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Ludwigshafen

Eklat vor verschlossener Haustür: Helmut Kohls Sohn und Enkel werden nicht zu dem Toten gelassen

Von Christiane Jacke
Begleitet von seinen beiden Kindern, versuchte Walter Kohl vergeblich, in das Haus seines Vaters in Ludwigshafen-Oggersheim zu gelangen. Ein Polizist wies ihn auf ein geltendes Hausverbot hin.
Begleitet von seinen beiden Kindern, versuchte Walter Kohl vergeblich, in das Haus seines Vaters in Ludwigshafen-Oggersheim zu gelangen. Ein Polizist wies ihn auf ein geltendes Hausverbot hin. Foto: dpa

Über die Jahre ist schon viel Unschönes aus dem Innenleben der Familie Kohl nach außen gedrungen. Doch was sich nun, nach dem Tod des Altkanzlers abspielt, hat eine neue Dimension. Eine öffentlich ausgetragene Familienschlacht.

Lesezeit: 3 Minuten
Mittwochmittag, 12.30 Uhr. Walter Kohl taucht vor dem Haus seines Vaters in Ludwigshafen-Oggersheim auf. Mit dabei: die beiden Enkel des früheren Bundeskanzlers Helmut Kohl. Die drei sind schwarz gekleidet, gehen zur Haustür, Walter Kohl klingelt, klopft an die Tür. Klingelt wieder. Mit gesenkten Köpfen stehen die drei vor der Tür, ...
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Gezerre um das Gedenken an Kohl

Berlin/Rheinland-Pfalz. Die Vorbereitungen für das Gedenken an Helmut Kohl erweisen sich als komplizierter Balanceakt zwischen Politik und Familie. Bundesregierung und Präsidialamt konnten bisher jede öffentliche Auseinandersetzung vermeiden und folgten den Wünschen der Witwe Maike Kohl-Richter. So wird es keinen nationalen Staatsakt für den verstorbenen Kanzler der Einheit geben. Stattdessen ist für den 1. Juli um 11 Uhr im Europaparlament in Straßburg ein zweistündiger europäischer Trauerakt geplant.

Bei der Feierstunde werden neben Bundeskanzlerin Angela Merkel auch EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani, EU-Ratspräsident Donlad Tusk und EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker sprechen. Auf der Rednerliste stehen zudem der französischen Präsident Emmanuel Macron und der ehemalige US-Präsident Bill Clinton. Eine „Spiegel“-Meldung, wonach Kohls Witwe den Versuch unternommen haben soll, eine Rede Merkels bei der Trauerfeier zu verhindern, dafür aber den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán habe zu Wort kommen lassen wollen, dementierte Kohls Anwalt und langjähriger Vertrauter Stephan Holthoff-Pförtner. „Es gab zu keinem Zeitpunkt in der Familie Helmut Kohls Bedenken gegen eine Rede der Bundeskanzlerin beim Trauerakt in Straßburg“, sagte der Anwalt. Hätte der größte Kritiker von Merkels Flüchtlingspolitik, Orbán, gesprochen, die deutsche Kanzlerin aber nicht, wäre die Gedenkfeier zum Eklat geraten.

Nach dem Trauerakt in Straßburg soll der Sarg per Hubschrauber nach Ludwigshafen gebracht und von dort nach Speyer überführt werden. Am späten Nachmittag ist im Speyerer Dom eine Totenmesse geplant. Danach soll sich ein „militärisches Abschiedszeremoniell mit Ehrenformation“ anschließen.

Der Speyerer Dom spielte in Kohls Leben eine besondere Rolle. Er besuchte das Gotteshaus mit vielen Staats- und Regierungsgästen. Kohl pflegte zu sagen, wer den Speyerer Dom nicht kenne, der kenne auch seine Heimat, Deutschland und Europa nicht.

Vorstellbar wäre natürlich auch gewesen, dass es eine europäische Trauerfeier und einen nationalen Staatsakt für Helmut Kohl gibt. In Deutschland ist das Präsidialamt dafür zuständig, einen solchen Staatsakt anzuordnen. Das Innenministerium kümmert sich um die Ausführung. Eine solche Zeremonie wird aber nicht ohne Zustimmung der Hinterbliebenen angeordnet. Nach dem Tod Kohls hatten die zuständigen Behörden mit Maike Kohl-Richter Kontakt aufgenommen. Dabei wurde deutlich, dass es keinen Staatsakt geben soll. Warum dieser nicht zustande kam, darüber gibt es verschiedene Varianten. Kohls Anwalt wies einen Bericht der „Bild“-Zeitung zurück, wonach die Wünsche für Gästeliste und Ablauf der Witwe die Organisation zu kompliziert gemacht hätten. Möglich ist auch, dass sich Kohl selbst zu Lebzeiten gegen einen nationalen Staatsakt ausgesprochen haben könnte und seine Witwe diesen Wunsch weitergab.

Als ein mögliches Motiv, dass Kohl keinen nationalen Staatsakt gewünscht haben könnte, gilt auch sein Verhältnis zu Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der bei einem Staatsakt an der Spitze des Gedenkens an Kohl gestanden hätte. Nachdem Kohl 1998 abgewählt worden war, wurde Steinmeier zunächst Staatssekretär und dann Kanzleramtsminister bei Gerhard Schröder. In diese Zeit fällt der Vorwurf gegen Kohl, seine Regierung habe vor dem Abtreten Akten in größerem Umfang vernichtet. Das konnte allerdings nie nachgewiesen werden.

Von unserer Berliner Korrespondentin Eva Quadbeck
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