Mainz – Das 6. Oktoberfest hat offensichtlich eine neue Mainzer Tradition etabliert: Die 6. Jahreszeit – nach Frühling, Sommer, Herbst und Winter und der Meenzer Fassenacht.
Nach den elf Tagen ziehen die Verantwortlichen ein Fazit, das sich ihrer Meinung nach sehen lassen kann: „An acht Tagen war das Zelt komplett voll. Am Freitag und am Samstag musste es zeitweise geschlossen werden, weil sonst die Flucht- und Bedienungswege gefährdet gewesen wären.“
Geschäftsführer Robert Graßl begrüßte Gäste aus Amerika, Italien, Österreich, Südafrika und der Schweiz – und aus Bayern. Betriebsleiter Manfred Wappel betont: „Das Oktoberfest ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in Mainz.“ 24 000 Anmeldungen von Firmen, Vereinen und Gruppen wurden notiert, je nach Wochentag kamen zwischen 3500 und 4500 Besucher.
Welche Notsituationen gab es bei diesen täglichen Menschenmassen? Graßl ist selbst überrascht: „Null – keine Schlägerei, kein Unfall.“ Nur die Johanniter hatten ein paar Einsätze – und zwar beim Personal: Mal war ein Handgelenk oder ein Knöchel überstrapaziert, mal ein Finger angeritzt oder dem heißen Herd zu nahe gekommen. Es gab jedoch Unfälle anderer Art: rund 2000 Glaskrüge gingen zu Bruch, etwa 400 Teller in Scherben. „Genaueres ergibt die Inventur“, sagt Küchenchef Thomas Meinlschmidt, der den Standard von Glas, Porzellan, Metallbesteck und Tischdecken aus Stoff beibehalten will, auf Pappe und Plastik also auch künftig verzichtet.
Eins ist sicher: „Elf Tage nonstop durchpowern, das geht ein bisschen an die Substanz“, sagt Betriebsleiter Wappel. Man sieht es den Chefs an, ebenso dem Mainz-Girl und den Mainz-Mädels: „Es war super, aber wir sind ziemlich froh, wenn der Alltag uns wieder hat.“ War alles so, wie sie es sich vorgestellt haben? „Ja und nein.“
Es gab Überraschendes, Erstaunliches und Merkwürdiges. Das Einprägendste war „das tolle Feedback der Gäste und die supergute Kameradschaft bei den Mitarbeitern“. Die wiederum sind vom Mainzer Fest begeistert. „Heuer ist auch meine Frau Ellen als Bedienung dabei“, erzählt Peter Wild. Er stemmt zum 5. Mal Teller im Achterpack auf riesigen Tabletts durchs Zelt. Ebenso Helmut Werner, der ohne Wimpernzucken bis zu 14 Literkrüge Bier auf einmal transportiert. Wie das – seine Hände haben doch Normalmaß? „Es gibt da einen Trick mit dem Griff“, schmunzelt er und ist auch nach zehn Stunden Schleppen noch bestens drauf. Eine reife Leistung: Helmut Werner hat 43 Kellnerjahre in den Beinen und wird in Kürze 70. Der Trachtenverkauf „lief super“. Franziska Breyer lobt den Souvenir-Absatz. Die Schausteller sprechen jedoch von „durchwachsenen Geschäften“.
Am Abschiedssonntag ist das Zelt noch einmal gut frequentiert. Um 12 Uhr Mittags stehen Zwei- bis 82-Jährige auf den Bänken, tanzen und singen mit den Kasteler Musikanten die 05-Hymne, Humbatäterä oder das Fliegerlied. Gibt es Überlegungen, das Fest zu vergrößern? Graßl: „Ich denke, der momentane Standard ist richtig.“ Und richtig stolz ist er auch auf den Einsatz seiner 220 Mitarbeiter. Trudy Magin