Mainz – Als Esther Bleise am Dienstagmorgen ihren E-Mail-Eingang checkte, fand sie unter anderem eine neue Nachricht von Andreas Klocke. Deren Inhalt: Klocke teilte mit, dass er von seinem Amt als Trainer der Zweitligabasketballerinnen des ASC Mainz zurückgetreten sei. „Ich dachte erst, ich seh' nicht richtig“, erzählt Bleise. „Mit so etwas hatte ich nicht gerechnet.“
Ähnlich wie der Aufbauspielerin dürfte es auch dem Rest des Teams gegangen sein. „Nach dem Gespräch am Montagabend hatte ich schon in irgendeiner Form eine Reaktion erwartet“, sagt Bleise. „Aber nicht das.“
Für Klocke jedoch, der am Dienstag nicht zu erreichen war, scheint das Gespräch am Montagabend der letzte Anlass für seinen Ausstieg gewesen zu sein. Denn: Dieses Gespräch führten die Vorstandsmitglieder Alexander Heidbrink und Ulrich Dünnes ausschließlich mit der Mannschaft. „Wir waren dazu nicht eingeladen“, berichtet Kotrainer Timo Kroke.
Zwar fand das Treffen nicht hinter dem Rücken der Coaches statt – „der Verein hat uns fairerweise darüber informiert“ -, gleichwohl interpretieren Klocke und Kroke dieses Vorgehen als Beleg dafür, dass der Verein kein Vertrauen mehr in ihre Arbeit hat. „Und das, nachdem wir gerade einmal zwei schlechte Spiele gemacht und verloren haben. Dass Andreas hier ansonsten seit drei Jahren hervorragende Arbeit macht, dass wir gerade unsere Nachwuchsspielerin Marie Kühnast-Krebühl zur Nachsichtung zur die Nationalmannschaft gebracht haben, wird nicht honoriert.“
Alexander Heidbrink hingegen hält den Dialog, den die Vereinsverantwortlichen mit der Mannschaft suchten, für normal. Dabei, so der Sportliche Leiter, gehe es weniger um die beiden jüngsten Zweitliganiederlagen an sich. Nach Siegen gegen Grüner Stern Keltern und in Sandhausen und Niederlagen gegen TS Herzogenaurach und in Bamberg weisen die ASC-Frauen eine ausgeglichene Bilanz aus. „Man kann darüber diskutieren, inwieweit dieser Start geglückt oder missglückt ist“, sagt Heidbrink. „Aber darum ging es uns gar nicht. Wir hatten vielmehr schon seit einiger Zeit das Gefühl, dass innerhalb der Mannschaft eine gewisse Unzufriedenheit herrscht, dass die Stimmung sich verschlechtert hat.“
Nur darum habe sich das Gespräch mit den Spielerinnen gedreht. „Die Trainer waren kein Thema“, versichert Heidbrink. „Weder wollten wir vom Team hören, dass die Trainer schuld sind, noch kamen aus der Mannschaft irgendwelche Vorwürfe in deren Richtung.“
Das bestätigen die Spielerinnen. „Nach den zwei verlorenen Spielen herrscht in der Mannschaft Unzufriedenheit“, sagt Kapitänin Julia Wenderoth. Unabhängig davon, dass der ASC-Kader nach den Abgängen von Nadine Grieb und Cornelia Berkhoff und dem verletzungsbedingten Ausfall von Maria Neufurth schwächer sei als vorige Saison, unabhängig auch von anderen unglücklichen Umständen „waren Herzogenaurach und Bamberg Gegner, die wir schlagen müssen“, sagt Wenderoth.
Schon vor dem Gespräch mit dem Vorstand habe sich die Mannschaft im Gespräch mit Klocke die Frage gestellt, „warum wir so deutlich unter unserem Leistungsvermögen spielen, was wir tun können, um das zu ändern und welche Unterstützung eventuell von der Bank kommen kann“. Dass die ASC-Frauen grundsätzlich noch wissen, wie Basketball geht, hatten sie vier Tage vor dem Bamberg-Spiel im Pokal gegen den Deutschen Meister TV Saarlouis eindrucksvoll bewiesen.
Laut Timo Kroke war der Montagabend nicht der einzige Grund, der Andreas Klocke zum Rückzug bewogen hat. „Es gab viele Situationen, in denen wir uns im Stich gelassen gefühlt haben“, beklagt der Kotrainer fehlende Unterstützung durch den Vorstand. Zum Beispiel habe der Verein inzwischen die gesamte Organisation der Zweitliga-Heimspiele der Mannschaft selbst und den Trainern aufgebürdet.
Und im Fall der Polin Joanna Semerda, die als Ersatz für die langzeitverletzte Maria Neufurth ans Theresianum kam, habe der Vorstand die zugesagte Unterstützung nicht eingehalten. „Man wollte sich für Joanna um einen Job kümmern“, sagt Kroke, „aber seit dreieinhalb Wochen ist nichts geschehen. Und das Geld, dass sie bislang als Fahrtkostenzuschuss und für Miete bekommen hat, habe ich aus meiner eigenen Tasche vorgestreckt.“
Peter H. Eisenhuth
Trainersuche: Bei der Suche nach einem neuen Trainer für die Zweitligafrauen steht der ASC unter Druck. „Wir haben das Problem, kurz nach Saisonbeginn einen Headcoch finden zu müssen“, sagt Alex Heidbrink. Er selbst will allenfalls als Übergangslösung einspringen. „Ich habe keine Ambitionen, dauerhaft in den Damenbereich zurückzukehren.“