Altenkirchen
Anfeindungen und Klage: Anwohner gegen Wohnheim für essgestörte Mädchen

In diese Gründerzeitvilla in Altenkirchen sollen die Mädchen in eine Wohngruppe für Essgestörte im Oktober einziehen. Doch einige Anwohner versuchen, dieses Projekt mit allen Mitteln zu verhindern.

Sonja Roos

Altenkirchen. Das Wohngebiet „Auf dem Steinchen“ in Altenkirchen ist eigentlich eine der ruhigsten Gegenden in der Kreisstadt im Westerwald. Doch zurzeit ist diese beschauliche Ecke in Unruhe geraten. Der Grund: Eine Wohngruppe für essgestörte Mädchen soll hier im Oktober ihre Pforten öffnen, während einige Anwohner alles tun, um das zu verhindern.

Altenkirchen. Das Wohngebiet „Auf dem Steinchen“ in Altenkirchen ist eigentlich eine der ruhigsten Gegenden in der Kreisstadt im Westerwald. Doch zurzeit ist diese beschauliche Ecke in Unruhe geraten. Der Grund: Eine Wohngruppe für essgestörte Mädchen soll hier im Oktober ihre Pforten öffnen, während einige Anwohner alles tun, um das zu verhindern.

Dr. Andrea Haverkamp-Krois und ihre Kollegin Christiane Koop von der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Altenkirchen haben seit geraumer Zeit all ihr Herzblut in das Projekt „Villa Phoenix“ gesteckt, wie die Wohngruppe heißt. „Wir haben alles versucht, um gleich von Anfang an etwaige Berührungsängste abzubauen und Aufklärungsarbeit zu leisten“, sagt Koop. Das hatte wenig Erfolg, und auch zu einem Infotag kamen lediglich vier Besucher.

„Sie haben weder den Kaffee angerührt noch den Kuchen“, erinnert sie sich. Stattdessen seien scharfe Aussagen gefallen. Man wolle dem Nachwuchs keine kotzenden Mädchen im Vorgarten zumuten, zudem senke so eine Wohngruppe den Wert einer Immobilie. Zum Schluss sei sogar gedroht worden, man werde sie kleinkriegen und habe den längeren Atem. Die beiden Initiatoren waren nach diesem Tag nicht nur desillusioniert, sondern geradezu geschockt. „Nicht mal die Mädchen ließ man zu Wort kommen, wir waren froh, dass sie in so stabiler Lage sind“, berichtet Christiane Koop weiter.

Stabil müssen die Mädchen auch sein, in die Wohngruppe sollen nämlich keine Notfälle einziehen, sondern junge Mädchen und Frauen zwischen 13 und 21 Jahren, die das Schlimmste hinter sich haben, die schon seit Längerem ihr Gewicht halten und regelmäßig Essen zu sich nehmen.

Doch nicht genug, dass Teile der Anwohner so deutlich ihren Unmut zeigten, als Nächstes flatterte dem Team um die „Villa Phoenix“ ein Einspruch gegen die Nutzungsänderung ins Haus. Der liegt noch beim Kreisrechtsausschuss, zeitgleich klagten einige Anwohner beim Verwaltungsgericht. Ihr Bestreben: zu verhindern, dass die Mädchen während des laufenden Verfahrens ihr neues Domizil beziehen könnten. In erster Instanz wurde die Klage abgelehnt, die Sache ging aber prompt in Berufung.

„Gegen die Mädchen haben wir nichts, aber was ist, wenn die mal da ausziehen? Dann könnte da ja auch was ganz anderes reinkommen“, sagt einer der Beschwerdeführer. Angst und Vorurteile könnten auch von einer anderen Wohngruppe für elternlose Jugendliche kommen, mit der Anwohner schon häufiger Ärger hatten. Das weiß auch Christiane Koop. „Aber unsere Mädchen können mit diesen Kindern nicht verglichen werden. Sie sind eher überdizipliniert und angepasst“, weiß Koop. Und: „Es ist genau die soziale Schicht, die da jetzt gegen uns geht, aus der die Mädchen stammen.“

Von unserer Redakteurin Sonja Roos