Mainz – Am verschneiten Rheinufer stehen morgens um halb zehn an Silvester mehr als 160 Männer und Frauen in Taucheranzug und mit Flossen bereit, um sich gleich in die eisigen Fluten des Rheins zu stürzen.
Schwimmer der verschiedenen Feuerwehren im Umkreis, von der Polizei, dem THW und private Teilnehmer haben sich hier zum traditionellen Silvesterschwimmen eingefunden. Noch wirkt das Ganze mit Musik, Glühweinstand der Freiwilligen Feuerwehr Hechtsheim und vielen Gesprächen unter Bekannten ganz gemütlich. Doch gleich fährt das Feuerlöschboot auf den Rhein und alle springen ins Wasser – manche haben sich dafür auch noch ein Mini-Boot oder aufblasbare Gummitiere mitgenommen.
„Ich bin auf die Idee gekommen, weil mir die Kollegen davon erzählt haben und ich das einfach spannend fand“, meint Michael Beivers (36) von der Berufsfeuerwehr Mainz, die das Ganze organisiert. Er ist erst seit kurzem bei der Feuerwehr und schwimmt das erste Mal mit, wirkt aber ganze entspannt trotz der Aussicht gleich in das ein Grad kaltes Wasser zu springen.
„Ich habe nur Angst vor den ersten paar Minuten bis sich das Wasser im Taucheranzug aufgewärmt hat“, sagt er tapfer. Fragt man ihn nach der Vorbereitung auf das zwei Kilometer lange Schwimmen im Rhein vom Fischtor bis zum Feldbergtor, lacht er zusammen mit seinen Kollegen. „Nein, als Vorbereitung gibt’s nur heißen O-Saft und ich gehe öfters in Schwimmbad“, erzählt Beivers. Sollte es doch jemanden zu kalt werden, steht ein Rettungsboot vom ASB bereit – und zum Schluss gibt es außer einer Urkunde heiße Gulaschsuppe und Bier von der Freiwilligen Feuerwehr im Rathaus.
Das Schwimmen an Silvester feiert dieses Jahr sein 40-jähriges Jubiläum. Rainer Besand, pensionierter Lehrtaucher der Feuerwehr, war schon 1970 dabei. „ Damals haben wir das gemacht, weil wir die neuen Taucheranzüge im Härtetraining der Tauchergruppe ausprobieren wollten“, erzählt Besand von den Ursprüngen des Schwimmens. „Aber wir hatten nur vier Stück, also mussten wir auslosen wer mit schwimmt“.
Heute wollen so viele dabei sein, dass die zugelassene Zahl von 150 auf dem Feuerlöschboot überschritten ist und so manche noch von der Rheintreppe aus starten. Warum so viele bei Frost und Schnee in den Rhein gehen? „Das ist einfach Tradition“, sagt Besand, der auch dieses Jahr wieder mit schwimmt. Und außerdem ist das Ganze auch für einen guten Zweck. Jeder Teilnehmer „erschwimmt“ einen Spendenbetrag für die „Mainzer Leisetreter“, ein Verein für Integration und Kommunikation Behinderter und Nichtbehinderter.
Patrick Folz fällt auch noch ein dritter Grund ein in das eiskalte Wasser zu springen: „ Einfach der Coolness-Faktor sich an Silvester in die Fluten gestürzt zu haben“. Für den 33-jährigen Physiotherapeuten gibt es seit zehn Jahren kein Silvester ohne Schwimmen mehr, obwohl er gar nicht zur Feuerwehr gehört. „Das gehört einfach dazu“, sagt er. „Ich liege dann im Wasser, lasse mich treiben und das Jahr Revue passieren“. Meike Hickmann