wieder kleine Jungs. Die Raumfahrt gehört dazu. Star Trek, Raumpatrouille Orion, Space Shuttles, Raketen, Satelliten – hier vermischen sich Fiktion und Wirklichkeit.
Was im All so geht
Dieser Faszination wollen sich auch Rainer Brüderle (FDP) und Peter Hintze (CDU) nicht entziehen. Schwarze Löcher, Tickets zum Mond und trudelnde Satelliten – die Pressekonferenz vom Wirtschaftsminister und seinem Staatssekretär zur Raumfahrt-Strategie entwickelt sich am Dienstag zu einer launigen Vorlesung, was im All geht und was nicht.
Brüderle dementiert erst einmal Gerüchte, Schwarz-Gelb wolle ungehörige Oppositionspolitiker in eine erdnahe Umlaufbahn schießen und so aus dem Umfragetief herauskommen. „Ich darf eins gleich dementieren: Die Behauptung, wir hätten im Ministerium eine Liste über potenzielle Passagiere zum Mondflug mit One-Way-Ticket, ist nicht richtig.“
Ernsthaft betreibt die Regierung aber Vorbereitungen für ein Weltraumgesetz. Vereinfacht gesagt geht es darum, dass bei Zusammenstößen im All oder technischen Defekten die Betreiber von Satelliten für Schäden mithaften sollen. „Wir müssen mehr Ordnung ins All bringen. Wer in den Weltraum geht, muss finanziell in der Lage sein, auch zu haften“, erklärt Raumfahrtkoordinator Hintze.
Beam it down, Schrotti!
Lange Zeit hätten die Menschen geglaubt, das All sei so groß, da werde der Schrott schon irgendwo verschwinden. Doch auf den wichtigsten Erdumlaufbahnen ist eine Menge los. Unzählige Satelliten sind für Telekommunikation, zur Wetterbeobachtung oder im Auftrag der Militärs unterwegs.
Doch immer wieder versagen die High-Tech-Geräte – die Software spielt verrückt, der Treibstoff geht aus oder der Trabant kommt nach einer Kollision vom Kurs ab. Weltraumschrott ist zu einer ernsthaften Bedrohung geworden. „Bisher gibt es keine Systeme, solche Satelliten einzufangen und kontrolliert herunterzuholen“, sagt Hintze. Wann so etwas in der Praxis klappt, weiß niemand.
Die geplante Weltraum-Haftung soll wohl eher als Signal an private Investoren zu verstehen sein, nicht nur auf Gewinne, sondern auch auf Risiken und Folgen der Geschäfte im All zu achten. „Wir brauchen klare Regeln auf europäischer und internationaler Ebene“, so Brüderle. Grundsätzlich will der Staat aber Investoren einladen, gemeinsam die immensen Kosten für Raumfahrtprojekte zu stemmen.
Denn in Zeiten weltweiter Wirtschafts- und Währungskrisen sitzt im Westen das Geld für die Forschung nicht so locker. Zwar steigt der deutsche Raumfahrtetat bis 2014 um 200 Millionen auf 1,4 Milliarden Euro. Doch für den großen Traum vieler Forscher langt es nicht – eine bemannte Mond-Mission wurde aus Kostengründen gestrichen.
Irgendwie wäre bemannte Raumfahrt auch schön
Hintze ist traurig darüber, setzt aber alternativ auf eine mögliche große ESA-Mission, um mit Robotern den Südpol des Mondes zu untersuchen. Auch Brüderle stellt die Raumfahrt mit Astronauten nicht grundsätzlich infrage – sonst seien irgendwann nur noch Amerikaner, Russen, Chinesen oder Inder im Spiel. „Europa wäre schlecht beraten, die Option bemannte Raumfahrt aufzugeben.“
Eine Alternative gibt es noch – sollte Brüderle und Hintze bald die große Sehnsucht nach den unendlichen Weiten des Weltalls packen, könnten sie sich beim britischen Milliardär Richard Branson ein Ticket kaufen. Der schillernde Unternehmer will ab 2012 mit seiner Weltraumfähre „SpaceShipTwo“ Touristen ins All schießen – für etwa 150 000 Euro, hin und zurück.
Tim Braune (dpa)