Eine Pritsche, eine Hocktoilette für den Notfall und viele Fliesen: Wer in eine der fünf Inhaftierungs- und Ausnüchterungszellen der Polizei Cochem gesteckt wird, kann nicht sonderlich viel Komfort erwarten. Zweckmäßig, sicher und vor allem gut zu reinigen, das sind die Kriterien, die bei dieser Art der Unterbringung zählen – und jedes zusätzliche Möbelstück würde nur unnötige Verletzungsgefahren bergen. Immerhin sind die Männer und Frauen, die hier für ein paar Stunden einsitzen müssen, nicht immer friedlich, wie der Erste Polizeihauptkommissar Ralf Hausmann betont, während er für die Rhein-Zeitung den Trakt im Keller aufsperrt.
Die Polizei in Cochem
Die Polizeiinspektion Cochem ist für die Verbandsgemeinden Cochem und Kaisersesch sowie für Ulmen ohne die Ortsgemeinden Bad Bertrich und Beuren zuständig. Außerdem gehören die Gemeinden Lahr, Zilshausen und Mörsdorf zum Einzugsbereich. Insgesamt umfasst das Einsatzgebiet mehr als 500 Quadratkilometer mit mehr als 47.000 Einwohnern.
„Viele werden ganz schnell ruhig, wenn sie zu uns kommen und allein sind“, sagt der stellvertretende Dienststellenleiter, „aber es gibt auch solche, die dann wüten und randalieren.“ Er zeigt auf die verspiegelte Abdeckung der Heizung an der Wand, die mit zahlreichen Dellen übersät ist. „Wir nehmen den Alkoholisierten natürlich alles ab, mit dem sie sich oder andere verletzen könnten – diese Spuren haben Inhaftierte mit ihren Fäusten hinterlassen.“
Jetzt im Winter ist es ruhig in den Ausnüchterungszellen, nur selten sitzt hier jemand ein. Im Sommer werden sie dagegen häufiger „zur Gefahrenabwehr“ genutzt, wie es im Polizeijargon heißt. „Dann haben wir im Schnitt alle zwei Wochen Gäste hier unten“, so Hausmann. Wegen der Weinfeste? „Das möchte ich so nicht sagen. Ich selbst bin erst seit Juni in der Dienststelle in Cochem, aber zumindest in diesem Jahr könnte ich jetzt kein konkretes Ereignis nennen, an dem wir besonders oft Betrunkene in Gewahrsam nehmen mussten.“
Wir nehmen den Alkoholisierten natürlich alles ab, mit dem sie sich oder andere verletzen könnten.
Ralf Hausmann, Polizei Cochem
Auch von Kollegen habe er nichts in dieser Hinsicht erfahren, ergänzt der Erste Polizeihauptkommissar, der in seinen fast 40 Dienstjahren selbst so einige Erfahrungen mit Menschen gemacht hat, die einen über den Durst getrunken haben oder durch Drogenkonsum mit ihrem Verhalten über die Strenge schlugen. „Ich war die vergangenen 16 Jahre in der Führungsebene der Verkehrsdirektion in Koblenz und hatte in dieser Funktion mit solchen Fällen eher weniger zu tun, aber grundsätzlich ist mir die Problematik von durch Alkohol enthemmten Personen natürlich vertraut“, so der Polizist.
Schwindet der Anstand?
Hinzu kommt laut Ralf Hausmann: „Ganz persönlich habe ich ja den Eindruck, dass es in den vergangenen Jahren für die Kollegen immer schwieriger geworden ist, nicht zuletzt weil der Respekt gegenüber der Obrigkeit nachgelassen hat und die Hemmschwelle gesunken ist, den Aggressionen freien Lauf zu lassen.“
Deshalb würden die Beamten bei einem Einsatz mit alkoholisierten Personen zunächst immer versuchen, die Situation verbal zu deeskalieren. „Wenn wir aber die Gefahr sehen, dass sich jemand nicht beruhigt und eine Bedrohung für sich oder andere darstellt, schreiten wir ein und nehmen diese Person in Gewahrsam.“ Bei Bedarf würden aber auch reguläre Gefangene, die zum Beispiel auf einen Termin beim Haftrichter warten, für ein paar Stunden in den Ausnüchterungszellen untergebracht.
Täglich beraten die Mitarbeiterinnen des Caritasverbands Mosel-Eifel-Hunsrück Menschen, die abhängig von Alkohol, illegalen Drogen oder Medikamenten sind. Und sie hoffen, dass sie das auch zukünftig so fortführen können.Prekäre Situation in Cochem-Zell: Suchtberatung braucht Unterstützung durch die Politik
„Eine andere Möglichkeit haben wir hier in Cochem nicht“, so Hausmann. In dem Zellentrakt sollen die Inhaftierten erst einmal zur Ruhe kommen. Zwei Beamte müssen dabei stets in der Dienststelle sein, um sich bei Bedarf um die Betrunkenen zu kümmern. „Wenn jemand zum Beispiel mal auf die Toilette möchte, kann er an die Tür klopfen und darauf warten, dass wir ihn oder sie rauslassen“, erklärt Hausmann und verweist auf einen Sanitärbereich am Anfang des Ganges.
Es wird auch unappetitlich...
„Wenn natürlich genau zu diesem Zeitpunkt ein Notruf reinkommt, kommt es schon einmal vor, dass unsere Gäste hier ein oder zwei Minuten länger ausharren müssen. Das halten die aber nicht immer aus – deshalb gibt es diese Hocktoiletten als Notbehelf.“ Die sind nicht viel mehr als ein mit Metall ummanteltes Loch im Boden. „Ja, das kann morgens im Extremfall schon ziemlich stinken“, sagt Hausmann.
„Auch Erbrochenes auf dem Boden ist nicht unüblich und kein schöner Anblick. Wenn wir dagegen Glück haben, werden die Betrunkenen nach ein paar Minuten in Isolation ganz von allein friedlich, schlafen ihren Rausch aus und können dann am nächsten Morgen nach Hause gehen.“ Eine Entschuldigung für ihr Verhalten aus der vorherigen Nacht bekommen die Beamten übrigens nur in den seltensten Fällen zu hören.