Der gebürtige Staudter hatte den großen Traum, mit dem Braunschweiger TSC in der eigenen Stadt und vor heimischem Publikum Weltmeister zu werden. Es sollte der krönende Abschluss seiner Laufbahn als Leistungstänzer werden. Obendrein ging es für ihn und seine Mannschaft darum, die offene Rechnung mit dem amtierenden Titelträger aus Russland zu begleichen. Alles war angerichtet für das große Duell, ehe Corona auch diesen Plan zerstörte. Ist in der Pandemie vielleicht manche Entwicklung absehbar, kam in diesem Fall der große Knall gerade einmal 48 Stunden vor dem ersten Tanz.
„Dieses Jahr war vieles besonders, schon allein der Umstand, dass wir mit einer neuen Musik und neuen Choreografie auf die Fläche gehen konnten“, erzählt Metz. Die Generalprobe drei Wochen vor dem WM-Termin lief perfekt, in Bremerhaven wurde der BTSC Deutscher Meister, „mit einer herausragenden Leistung“, wie der Staudter sagt. Die Voraussetzungen waren außergewöhnlich, viel besser noch als vor vier Jahren. Damals, 2017, als der Westerwälder mit der Braunschweiger Formation die Bundesliga gewann, sich dadurch für die Weltmeisterschaft – ebenfalls in der eigenen Stadt – qualifizierte, bei der DM in Bremen dann vorab „nur“ Dritter wurde und sich schließlich bei der WM um die Winzigkeit von 0,18 Punkten geschlagen hinter dem russischen Team aus Tyumen als Vizeweltmeister einreihen musste.
„Dieses Jahr am selbem Ort und an selber Stelle hätte es die Revanche gegeben – und wir waren top vorbereitet“, ist Metz überzeugt. „Tyumen wäre auch mit einer neuen Choreografie nach Braunschweig gekommen. Die hatte ich bereits im Frühjahr im Livestream des russischen Nationalentscheids gesehen und wusste: Das ist schlagbar.“
Anfang der vergangenen Woche überschlugen sich dann die Ereignisse. In Deutschland nahm die Verschärfung der Maßnahmen im Kampf gegen die Corona-Pandemie immer konkretere Formen an. „Da war dann schon klar, dass Russland nicht kommen darf“, erzählt Metz. Die 2G-Regel und Sputnik als Impfstoff in der EU nicht zugelassen – aus war er, der Traum von der Titelverteidigung. Doch nicht nur das. Das Aus des großen Konkurrenten war auch ein Schlag für das Braunschweiger Team. „Das war schon deutlich demotivierend. Sportlich war die Meisterschaft nicht viel Wert, wenn der Titelverteidiger nicht am Start ist“, erklärt Metz, warum das Fehlen des größten Konkurrenten keinerlei Gefühl der Freude in ihm weckte.
Mitte der Woche habe er dann aber den Punkt erreicht, an dem ihm die äußeren Rahmenbedingungen plötzlich egal gewesen seien, berichtet der Westerwälder, der berufsbedingt inzwischen in Reinheim bei Darmstadt lebt und für jedes Training knapp 400 Kilometer auf sich nimmt – einfache Strecke.
„800 Kilometer jedes Wochenende. Freitags nach Braunschweig, sonntags zurück“, gibt er Einblick in den Alltag eines Leistungstänzers, für den es nicht mehr gibt als einen kleinen Zuschuss für den Sprit. Wenn Trainingslager unter der Woche anstanden, wurde zusätzlich mobil gearbeitet. All das nahmen Metz und seine Teamkollegen gerne auf sich. Alles für diesen einen Moment, in dem sich die Scheinwerfer auf sie richten und die Musik einsetzt. Den Dämpfer, dass es nicht zum großen Duell gegen den Weltmeister aus Russland kommen wird, verdrängten der Staudter und seine Mannschaft allmählich. „Wir konnten es ja eh nicht beeinflussen“, sagt Metz. „Und ich als Tänzer habe ja mehr auf der Checkliste, als nur ein Turnier zu tanzen. Wir wollen mit unserer Performance einfach überzeugen und Emotionen entfachen, das Publikum begeistern.“ Das sei ihm dann 1000 Mal mehr wert gewesen als das Turnier selbst, die Weltmeisterschaft also.
Eine WM, zu der es dann gar nicht mehr kam. „48 Stunden vorher entscheidet die Stadt, die Veranstaltung nicht zu genehmigen“, ist der Westerwälder noch immer fassungslos. Denn es seien Gründe ausschlaggebend gewesen, die auch in der Woche zuvor zur Absage hätten führen können. „Das ist für mich und für uns als Mannschaft unverständlich“, meint Metz.
Unglaublich und tröstend zugleich: Während die WM in Braunschweig abgesagt wurde, gab es 80 Kilometer entfernt in Magdeburg eine Show, bei der die Formation des BTSC tanzen durfte. Dabei ging es nicht um Titel, nicht um Medaillen. Doch Metz und Co. hatten die Chance, als Mannschaft zusammenzubleiben. Das brauche man nach der Enttäuschung, „zum Verarbeiten“, sagt der Staudter. „Und um uns genau das abzuholen was unseren Sport so auszeichnet: Applaus.“ Das war ein Trost, immerhin. Mit der ausgefallenen WM habe er aber immer noch nicht abgeschlossen, sagt Metz. Es bleibt das Gefühl, das sich am besten in einem einzigen Wort ausdrücken lässt.