Schaden in Milliardenhöhe: Kriminalität im Internet wächst rasant

Illustration Cyberkriminalität
Foto: Oliver Berg/Illustration

Waffenhandel im Internet, digitale Erpressung, massenweise gestohlene Kreditkartendaten und Passwörter: Der geschätzte Schaden, den Internet- und Computerkriminalität anrichten, geht in die Milliarden. 2015 wurden mehr als 45 000 Cybercrime-Fälle von der Polizei erfasst. Das teilte der Präsident des Bundeskriminalamts (BKA), Holger Münch, in Wiesbaden mit. Der daraus entstandene Schaden beläuft sich auf mehr als 40 Millionen Euro, rund 3 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Aufklärungsquote liegt bei 32,8 Prozent, 2014 waren es 29,4 Prozent. Das BKA geht von weiter steigenden Fallzahlen aus.

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Von unserer Mitarbeiterin Gisela Kirschstein

Einen Sonderfall bilden digitale Schwarzmärkte (Underground Economy) im Darknet, einem verborgenen Teil des Internets. „Die digitale Underground Economy stellt Dienstleistungen aller Art zur Verfügung“, sagt der BKA-Präsident. Dazu gehören auch Waffen. Im Darknet besorgte sich der Amokläufer von München seine Glock 17, eine gängige Pistole bei Polizei und Militär. „Aktuell führen wir 85 Verfahren gegen Personen, die im Verdacht stehen, im Darknet mit Waffen oder Sprengstoff zu handeln“, sagte Münch.

Gefährliche Schattenwelt

Wie im öffentlichen Internet auch werden in der Schattenwelt Plattformen eingerichtet, die wie Ebay oder Amazon funktionieren. „Auf diesen Marktplätzen wird alles angeboten: Drogen, Falschgeld, gefälschte Ausweise und Markenartikel oder auch gefälschte Identitäten“, sagt Münch. Ein Computerfachmann muss man dafür nicht sein. „Es ist nicht so schwierig, ins Darknet zu kommen“, sagt der BKA-Präsident, man braucht dafür lediglich die Zugangsdaten für die jeweilige Plattform sowie eine Verschlüsselungssoftware, eine Art Türöffner zum Eintritt.

Angeboten werden dort auch zunehmend Dienstleistungen in Sachen Internetkriminalität, Crime-as-Service nennen die Ermittler das – Tendenz steigend. Die Täter sind innovativ und anpassungsfähig, 2015 stellten die Ermittler schon 22 organisierte Tätergruppen fest. 45 793 Straftaten im Bereich Cybercrime registrierte das BKA im Jahr 2015, allein durch Computerbetrug und Betrug mit Kommunikationsdiensten wurden dabei 40,5 Millionen Euro an Schäden verursacht, 17,9 Millionen Euro durch sogenanntes Phishing, also das Abschöpfen von digitalen Daten. Deutschland ist damit „bei der Hitliste der Schäden ganz weit oben“, räumt Holger Münch ein: „Wir sind ein Hauptzielland bei Cybercrime“, das liege auch an der starken Wirtschaft.

Verdeckte Ermittler tätig

Die Ermittlungen im Darknet sind aufwendig, meist wird mit verdeckten Ermittlern gearbeitet. Die Clearingstelle „Marktplätze im Darknet“ beim BKA koordiniert zudem die Ermittlungen zwischen Bund und Ländern. Seit 2013 ist es gelungen, fünf Darknet-Marktplätze in Deutschland auszuheben, 30 waren es international. Aus einem Verfahren sind dabei 51 weitere generiert worden, die im Darknet ihren Ursprung hatten.

Im Juli 2015 gelang es, in einer gemeinsamen Aktion mit 17 Staaten, einen umfangreichen Darkroom zu zerschlagen. Münch: „Die Täter waren sichtbar beeindruckt, dass Polizei dazu in der Lage ist.“ Der BKA-Präsident mahnt aber auch bei der Politik bessere Ausstattung an: „Wir müssen in Personal und Ausstattung investieren“, fordert er. Es könne nicht angehen, dass Polizisten bei der Anzeige einer Bedrohungs-SMS das Handy des Betroffenen auf den Kopierer legen müssten.

Münch fordert zudem erweiterte Befugnisse bei Onlinedurchsuchungen. Auch die Gewerkschaft der Polizei fordert, massiv in Onlineermittlungen zu investieren. „Wenn wir den Darknet-Sumpf trocken legen wollen, muss Finanzminister Wolfgang Schäuble jetzt Geld in die Hand nehmen, um den Zoll bei diesen Aufgaben zu stärken“, sagt Frank Buckenhofer, Chef für den Zoll bei der Gewerkschaft der Polizei (GdP).