Lauffreunde Brohltal können traditionelle und aufwendige Veranstaltung nicht mehr stemmen - Premiere fand 1979 statt, Rekordjahr war 2003
Aus für den Silvesterlauf in Wehr: Lauffreunde Brohltal können Event nicht mehr stemmen
Mit dem 12 Uhr-Glockenschlag wurden beim Wehrer Silvesterlauf stets die Teilnehmer des Hauptlaufs auf den Rundkurs geschickt.
Hans-Josef Schneider

Wehr. Einen Silvesterlauf in Wehr wird es künftig nicht mehr geben. Kürzlich wurde das endgültige Aus der Veranstaltung besiegelt. Dabei erfreute sich dieses sportliche Highlight der Lauffreunde Brohltal stets einer großen Stammkundschaft aus Nah und Fern, wie ein kurzer Rückblick auf das Jahr 2004 eindrucksvoll beweist.

Mit dem 12 Uhr-Glockenschlag wurden beim Wehrer Silvesterlauf stets die Teilnehmer des Hauptlaufs auf den Rundkurs geschickt.
Hans-Josef Schneider

Sechshundert beim Silbernen Silvesterlauf lautete die Schlagzeile zur 25. Veranstaltung. Eine nicht enden wollende Schar von Volksläufern und Walkern schlängelte sich zur Mittagszeit des Silvestertages durch die Gassen von Wehr, um das Jahr sportlich zu verabschieden. Mit dabei waren 618 Teilnehmer, einige weniger als im Rekordjahr 2003.

Motive und Interessen der Teilnehmer waren stets unterschiedlicher Natur. 2004 ging Hans Schneider von der LG Laacher See, der bei fast allen 25 Silvesterläufen mit von der Partie war, schon auf die 70 zu und begnügte sich mit der 5000-Meter-Variante. Christian Schindlatz aus Sinzig, viermaliger Gewinner des Hauptlaufes und Vorjahreserster, war mit dem Ziel ins Brohltal gereist, sich erneut in der Siegerliste zu verewigen. Thomas Retterath und Guido Gabriel aus Kempenich fassten den 10 600-Meter-Lauf eher als eine Trainingseinheit auf, während die meisten Walker die Sache ruhig angehen ließen und unterwegs noch Zeit und Muße zu einem Schwätzchen fanden.

Ex-Vorsitzender Josef Wagner, der alle 25 Silvesterläufe miterlebte, freute sich vor 17 Jahren über die anhaltend hohe Akzeptanz des Silvester-Spektakels im Wehrer Kessel. „Lediglich das Wetter machte uns seit 1979 einige Male einen Strich durch die Rechnung, ansonsten können wir uns nicht beschweren. Gegenüber anderen Veranstaltungen verlief die Kurve bei uns kontinuierlich nach oben.“ Und auf die wachsende Läufergemeinde haben sich die Lauffreunde Brohltal eingestellt. „1979 reichte noch eine Stoppuhr“, sagte Peter Gilles. Beim Jubiläumslauf waren hochmoderne Responder (Zeitmessbänder) im Einsatz, PC und Drucker spuckten kurz nach Zielankunft der Letzten die Ergebnislisten aus.

So ging es weiter bis 2019. Dann kam Corona. Im Vorjahr musste daher schweren Herzens erstmals auf die Austragung verzichtet werden. Wegen steigender Inzidenzzahlen stand die diesjährige Austragung auf der Kippe. Zu dieser Unsicherheit gesellte sich noch ein weitaus größeres Problem: Die Lauffreunde Brohltal fühlten sich nicht mehr in der Lage, eine solch aufwendige Laufveranstaltung mit eigenen Leuten zu stemmen.

Nach dem 12 Uhr-Glockenschlag absolvierten die Läufer aufgereiht in einer Perlenschnur dann die ersten Kilometer des Wehrer Silvesterlaufs.
Hans-Josef Schneider

Zudem zeichneten sich Veränderungen im Führungsgremium des Vereins ab. In der Jahreshauptversammlung wurde schließlich beschlossen, den Silvesterlauf in Wehr nicht weiter fortzuführen. „Angesichts der langen Tradition dieser Veranstaltung war es ein schwerer Schritt, die Entscheidung ist uns daher nicht leicht gefallen“, betont der neu gewählte Vorsitzende Harald Rörig. „Doch erst wegen des Wegfalls wurde es möglich, den Vorstand neu zu besetzen und den Verein am Leben zu erhalten. Wir konzentrieren uns jetzt auf unser vorrangiges Ziel, den Lauftreff zu erhalten und weiterhin Laufen in Gemeinschaft zu ermöglichen.“

Also zurück zu den Wurzeln, denn mit Lauftreffs hat es seinerzeit angefangen. Als Jogging und Laufbewegung noch in den Kinderschuhen steckten, trafen sich die Lauffreunde Brohltal schon regelmäßig zum gemeinsamen Laufen. Seit 1985 sind sie ein eingetragener Verein, seit 1991 Mitglied in der Kreis-Leichtathletik-Gemeinschaft und im Leichtathletikverband Rheinland. Anfangs fanden drei Wettkämpfe im Jahr statt: Pfingstlauf in Wehr, Sportfest am 1. Mai in Niederzissen und eben der Silvesterlauf. In den beiden zurückliegenden Jahrzehnten konzentrierte man sich nur noch auf den Silvesterlauf.

Josef Wagner war seinerzeit der Hauptinitiator und stand über zwei Jahrzehnte an der Spitze des Vereins, ehe 2004 Lars Bersheim den Vorsitz übernahm. Von nachlassender Bereitschaft zum Ehrenamt blieben auch die Lauffreunde Brohltal nicht verschont. So mussten bei der jüngsten Jahreshauptversammlung fünf Vorstandsposten neu besetzt werden. Gewählt wurden Harald Rörig zum Vorsitzenden, Albert Mendritzki zu seinem Stellvertreter, Mario Schlesiger zum Schriftführer, Birgit Beck führt die Kasse, Sportwart ist Dirk Schneider.

Die Teilnehmer des Wehrer Silvesterlaufs trotzten sämtlichen Witterungen und ließen sich auch nicht von Eis und Schnee aufhalten.
Hans-Josef Schneider

„Derzeit haben wir über 50 Mitglieder, zwischen 10 und 20 davon sind regelmäßig aktiv. Laufsport ohne Leistungsgedanken haben wir uns auf die Fahnen geschrieben. Dreimal in der Woche finden Treffs in Niederzissen und Wehr statt, bei denen wir gemeinsam unserem Hobby nachgehen“, berichtet Rörig. „Um noch mehr Gleichgesinnte zu treffen, fahren wir regelmäßig zu Volksläufen, um uns dort mit anderen zu messen.“

Montags ab 11 Uhr absolvieren die sogenannten „Alten Herren“ in Wehr ihre Laufeinheit. Dabei handelt es sich um eine Aktion, die einst von Ludwig Forster ins Leben gerufen wurde. Mittwochs ab 18 Uhr werden im Heubachstadion in Niederzissen Runden gedreht. Im Sommer freitags um 18 Uhr, im Winter samstags um 10 Uhr trifft man sich am Laacher Kopf – dort wo 40 Jahre lang an Silvester Hunderte von Läufern und Walkern das Jahr sportlich ausklingen ließen.