Handball: Weicht der Hessische Verband bald das Haftmittelverbot in den Oberligen auf? Auf die Ardecker kämen Mehraufwand und hohe Kosten zu
Dem TuS Holzheim droht ein Harz-Problem
Mit Harz verklebte Bälle gab es im hessischen Spielbetrieb in den vergangenen Jahren nicht. Das könnte sich zur kommenden Saison in den Oberligen ändern. Foto: René Weiss
Weiss

Diez/Holzheim. Das Thema begleitet den Hessischen Handball-Verband schon seit Jahren und scheint jetzt ein weiteres Mal auf den Tisch zu kommen: Das hessenweit geltende Haftmittelverbot könnte zur Saison 2021/22 aufgeweicht werden. Im Rahmen einer Videokonferenz des Handballbezirks Wiesbaden-Frankfurt erfuhren die Vereinsvertreter, dass der HHV den Stein des Anstoßes offenbar einmal mehr ins Rollen gebracht hat. Das Präsidium plante bereits für die Spielzeit 20/21 für Oberliga- und Auswahlmannschaften das Haftmittelverbot auszusetzen, sah davon jedoch ab.

Jetzt können sich Oberligisten von der B-Jugend bis zu den Senioren möglicherweise doch darauf einstellen, mit Unterstützung der klebrigen Substanz an den Fingern eine bessere Ballhaftung in den Händen und andere Möglichkeiten bei Drehwürfen zu haben. Dafür muss der Halleneigner der Nutzung zustimmen und ein Haftungsausschluss gegenüber dem HHV bestehen. Hinter den Gedanken steckt nicht nur der Aspekt, Jugendspielern den Übergang in den Seniorenbereich in höheren Spielklassen zu vereinfachen, anstatt sie mit einer großen Umstellung zu verbinden. Auch die Abschneiden beim Deutschland-Cup, der Vergleich der Verbandsauswahlen in Berlin, dessen Abschlussranking mit Fördermitteln verbunden ist, spielt eine Rolle.

Die Verantwortlichen des TuS Holzheim haben zu dieser Thematik bereits mit dem Träger ihrer Heimspielstätte, dem Diezer Sportzentrum, Kontakt aufgenommen. Die Verbandsgemeinde Diez sah eine Haftmittelfreigabe schon damals kritisch, würde diese lediglich erlauben, wenn der TuS eine makellose Reinigung gewährleistet. Eine Arbeit, die jeweils nach Training und Spieltag anstünde und die neben großem Mehraufwand auch erheblichen finanziellen Aufwand bedeutet. Im Rahmen des Freundschaftsspiels des Erstligisten HSG Wetzlar gegen Drittligist HSG Nieder-Roden in Diez stellte sich der TuS dieser Herausforderung bereits einmal und musste seiner Zeit einen hohen dreistelligen Betrag für eine Reinigungsmaschine hinblättern. Die Reinigung wäre zwar auch per Hand zu erledigen, würde sich dann jedoch zu einem enorm zeitraubenden Unterfangen entwickeln.

Die aktuell einzige betroffene Mannschaft wäre die männliche A-Jugend von der Burg Ardeck. Trainer Heiko Ohl spricht sich für eine Aufhebung des hessischen Haftmittelverbotes aus: „Nur so lässt sich der Handballsport auf höherer Ebene fortführen.“ Ohl hofft, dass sich eine Möglichkeit ergibt, auch im Diezer Sportzentrum sowohl im Trainings- als auch Spielbetrieb Haftmittel nutzen zu dürfen. „Über eine Ablehnung möchte ich gar nicht nachdenken.“

Diese würde schließlich auch im direkten Vergleich mit Klassenkonkurrenten, die in ihren Hallen „harzen“ dürfen, einen Wettbewerbsnachteil bedeuten. „Die Mannschaft müsste sich vom Training zu einigen Auswärtsspielen erheblich umstellen“, befürchtet Heiko Ohl Anpassungsprobleme. Sein Vater, das Holzheimer Handball-Urgestein Gunter Ohl, erinnert sich an ein Testspiel vor einigen Jahren, als er den ältesten Nachwuchs noch betreute, bei der HSG Dutenhofen/Münchholzhausen: „Wir hatten keinerlei Kontrolle über den verklebten Ball, der bei unseren Pässen überall hingeflogen ist, aber nicht dort, wo er hingehen sollte.“

Manche rheinländische Vereine kennen die Situation zu Genüge. Der TV Bad Ems zum Beispiel kann ein Lied davon singen. Die Kreisstädter dürfen in der Silberauhalle keine Haftmittel verwenden und müssen sich bei einigen Auswärtsspielen dem Erfahrungsvorteil der Gastgeber entgegenstemmen.René Weiss