Koblenz – Tausende Menschen haben in Koblenz für den Erhalt der Seilbahn über den Rhein demonstriert. „Wir wollen beides: Die Seilbahn und das Welterbe. Beides ist für Koblenz und das Land Rheinland-Pfalz gut“, sagte Innenminister Roger Lewentz (SPD) am Freitag bei der Demo vor der Talstation der Bahn.
Dichtes Gedränge vor der Bühne an der Talstation: Auf 3500 schätzten die Veranstalter die Teilnehmerzahl der Demonstration. "Die Seilbahn muss bleiben!" - Der Sprechchor der Schüler war auf dem gesamten Demo-Areal nicht zu überhören. Innenminister Roger Lewentz bei seiner Ankunft. So ein Gedränge herrscht selten am Rheinufer. Dutzendfach wurden die Seilbahn-Plakate der Rhein-Zeitung emporgereckt. "Pro Seilbahn" war auf den Plakaten der Dehoga zu lesen. Welterbe und Seilbahn gehören zusammen, betonte Roger Lewentz in seiner Rede Renate Strunk mit dem vielleicht kreativsten Plakat der Demo. Zukunftsprojekt Seilbahn: Die Grundschule Wallersheim demonstriert farbenfroh für die Seilbahn. "Seit Tagen haben sich die Kinder auf die Demo vorbereitet und Plakate gemalt", sagt Schulleiterin Nicole Adams. Dennis, Daniel, Jonas und Nico vom Gymnsaium Asterstein: Eigentlich wollten sie nur für die Klassenfahrt einkaufen, haben dann aber doch das Plakat eingepackt und sind zum Deutschen Eck. "Wir sind auch für die Seilbahn - auch wenn die Demo schon vorbei ist!" RZ-Multimedia-Reporterin Jennifer de Luca interviewt Innenminister Roger Lewentz. "Normalerweise bin ich kein Demonstrant. Aber heute ist es wichtig, dass man sich bekennt. Ohne Seilbahn kann die Festung dichtmachen" findet Peter Ponsens aus Vallendar, der seine Mitbürger auffordert, Jahreskarten für Seilbahn und Festung zu kaufen. "Wir würden auch demonstrieren", sagen Angela Meier (rechts) und Marianne Rose aus Berlin, die gerade eine Mittelrhein-Rundreise unternehmen, Waren erst skeptisch gegenüber der Seilbahn und nutzen jetzt eifrig ihre Dauerkarte: Brigitte und Johannes Schmitt aus Niederberg. Auch der siebenjährige Lance demonstrierte mit. Innenminister Roger Lewentz verlässt die Demo mit RZ-Chefreporterin Ursula Samary. Mike und Monticello aus Detroit finden "Die Seilbahn ist die beste Erfindung seit geschnittenem Brot und es wäre schade sie zu opfern. Denkmalschutz und der Erhalt der Seilbahn mussten sich ausgleichen lassen." Viktor und Alfrede Klasen wohnen seit langem in der Koblenzer Altstadt und hatten sich früh einen guten Platz bei der Demo gesichert.
Veranstalter der Demonstration waren der Verein Freunde der Buga und der Koblenzer Kreisverband des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga). Sie sprachen laut Polizei von rund 3500 Teilnehmern. Mit der Aktion sollte ein Zeichen in Richtung Unesco gesetzt werden. Diese wird in der kommenden Woche bei einer Tagung in Kambodscha voraussichtlich über die Zukunft der zunächst nur bis Herbst 2013 genehmigten Seilbahn über den Rhein entscheiden.
Kulturstaatssekretär Walter Schumacher will in Kambodscha für die Seilbahn werben
Denkmalschützer halten die für die Bundesgartenschau 2011 gebaute Bahn zwischen der Altstadt und der Festung Ehrenbreitstein für nicht vereinbar mit dem Welterbetitel des Oberen Mittelrheintals. Der Internationale Rat für Denkmalpflege (Icomos) empfahl der Unesco, gegen einen Dauerbetrieb zu stimmen. Die Stadt, das Land, alle Landtagsfraktionen und viele Koblenzer wollen aber, dass sie weiterfährt. Zur Tagung in Kambodscha wird Kulturstaatssekretär Walter Schumacher (SPD) reisen, um dort für die Bahn zu werben.
Lewentz betonte vor den Protestierenden, von den 446 000 Besuchern der Festung Ehrenbreitstein im vergangenen Jahr seien viele mit der Seilbahn gekommen. Insofern sei sie auch nach der Buga noch „eine echte Erfolgsgeschichte“.
Hoffmann-Göttig: Bahn stört das Welterbe nicht, sondern stellt es heraus
Der Koblenzer Oberbürgermeister Joachim Hofmann-Göttig (SPD) sagte, die Bahn störe das Welterbe nicht, sie stelle es vielmehr deutlich heraus. Der Unesco signalisierte er Gesprächsbereitschaft für mögliche Kompromisse. Denkbar sind etwa bauliche Veränderungen an der Berg- und Talstation.
Gleichzeitig warnte das Stadtoberhaupt die Unesco vor einem voreiligen Nein. „Das würde hier niemand verstehen.“ Ein negatives Votum wäre ein herber Rückschlag für die Akzeptanz des Welterbes, sagte er unter dem Jubel der Demonstranten. Diese hielten Schilder in die Höhe, auf denen Sprüche wie „Weltkulturerbe bleibt Weltkulturerbe – auch ohne Unesco“ oder „Unsere Seilbahn verbindet“ standen.
„Das Welterbeprädikat darf nicht Stillstand bedeuten“, ließ der Koblenzer CDU-Bundestagsabgeordnete Michael Fuchs mitteilen. Es sei für Bürger und Investoren abschreckend, wenn über jeder Entwicklungsmaßnahme das Damoklesschwert der Unesco hänge. Die rheinland-pfälzische CDU-Chefin Julia Klöckner sagte laut Mitteilung: „Die Seilbahn gehört zu Koblenz, die Seilbahn ist ein Gewinn, und das neue Wahrzeichen sollte auch mit dem Weltkulturerbe vereinbar sein.“
Musikalisch untermalt wurde die Kundgebung von klassischer Musik der Rheinischen Philharmonie aus Koblenz, die spontan für einen Auftritt vorbeigekommen war. Uraufgeführt wurde über Lautsprecher zudem ein eigens komponiertes Seilbahnlied im Schlagerstil. „Flieg' mit mir über den Rhein, wie ein Adler so frei“, lautet der Text. Der Verein Freunde der Buga überreichte Hofmann-Göttig zudem die 100 000. Unterschrift für die Seilbahn.