Mainz/Los Angeles

Mainzer Schwimmer trainiert mit den Besten der Welt

Pflügt derzeit in Los Angeles durchs Becken: Dimitri Colupaev studiert und trainiert seit drei Monaten an der University of Southern California. Für den 20-Jährigen soll diese Arbeit zu einer Teilnahme an den Olympischen Spielen 2012 in London führen.
Pflügt derzeit in Los Angeles durchs Becken: Dimitri Colupaev studiert und trainiert seit drei Monaten an der University of Southern California. Für den 20-Jährigen soll diese Arbeit zu einer Teilnahme an den Olympischen Spielen 2012 in London führen. Foto: Eva Willwacher

Schwimmer Dimitri Colupaev aus Mainz bereitet sich auf die Deutschen Kurzbahnmeisterschaften vor. Seit Mitte August studiert und trainiert er an der University of Southern California in Los Angeles.

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Mainz/Los Angeles – Schwimmer Dimitri Colupaev aus Mainz bereitet sich auf die Deutschen Kurzbahnmeisterschaften vor. Seit Mitte August studiert und trainiert er an der University of Southern California in Los Angeles.

Der 20-jährige Schwimmer des SSV Undine Mainz, der bis dahin unter Nikolai Evseev trainierte und 2008 Junioren-Weltmeister über 200 Meter Lagen war, hat ein Stipendium der USC angenommen, um seinem Traum, der Teilnahme an den Olympischen Spielen 2012 in London, näherzukommen. Die Rhein-Zeitung sprach mit Colupaev.

Hallo, Herr Colupaev, haben Sie sich gut in Los Angeles eingelebt?

Das war nicht ganz problemlos, anfangs habe ich mich in einigen Situationen schon etwas überfordert gefühlt. Es wurde so viel Papierkram von mir verlangt, ich musste für die Uni und den Sport so viele organisatorische Dinge erledigen, dass ich mir irgendwann dachte: Oh mein Gott, wo bin ich hier gelandet. Ich hatte eigentlich damit gerechnet, dass man als Student auch mal Zeit haben würde, in die Stadt zu gehen – aber das konnte ich gleich vergessen. In Deutschland machst du dir Vorstellungen, wie es hier sein könnte, aber die waren nicht real…

Aber es war nicht so schlimm, dass Sie wieder zurückkommen wollten?

Nein, nein, nach drei, vier Wochen habe ich gemerkt, dass es hier eigentlich ganz cool ist. Ich habe gute Trainingspartner gefunden, das Training macht mir Spaß, und in den Uni-Kursen komme ich gut zurecht. Inzwischen fühle ich mich hier sehr wohl.

Sie haben Probleme mit der NCAA, der National Collegiate Athletic Association, die Sie nicht als Amateursportler einstufen will…

…das Thema ist leider noch nicht erledigt. Die Prüfung meines Falles sollte eigentlich bis Ende Oktober abgeschlossen sein, aber das Ganze dauert anscheinend länger.

Wo ist der Haken?

Nach den Richtlinien der NCAA darf man mit seinem Sport kein Geld verdienen, weil man sonst als Profi gilt, und als Profi hätte ich kein Anrecht auf mein Hochschulstipendium an der USC.

Wann haben Sie in Deutschland mit dem Schwimmen Geld verdient?

Nie.

Aber?

Also, das Thema kam auf, als die NCAA einen deutschen Wasserballer, Tobias Preuß von Spandau 04 Berlin, der ebenfalls ein USC-Stipendium erhalten hat, überprüfte. Die NCAA fand heraus, dass Tobias von der Deutschen Sporthilfe gefördert wurde, und bei der Überprüfung ist man darauf gestoßen, dass die Sporthilfe auch mich seit 2006 unterstützt. Das ist das Problem.

Um welchen Betrag geht es in Ihrem Fall?

Um 6000 Euro – seit 2006.

Und damit gilt man als Profi?

Ich hoffe, nicht. Ich habe alle meine Kosten aufgelistet, die mir durch das Schwimmen entstanden sind, um zu dokumentieren, dass die Sporthilfe lediglich einen Teil meiner Ausgaben deckt, ich damit aber keinen Gewinn gemacht habe. Amerikanische Leistungssportler bekommen ja auch Unterstützung, allerdings von ihren jeweiligen Sportverbänden, und das wird hier akzeptiert.

Hätte sich so etwas nicht vor Beginn des Stipendiums klären lassen?

Wahrscheinlich schon. Aber ich wusste nicht, dass diese Förderung zum Problem werden würde, und offenbar sind Tobias und ich die ersten deutschen Wassersportler an der USC, weshalb sich hier noch niemand mit dem Thema befasst hatte.

Was sind die Konsequenzen?

Die sind momentan gar nicht so schlimm für mich. Ich darf noch nicht mit der eigentlichen Uni-Mannschaft trainieren, sondern bin zu den Profis gesteckt worden. Das heißt, ich habe andere Trainingzeiten als die Amateurgruppe, aber denselben Trainer. Und es hat den Vorteil, dass ich mit einigen der besten Schwimmer der Welt arbeiten kann, zum Beispiel mit dem tunesischen Olympiasieger Oussama Mellouli, Markus Rogan aus Österreich und Thiago Pereira, der gerade den Gesamtweltcup gewonnen hat. Markus bringt mir einiges bei, er spornt mich im Training immer an; das sind ideale Voraussetzungen, um mich weiterzuentwickeln. Ich spüre auch, dass das Training fruchtet. Wenn wir einen schnellen 100er schwimmen, lasse ich die Jungs auch mal hinter mir. Der Trainer ist zufrieden mit mir.

Entstehen Ihnen auch Nachteile aus Ihrem noch nicht geklärten Status?

Zum einen muss ich mein Krafttraining selbst organisieren, aber das ist kein Problem, das habe ich in Deutschland auch zwei Jahre lang gemacht. Zum anderen, und das ist hart, darf ich keine Wettkämpfe mit dem USC-Team bestreiten. Am ersten Dezemberwochenende stehen die US-Nationals an, an denen darf ich teilnehmen, aber ich würde vorher schon gerne mal einen College-Wettkampf bestreiten, zumal ich noch nie vorher auf Yards geschwommen bin. Am Wochenende treten wir gegen Arizona an, das ist immer ein enges Duell, und mein Team könnte mich gut gebrauchen.

Der Unterschied zwischen Metern und Yards…

Beträgt auf der Kurzbahn 1,20 Meter. 25 Meter sind 23,8 Yards…

…und bedeutet, dass Sie früher wenden müssen als gewohnt.

Ja. Ich komme mit einem Zug weniger hin, manchmal mache ich auch noch zwei Züge weniger als gewohnt und bin dann zu weit von der Wand weg. Aber das ist Übungssache.

Wie unterscheidet sich das Training von dem in Deutschland?

In Deutschland habe ich sehr viele Kilometer gemacht. Hier geht es nach einigen Bahnen zum Aufwärmen ganz intensiv zur Sache. Wir müssen mit maximaler Schnelligkeit schwimmen, die Pausen sind immer sehr kurz. Dabei setzt man die Beine stärker ein, die fressen den ganzen Sauerstoff aus dem Körper, das ist unglaublich anstrengend. Außerdem müssen wir auch noch mit Turnschuhen schwimmen, das macht es nicht einfacher. Aber ich schnaufe nicht alleine, die Profis sind hinterher auch platt. Das baut mich wieder auf. Das größte Trainingserlebnis bisher war, ein Rennen gegen Kosuke Kitashima zu gewinnen…

…den japanischen Olympiasieger?

Den viermaligen Olympiasieger! Kosuke ist eine Brustlegende, ein Superstar in Japan. Als ich im Becken hinter mir seinen Aufschrei gehört habe, das war echt klasse. Die Kombination aus dem Training daheim und hier zahlt sich aus.

Falls die NCAA Sie tatsächlich endgültig als Profi einstufen sollte: Welche Konsequenzen drohen Ihnen dann? Müssten Sie dann nach Deutschland zurück?

Nein, das glaube ich nicht. Tobias Preuß musste die 6000 Euro, die er von der Sporthilfe bekommen hat, hier für einen sozialen Zweck spenden. Aber ich hoffe, dass mir das nicht passiert, weil meine Kosten die Einnahmen durch die Sportförderung um 200 Prozent überstiegen haben.

Am Wochenende finden in Wuppertal die Deutschen Kurzbahnmeisterschaften statt. Warum ohne Sie?

Ich wäre wirklich gerne nach Deutschland gekommen, schon weil ich Lust gehabt hätte, in dieser neuen Halle zu schwimmen. Ich glaube auch, dass ich sehr gute Zeiten schwimmen könnte, aber ich hätte eine Woche vorher fliegen müssen, und das wäre mit dem Studium alles etwas viel geworden. Ich bin ja gerade erst hier angekommen. Deshalb lasse ich die Kurzbahnsaison aus und konzentriere mich ganz auf den Sommer. Dann will ich zur DM, und dann will ich mich in der Nationalmannschaft etablieren.

Das Gespräch führte Peter H. Eisenhuth