Berlin/Belize

Klickwunder heftig.co: Diese beiden Männer schafften etwas sehr Erstaunliches

Das sind die beiden Köpfe hinter der Seite heftig.co. Peter Schilling (rechts) und Michael Glöß, Unternehmer aus Potsdam. Foto: Frank Zauritz
Das sind die beiden Köpfe hinter der Seite heftig.co. Peter Schilling (rechts) und Michael Glöß, Unternehmer aus Potsdam. Foto: Frank Zauritz

Unsere Zeitung nannte sie die „mysteriösteste Seite“ des Netzes – jetzt ist das Geheimnis aber gelüftet: Zwei deutsche Unternehmer stecken dahinter und sehen sich als Pioniere auf neuen Wegen. Sie behaupten, die Wahrung der Urheberrechte habe Priorität.

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Von unserem Redakteur Lars Wienand

Das Steuerparadies Belize ist nicht länger die Heimat der Viralschleuder heftig.co, die mit emotionalen, aber überwiegend nur kopierten Texten gigantisch durchgestartet ist und das deutschsprachige Facebook aufgerollt hat. Inzwischen findet sich auf der Seite eine Adresse in Potsdam – eine DS Ventures GmbH mit zwei Gesellschaftern, die schon diverse Projekte im Netz gestartet haben. Um dahinter zu kommen, wer dahinter steckt, war im Netz sogar ein Kopfgeld ausgelobt worden. Die Seite war über einen Dienst in Panama anonym registriert worden und hat die Adresse .co für Kolumbien.

Sie verstehen sich als Botschafter für das Schöne der Welt – zumindest stellt das Michaael Glöß (35) so dar: „Unser Ziel ist es, dass jeder Artikel seine Leser mit einem guten Gefühl entlässt.“ Gefühlt berichte die deutsche Nachrichtenlandschaft sehr bedrückend über die Welt. Für schlechte Nachrichten oder komplizierte Sachverhalte hat heftig.co keinen Platz. Dafür sammelte die Seite aber nach einer Auswertung von 1000flies.de im April mit nur 90 Artikel fast so viele Reaktionen in sozialen Netzen wie bild.de und Spiegel online zusammen. Seither gibt es einen Trend, dass auch große Newsseiten vermehrt Überschriften ähnlich wie heftig.co formulieren.

Der zweite Mann hinter heftig.co, Peter Schilling, (39 und nicht Schlagersänger), sagt über die neue Deutsche Welle („Digitale Inhalte für die Medienrevolution“): „Im Gegensatz zu anderen Medien“ erreiche man die Leser „mit sehr emotionalen Themen“. Man sensibilisiere sie für die kleinen erstaunlichen Begebenheiten des Alltags.

Die Seite kopiert damit extrem erfolgreich das Konzept entsprechender US-Seiten – und nicht nur das: Ein Großteil der Texte und Inhalte waren auch nur 1:1-Übersetzungen von Inhalten anderer Seiten. Die Auswahl traf offenbar Schilling – auf der Seite von DS Ventures schreibt er, er grübele über Headlines und Artikel.

Kritiker werfen der Seite vor, mit billigst produzierten und nicht recherchierten Inhalten zu arbeiten. Um Rechte von Autoren und Fotografen scherte sich die Seite bislang vielfach nicht. Die Berliner PR-Agentur der Macher hat bisher noch nicht auf eine Anfrage geantwortet, wie die Seite damit nun umgehen will und wie sie zu den bisherigen Urheberrechtsverletzungen steht. Die Geheimnistuerei um die Macher dürfte dazu gedient haben, zunächst ungestört zu wachsen.

Die Wirtschaftswoche und Branchendienst Meedia berichten, die Seite wolle künftig den Anteil der selbst produzierten Inhalte steigern und Inhalte anderer Portale im Rahmen von Kooperationen präsentieren.

Update: Semanticom, PR-Agentur von heftig.co, hat auf eine Anfrage unserer Zeitung reagiert: „Die Wahrung der Urheberrechte hat bei uns Priorität“, heißt es in einer Erklärung. Dort wird behauptet, man habe „in der Vergangenheit stets geprüft, ob die Inhalte zur Veröffentlichung frei waren und, wenn dies nicht der Fall war, uns um die Genehmigungen der Rechteinhaber bemüht“.

Sematincom-Geschäftsführer Thomas Huber erklärt weiter: „Sollte in Einzelfällen einmal die Situation ungeklärt sein, können sich die Betroffenen jederzeit an uns wenden, so dass wir gemeinsam eine Lösung finden können.“ In der Tat hatte heftig.co einen Artikel gelöscht, in dem eindrucksvolle Fotos eines deutschen Fotografen aus einem verlassenen Hotel gezeigt wurden. Er hatte heftig.co kontaktiert. Der Sprecher von heftig.co: „In Zukunft werden wir noch mehr eigene Inhalte erstellen und unser Rechtemanagement für Fremdinhalte weiter professionalisieren.“

Autor:
Lars Wienand
(Mail, Google+)