Rheinland-Pfalz. Wie wird sie sein, die Halbschwester des mächtigsten Mannes der Welt? Auma Obama beantwortet die Frage wenige Minuten später selbst, als sie das Favorite Parkhotel in Mainz betritt.
Obwohl sie eine kleine Frau ist, gehört sie zu den Menschen, die sofort die Temperatur in einem Raum verändern, die zum Energiepol werden. Lächelnd tritt sie vor die Mitglieder des rheinland-pfälzischen Wirtschaftsrats, einer CDU-nahen Unternehmer-Organisation. Auma Obama ist schlicht, aber elegant gekleidet: schwarze Hose, schwarzes Top, beiges Jackett, beige Kette und Dreadlocks (Filzlocken), eine typisch afrikanische Haartracht. Eine fast alterslos schöne 50-jährige Afrikanerin.
Nach Mainz ist sie gekommen, um mit viel Elan für ihre Arbeit zu werben. Eine Mission, die sie seit 2006 mit der internationalen Hilfsorganisation Care verbindet. Dort macht sie sich für arme Kinder vorrangig in ihrer Heimat Kenia, aber auch vielen anderen Ländern wie Ägypten und Bangladesch stark. Ihr Projekt: „Sport für sozialen Wandel“. Kinder und Jugendliche werden in Elendsvierteln durch Bewegungsangebote von der Straße geholt. In einem zweiten Schritt ermöglicht Care ihnen Bildung und Ausbildung.
Keine Zeit um Spielen
„Sport und Spiele benutzen wir als Köder, damit Kinder und Jugendliche auf uns aufmerksam werden“, sagt Auma Obama, die in Nairobi aufgewachsen ist. „Viele Kinder in Afrika spielen nicht, sie haben schlichtweg keine Zeit dafür, weil sie von frühester Jugend an mithelfen, dass bei ihrer Familie mittags etwas auf dem Tisch steht oder weil sie sich um ihre vielen Geschwister kümmern müssen“, schildert sie ihre Erfahrungen.
Dann erzählt sie die Geschichte eines Mädchens, dass – noch fast ein Kind – in Kenia gegen ihren Willen verheiratet werden sollte. „Die Familie war arm und eine Heirat hätte sie entlastet.“ Deshalb entschied sich der Vater für diesen Schritt. „Die Mutter stimmte zu, weil sie keine Alternative sah, doch eigentlich war sie dagegen“, schildert Auma Obama den Fall, der stellvertretend für so viele andere steht. „Wir konnten den Vater überzeugen, dass sich seine Tochter einmal selbst ernähren und die Eltern unterstützen kann, wenn sie weiter zur Schule geht.“ Ein Stipendium sorgte für finanziellen Rückhalt. Die ältere Halbschwester des US-Präsidenten meint stolz: „Inzwischen ist das Mädchen soweit, dass es ein Studium beginnt.“
Auma Obama hat in ihrem Leben selbst viel Hilfe erfahren. Als Tochter des Regierungsbeamten Barack Obama senior wuchs sie in Kenia in einer Familie mit zehn Geschwistern und Halbgeschwistern auf. Schon früh begeisterte sie sich für sozialkritische deutsche Schriftsteller wie Heinrich Böll oder Wolfgang Borchert.
In Deutschland studiert
Ein Stipendium gab ihr die Chance, 1980 Germanistik und Soziologie in Saarbrücken, Heidelberg, Berlin und Bayreuth zu studieren. Ihre Promotion schrieb sie über „Arbeit und Haltung zur Arbeit in Deutschland und Kenia“.
Ihren berühmten Halbbruder lernte sie mit 24 kennen, als dieser als Sozialarbeiter in Kenia arbeitete. Seitdem ist der Kontakt nie mehr abgerissen. Die Geschwister reisten später durch Afrika, um die gemeinsame Familiengeschichte aufzuarbeiten. Und 2008 engagierte sich Auma Obama im Wahlkampfteam ihres Bruders.
In einem Interview hat die kenianische Intellektuelle einmal bekannt, dass sie bei der ersten Begegnung mit ihrem jüngeren Bruder Angst hatte. „Was ist, wenn wir uns unsympathisch sind und oberflächlich bleiben?“, fragte sie sich. Doch dann schwanden die Distanzen schneller als erwartet: „Es war ganz einfach. Und eine große Gemeinsamkeit ist sicher, dass wir beide an einen positiven sozialen Wandel glauben.“
Auf Obamas berühmten Satz „Yes we can“ erhebt übrigens eine kenianische Jugendinitiative Anspruch. „Sie kamen aufgeregt zu mir und zeigten mir T-Shirts mit diesem Aufdruck. Das ist unser Motto, dass musst du deinem Bruder sagen“, so Auma Obama.
Der Name öffnet Türen
Im Gespräch mit unserer Zeitung beschreibt die warmherzige Afrikanerin das Verhältnis zu ihrem Bruder als liebevoll: „Er fragt nach mir, er sorgt sich um mich, er will von meiner Arbeit wissen.“ Der große Namen hilft ihr, anderen zu helfen: „Dadurch werden mir viele Türen geöffnet. Das ist ein Segen für mich“, sagt sie und lacht.
Von unserem Redakteur Dietmar Brück