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Schmerztherapie: Man kann lernen, den chronischen Schmerz zu bewältigen.

Manuelle Einzeltherapie: Kräftigungsübung für den Schulter- und Nackenbereich mit Physiotherapeutin Annsophie Keurhorst
Manuelle Einzeltherapie: Kräftigungsübung für den Schulter- und Nackenbereich mit Physiotherapeutin Annsophie Keurhorst Foto: Therapie-Zentrum Koblenz

Ein Leben ohne Schmerzen? Daran kann sich Dietmar B. kaum noch erinnern. Schmerzen begleiten den Wirtschaftsingenieur seit über vierzig Jahren. Mit 16 Jahren hatte der heute 60-Jährige einen Mopedunfall auf dem Weg von der Schule, der sein Leben komplett verändern sollte. „Mit überhöhter Geschwindigkeit bin ich in einer Kurve mit einem Traktor kollidiert“, erzählt Dietmar. Mit doppeltem Schädelbasis-Bruch und einer Reihe von weiteren Verletzungen wird er ins Krankenhaus eingeliefert. Sieben Tage liegt er im Koma. Als er aufwacht, kann er seinen linken Arm nicht mehr bewegen.

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Alle motorischen Spinalnerven, die vom Rückenmark im Halsbereich in den Arm führen, sind herausgerissen. „Mein linker Arm hatte keine Verbindung mehr zum zentralen Nervensystem. Der Arm war komplett gelähmt. Das Schlimme: ich bekam Phantomschmerzen.“ Und diese Schmerzen wurden immer unangenehmer. Anfangs war es nur eine Wetterfühligkeit. Dann aber musste der junge Mann Schmerzmittel nehmen. Erst frei verkäufliche, dann rezeptpflichtige. Doch die Schmerzen blieben. Kein Medikament half wirklich. „Ich habe die Schmerzen kaum noch ausgehalten. Ich konnte nachts nicht schlafen. Auf einer Schmerzskala von 1 – 10 waren meine Schmerzen eine 8“, beschreibt Dietmar sein Leiden. „Dann bin ich häufig aufgestanden und durch die Gegend gelaufen oder früher zur Arbeit gefahren, nur um mich abzulenken.“

Diese Art von Schmerzgeschichten hört Dr. Bernhard Kügelgen vom Therapie-Zentrum Koblenz sehr oft. „Leider“, so der Schmerztherapeut. „Die Patienten wollen schmerzfrei sein, deshalb nehmen sie Schmerzmittel. Doch nach drei Monaten wirken die Medikamente nicht mehr. Das ist Fakt. Nur die Nebenwirkungen treten weiter auf. Wer also nach drei Monaten immer noch Schmerzen hat, muss wie Dietmar einen anderen Weg gehen.“

Und es gibt andere Möglichkeiten! Denn auch chronische Schmerzpatienten können ein sinnstiftendes Leben in Beruf, Haus oder Hobby führen. „Das ist machbar“, verspricht der Neurologe und Psychiater Dr. Bernhard Kügelgen. „Während der Reha in unserem Therapie-Zentrum, lernen die Patienten, mit ihren Schmerzen umzugehen. Das fängt damit an, dass die Patienten lernen, dass es sehr wohl Möglichkeiten gibt, Schmerzen zu beeinflussen außer der chemischen Betäubung durch Schmerzmittel.“ Dabei ist ganz wesentlich, dass die Patienten das selber können. Diese Eigenkompetenz zu erlernen und dann auch zu erfahren ist eine große Erleichterung. Befreit sie doch von der oft mit chronischen Schmerzen einhergehenden Erfahrung der Hilflosigkeit und des Ausgeliefertseins. „Schmerz ist nicht mehr mein Schicksal, sondern meine Herausforderung!“ ist ein wichtiges Motto dieser Behandlung. Die Patienten lernen, sich einen Werkzeugkasten aus Maßnahmen zusammenzustellen, die ihnen bei Schmerzen helfen. Diesen Maßnahmenkatalog entwickelt jeder Patient für sich selbst. „Erste Hilfe bei Schmerz“ heißt diese Liste von Maßnahmen, geordnet nach Verfügbarkeit und Wirksamkeit. Einfache Beispiele sind physikalische Maßnahmen oder Aufmerksamkeitslenkung.

Manuelle Einzeltherapie: Haltungsschulung zur Zentrierung der Schulter
Manuelle Einzeltherapie: Haltungsschulung zur Zentrierung der Schulter
Foto: Therapie-Zentrum Koblenz

Auch wenn die Schmerzen in vielen Fällen nicht völlig verschwinden, so werden sie vom Ausmaß erträglicher und der Patient lernt Eigenkompetenz im Umgang mit seinen Schmerzen, was eine große Erleichterung bedeutet.

Das kann Dietmar nur bestätigen. „Ganz weg ist der Schmerz nie. Er wird nie weg sein, aber ich kann wieder ganz klar denken und am Leben teilnehmen. Der Schmerz dominiert mich nicht mehr“, sagt er und man bemerkt, dass er sehr befreit wirkt. Seine Augen strahlen. Er hat wieder Zukunftspläne. Doch wie hat Dietmar das geschafft?

Am Anfang steht eine umfassende Aufklärung des Betroffenen über den chronischen Schmerz der sich gänzlich von akuten Schmerzen unterscheidet. Nicht nur die Methoden, auch die Ziele der Behandlung sind völlig verschieden. Beim akuten Schmerz will ein Patient vom Schmerz befreit, am besten verschont bleiben. Beim chronischen Schmerz wollen die Patienten wieder ein selbstbestimmtes Leben führen, eine regelmäßige Betäubung durch Schmerzmedikamente kann aber genau dieses Ziel nicht ermöglichen. Die bei akuten Schmerzen bewährten Schmerzmittel erweisen sich beim chronischen Schmerz als eine unzuverlässige Hilfe. Selbst stärkste Schmerzmittel verlieren nach 2-3 Monaten ihre Wirkung, nicht aber ihre Nebenwirkungen. Betäubende Maßnahmen durch Schmerzmittel erweisen sich hier nicht nur als wenig hilfreich, sie blockieren häufig eine erfolgreiche anderweitige Behandlung.

Nach einer umfassenden Aufklärung wird betroffenen Patienten nahegelegt, die Einnahme der Schmerzmittel zu einem vereinbarenden Termin aufzugeben. Erst wenn sie sich hierzu bereit erklären, wird mit dem Entzug begonnen.

Manuelle Einzeltherapie: Haltungsschulung zur Zentrierung der Schulter
Manuelle Einzeltherapie: Haltungsschulung zur Zentrierung der Schulter
Foto: Therapie-Zentrum Koblenz

„Die Entwöhnung geht gerade bei starken Schmerzmitteln mit einem körperlichen Entzug einher und dauert nach einer umfassenden Vorbereitung ungefähr eineinhalb Wochen. Dieser Prozess ist unangenehm und muss mit psychopharmakologischen Maßnahmen und gesprächstherapeutischer Begleitung unterstützt werden“, erklärt Dr. Kügelgen das Prozedere. „Zudem muss der Patient täglich von einem erfahrenen Arzt gesehen werden.“ Da Schmerzmittel nach dreimonatiger Einnahme nicht mehr wirken, haben die Patienten nach dem Entzug die gleichen Schmerzen. „Wie oft habe ich von einem Patienten gehört“, so Dr. Kügelgen, „dass er zwar die gleichen Schmerzen hätte, aber endlich wieder einen klaren Kopf habe. Er sei wieder er selbst und hätte wieder Gefühle. Denn die Schmerzmittel wirken eben nicht selektiv auf die Schmerzen, sondern verändern Erleben und Verhalten und die Leistungsfähigkeit des Gehirns.“

Den oft empfohlenen sukzessiven Entzug schätzt Kügelgen weniger. Wenn der Patient bereit ist, die Medikamente abzusetzen, sollte man das tun und ihm bei den Entzugserscheinungen helfen, dann ist der ganze Prozess auch überschaubar und rasch überstanden. Schmerzpatienten mit einer körperlichen Abhängigkeit sind streng von Drogenabhängigen zu unterscheiden. Sie haben diese Medikamente nicht selbständig genommen, sondern sie sind ihnen vom Arzt verordnet worden und haben dann eine körperliche Abhängigkeit entwickelt. Insofern sind sie nach dem überstandenen körperlichen Entzug psychiatrisch gesund.

Anschließend beginnt die Therapie, in der die Patienten lernen, wie man mit den Schmerzen umgeht und sie neu bewertet. Eine sehr effektive Maßnahme ist auch die Abhärtung des unwillkürlichen, des vegetativen Nervensystems. Es gilt, dass Patienten mit einem unausgeglichen labilen vegetativen Nervensystem bei gleichen Schmerzen deutlich mehr leiden als Patienten mit einem abgehärteten vegetativen Nervensystem. Diese Abhärtung geschieht, in dem Patienten lernen, auf einen regelmäßigen Schlaf zu achten, einen regelmäßigen Tagesablauf einzuhalten, sich ausreichend zu bewegen und Wechselduschen zu machen. Schmerzpatienten lassen sich von ihren Schmerzen den Tag diktieren. Der Schmerz wird der Lebensmittelpunkt. Aus diesem Teufelskreis müssen sie heraus. Sie müssen wieder selbst ihren Tagesablauf bestimmen. Das wirkt positiv.

Gerätetraining: Medizinische Trainingstherapie mit Therapeutin Andrea Böhland.
Gerätetraining: Medizinische Trainingstherapie mit Therapeutin Andrea Böhland.
Foto: Therapie-Zentrum Koblenz

Erst dann kann der Patient sinnvoll das Wissen aus der psychologischen Schmerztherapie anwenden. In der psychologischen Schmerztherapie kommen neben der Aufmerksamkeitslenkung weitere Strategien wie Phantasiereisen zum Einsatz. Dabei geht man in Gedanken an einen Ort, der angenehme Gefühle hervorbringt wie zum Beispiel eine einsame Insel, auf der es keinen Ärger gibt und es einem gut geht. Dietmar entwickelte mit den Therapeuten für sich eine weitere Strategie. Er lokalisiert seinen Schmerz gedanklich, kreist ihn ein und wirft ihn zum Fenster hinaus. „Es funktioniert“, sagt Dietmar begeistert. „Mit mehr Erfolg als ich je gedacht hätte!“ Diese erlernten Phantasien kann man überall aktivieren. Ob der Schmerz in der Straßenbahn, im Supermarkt, auf der Arbeit oder zu Hause auftritt. Der Patient hat ständig einen imaginären Notfallkoffer bei sich, den er nutzen kann. „Uns ist es wichtig, dass der Schmerzpatient Eigenkompetenzen entwickelt, die ihm helfen, nicht mehr hilflos seinem Schmerz ausgeliefert zu sein“, betont Dr. Kügelgen.

Die Psyche ist sehr mächtig. Durch mentales Training kann der Mensch sehr viel erreichen. Nichts anderes machen Spitzensportler. Sie haben mentale Trainer, die ihnen helfen, ihre Ziele leichter zu erreichen. Auch die Schmerzempfindung kann man durch mentales Training beeinflussen. Unterstützend neben den psychologischen Strategien sind auch Techniken wie die progressive Muskelentspannung oder Autogenes Training.

Sechs bis acht Wochen dauert die Reha für chronische Schmerzpatienten. Neben den physikalischen Maßnahmen wie Wechselbäder und den psychologischen Therapie-Einheiten kommen noch Ergotherapeutische Maßnahmen hinzu, um die Kreativität zu fördern. Vor lauter Schmerzen haben die Patienten vermieden und verlernt, sich mit Dingen zu beschäftigen, die ihnen Spaß machen. Dies sollen sie wieder lernen, um so auch individuelle Ablenkungen zu finden, die den Schmerz in den Hintergrund rücken lassen.

„Für mich war auch die Physiotherapie im Therapie-Zentrum Koblenz sehr gut“, sagt Dietmar. „Durch die Lähmung meines Arms und die Schmerzen habe ich im Laufe meines Lebens eine Schonhaltung eingenommen, die schon seit langem meinen Rücken belastet und auch starke Schmerzen hervorruft. Durch die manuelle Einzeltherapie konnte ich auch hier Verbesserungen feststellen.“

Jeder Schmerz ist anders. Und jeder Patient ist anders. Deshalb wird jeder Schmerzpatient im Therapie-Zentrum Koblenz ganz individuell betrachtet und nach Abschluss der Reha mit seinem „persönlichen Notfallkoffer“ entlassen, um nicht mehr seinem Schmerz ausgeliefert zu sein.

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