Regionalsport Süd
Aufmerksamkeit für Geist, Leib und Seele

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Fußball – Sport und Religion sind zwei Eckpfeiler unserer Gesellschaft. Sport und Kirche haben viele Gemeinsamkeiten. Davon ist Edgar Braun aus Wallhausen nicht nur überzeugt, er lebt diese Überzeugung jeden Tag, wenn er die Kirche, ein Haus oder den Sportplatz betritt. Der 64-Jährige ist Diakon im Pfarrbezirk Bad Kreuznach und Fußball-Schiedsrichter. „Beides hat mit Menschen zu tun. Und damit mit der frohen Botschaft, in der es doch vor allem darum geht, Menschen zusammenzuführen“, sagt er mit Blick auf das bevorstehende Weihnachtsfest.

Die Verknüpfung Kirchenvertreter und Sportler ist eine ungewöhnliche – für den Katholiken Braun aber Alltag und immer wieder schön. Beispielsweise, wenn er in der Kreisklasse zum Kreuznacher FC kommt. „Der KFC ist ein Familienverein. Dort fragen sie mich beim Spiel schon mal, ob ich wieder ein Neugeborenes in der Kirche aufnehmen kann“, erzählt Braun. Den Wunschtermin der Taufe notiert er sich dann kurzerhand auf seiner Schiedsrichter-Karte. „Zuletzt hat mich in Mainz sogar ein türkischer Spieler angesprochen: Ich kenne Sie. Sie sind bei der Kirche. Über solche Kontakte freue ich mich natürlich sehr.“

Auch bei den Spielleitungen ist sein kirchlicher Hintergrund unübersehbar. Seine Maxime: „Ich versuche unauffällig zu agieren, aber da zu sein, wenn es notwendig ist. Zudem bemühe ich mich, alles zu sehen, aber nicht alles zu hören. Wenn mich aber mal ein Spieler beleidigt, dann schnappe ich ihn mir und gebe ihm im Vier-Augen-Gespräch die Möglichkeit, sich bei mir zu entschuldigen. Das haben bisher alle gemacht. Und von diesen Spielern habe ich anschließend nichts mehr gehört.“ Bei üblen Fouls hört das Verständnis für die Sportler allerdings auf. „Da muss die Regel konsequent angewandt werden“, findet er.

Seine Erfahrungen mit der Pfeife sammelt er bereits seit 1967. Mitte und Ende der 70er-Jahre schaffte er es als Assistent gar bis in die Zweite Bundesliga. Der Sprung als Schiedsrichter auf diese Ebene scheiterte an einer beruflichen Veränderung. Braun arbeitete bei der Landesbank Rheinland-Pfalz in Mainz als Bankkaufmann, ehe er sich entschied, eine Kirchen-Laufbahn einzuschlagen – zunächst als ehrenamtlicher Diakon. Später hängte er den Job als Banker an den Nagel, studierte in Trier katholische Theologie und wurde 1981 hauptamtlicher Diakon. „Die Entscheidung war damals nicht einfach, schließlich waren schon drei unserer Kinder geboren. Aber ich habe diese Entscheidung nie bereut. Es war eine hervorragende Entscheidung“, erklärt Braun im Rückblick. Und das nimmt man ihm ab, wenn er über seine Arbeit, seine Passion spricht: Das Zelebrieren von Gottesdiensten gehört genauso dazu wie Familienberatung, Taufen, Hochzeiten und Trauerfeiern. Im Pfarrbezirk Bad Kreuznach ist Braun der Mann für alle sozialen Fälle, kümmert sich um viele Bedürftige, vertritt die kirchlichen Belange auch im Sozialausschuss der Stadt. Seine Termine stimmt er aber stets mit seinen Schiedsrichter-Verpflichtungen ab. „Die meisten Kollegen feiern ihre Taufen um 14.30 Uhr. Bei mir beginnen sie dagegen schon um 12.30 Uhr oder 13 Uhr, damit ich anschließend noch mein Spiel pfeifen kann.“

Nach dem Studium in Trier und der damit verbundenen Pause auf den Spielfeldern wollte Braun gerne den Status des Zweitliga-Referees zurück, „doch ich war zu alt für diese Klassen“, wie er heute mit einem Hauch von Ironie feststellt. So tummelt er sich seit knapp 30 Jahren in den Klassen bis zur Bezirksliga. Seine Leistungsprüfung legt Braun jedes Jahr ab und zählt stets zu den schnellsten und besten Absolventen. Selbst jüngere Kollegen erkennen die Fitness des 64-Jährigen neidlos an, müssen sich auch schon mal auf der Zielgeraden überholen lassen.

Braun schwimmt viel, läuft und fährt auch bei den derzeit herrschenden Witterungsbedingungen Fahrrad – sein persönlicher Triathlon durchs Leben hat viele Facetten. So gehören auch jeweils 20 Minuten Frühsport (150 Seilsprünge) und Morgengebet mit seiner Frau zu den täglichen Gewohnheiten. Und wenn Schnee liegt, dann schaufelt er nicht wie jeder andere. Braun kommt seiner Räumpflicht nur mit kurzer Hose und T-Shirt bekleidet, also auch barfuß, nach. „So bleibt man fit“, sagt der Wallhäuser, und diese Fitness ist ihm unglaublich wichtig. „Seit frühester Kindheit habe ich mich für Sport interessiert und die eindeutige Erfahrung gemacht, dass ein sportlich fitter Mensch, etwas bewegen kann. Sportliche Menschen leben gesünder. Und aus einem gesunden Körper spricht auch ein kluger Geist.“

Für ihn ist der Sport, die Schiedsrichterei aber keine Einbahnstraße. „Der Sport gibt mir sehr viel. Aber ich gebe dem Sport als Schiedsrichter auch viel zurück. Das Amt des Schiedsrichters ist vergleichbar mit der Funktion des Spielers, Trainers, Betreuers, Vereins- oder Verbandsfunktionärs. Alle tun etwas dafür, dass der Fußballsport möglich ist.“ Braun engagiert sich auch bundesweit. 18-mal beteiligte er sich an einem einwöchigen Workshop des Arbeitskreises Kirche und Sport. Dabei betätigten sich die Teilnehmer in Münster sportlich, tauschten sich aber auch sehr intensiv aus, diskutierten beispielsweise mit dem Olympiapfarrer.

Nicht nur dort hat er die Erfahrung gemacht, dass viele gute Sportler eben mit Leib und Seele ihre Leidenschaft ausüben. Überhaupt sagt er im Brustton der Überzeugung: „Geist, Leib und Seele eines jeden Menschen brauchen Aufmerksamkeit.“ Da ist sie also wieder, die innige Verbindung zwischen Sport und Religion. Braun hat festgestellt: „Ich stehe als Sportler und als Kirchenmann ein. Wenn die Menschen sehen, dass ich eine vernünftige Leistung abliefere und mitten im Leben stehe, dann reduzieren sie mich nicht auf meine Kirchentätigkeit oder auf fromme Worte. Das ist ein wichtiger Verkündigungsaspekt.“