Mainz – Die jüdische Gemeinde in Mainz hat wieder ein Zuhause. Am 3. September wird die Synagoge in der Neustadt eingeweiht. Und der beeindruckende Bau verzaubert die Mainzer von Anfang an. Beim Tag der offenen Tür am Sonntag, 5. Sptember, schauen sich mehr als 11 000 Besucher das architektonische Meisterwerk an.
Zu der Eröffnung selbst kommen 500 Ehrengäste, mit dabei sind Bundespräsident Christian Wulff, die noch amtierende Präsidentin des Zentralrats der Juden, Charlotte Knobloch, und der israelische Botschafter Yoram Ben-Ze’ev.
Nach genau 98 Jahren steht damit in Mainz nun auf dem Platz der alten Hauptsynagoge, die 1938 von den Nationalsozialisten zerstört worden war, der Bau des Kölner Architekten Manuel Herz. Von außen ist die zehn Millionen Euro teure Synagoge mit grün-blauen Kacheln versehen. Einen „kühnen Bau“ nennt Knobloch das längliche Gebilde, welches das hebräische Wort „Kedusha“ ergibt, was segnen, heiligen oder erhöhen bedeutet. Innen finden sich auf zwei Etagen ein Gebetsraum, eine Bibliothek, ein Veranstaltungssaal und ein Wohnraum für einen Rabbi, den sich die Gemeinde noch sucht.
Rund 1000 Mitglieder zählt die jüdische Gemeinde in Mainz. Fast 50 Jahre hat es gedauert, bis nach vielen Überlegungen eine Synagoge in der Landeshauptstadt geplant und gebaut wurde. Die Vorsitzende der jüdischen Gemeinde in Mainz, Stella Schindler-Siegreich, hofft auf einen „Neuanfang“. Dazu setzt sie auf den Dialog mit den Kirchen: „Wir hoffen, dass wir unsere Kontakte weiter vertiefen können.“
Umso größer ist der Schock, als zu Halloween ein Brandsatz an dem Gebäude abprallt. Politiker aus der ganzen Republik verurteilen den vermeintlichen Anschlag. Wochen später entschuldigt sich ein Unbekannter in einem anonymen Brief: Der Molotowcocktail habe nicht dem Gotteshaus gegolten, sondern sollte den Baum vor dem Gebäude treffen. Für die jüdische Gemeinde sitzt der Schreck tief. Doch es ist ihr seither wichtiger denn je, sich nicht einschüchtern zu lassen. Statt sich abzuschotten, bietet die Gemeinde weiter Konzerte und Lesungen in der Synagoge an, die gut besucht sind. Und das Interesse an der Synagoge ist ungebrochen. Zum zweiten Tag der offenen Tür Anfang November kommen wieder Tausende, die das Gebäude bewundern und sich über die jüdische Gemeinde informieren. Anna Kröning