Berlin

Bund plant Schmerzensgeld für Persönlichkeitsprofile im Netz

Das Bundesinnenministerium will die Persönlichkeitsrechte von Internetnutzern stärken und das Sammeln von persönlichen Daten im Internet erheblich erschweren. Verstöße sollen auch mit Schmerzensgeldzahlungen belegt werden können.

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Berlin – Das Bundesinnenministerium will die Persönlichkeitsrechte von Internetnutzern stärken und das Sammeln von persönlichen Daten im Internet erheblich erschweren. Verstöße sollen auch mit Schmerzensgeldzahlungen belegt werden können.

Das geht aus dem aktualisierten Entwurf für das „Gesetz zur Verhinderung von schweren Eingriffen in das Persönlichkeitsrecht und zu Veröffentlichungen im Internet“ hervor.

Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) will damit „besonders schwere Eingriffe“ in das Persönlichkeitsrecht verbieten. Dieser Fall liegt künftig vor, wenn persönliche Daten wie Beruf, Alter, private Vorlieben im Internet veröffentlicht werden, die „geschäftlich erhoben oder im Rahmen einer Geschäftsbeziehung ermittelt wurden“ und durch die sich ein „aussagekräftiges Persönlichkeitsprofil“ des Betroffenen ergeben könnte. In diesem Fall soll der Betroffene Anspruch auf Schmerzensgeld haben.

Im Visier sind dabei Unternehmen, die zu Werbezwecken das Internet durchsuchen, um Profile potenzieller Kunden zu erstellen. Aber auch Verleumdung und „öffentliche Anprangerung“ im Internet will das Ministerium unterbinden und mit Schmerzensgeld belegen. Besonders weitreichend: Betreiber von Internetseiten oder Unternehmen, die Daten rechtswidrig veröffentlichen, sollen unabhängig vom eigenen Verschulden zu Schadensersatz verpflichtet werden können.

Sollten die Vorschläge umgesetzt werden, dürften personalisierte Suchmaschinen wie 123people oder yasni Probleme bekommen. Soziale Netzwerke wie Facebook und Xing blieben indes unbehelligt, weil dort Mitglieder freiwillig persönliche Daten preisgeben. Welche Daten zu einem „aussagekräftigen Persönlichkeitsprofil“ gezählt werden und ab wann ein schwerer Eingriff vorliegt, definiert das Gesetz allerdings nur vage.

Auch eine internetbasierte Gesichtserkennung soll verboten werden, sollte der Betroffene nicht ausdrücklich zustimmen. Die Beamten fürchten, dass Geodaten wie das Fotografieren von Häusern und Fassaden durch Google Street View künftig mit persönlichen Daten und Fotos so verknüpft werden, dass Bewegungsprofile erstellt werden können. Nutzer könnten personenbezogene Daten „von ihnen missliebigen Personen verwenden, um diese im Internet bloßzustellen“, heißt es.

Damit könnten Bildersuchmaschinen wie Google Images oder Tineye, die biometrische Merkmale nutzen, in Deutschland nicht arbeiten. Generell soll künftig die Einwilligung eines Betroffenen zur Weitergabe persönlicher Daten vorliegen. Diese kann auch elektronisch erfolgen können, etwa als SMS oder per Bestätigungs-E-Mail. Das Gesetz soll dort zur Anwendung kommen, wo die Verletzung von Persönlichkeitsrechten „das Interesse an der Freiheit des Internets“ überwiegt. Wie weit sich Friedrich die Vorschläge seiner Beamten zu eigen machen wird, ist noch unklar. Ein Sprecher betonte, der Entwurf befinde sich noch in der Abstimmung mit den übrigen Ressorts und werde frühestens nach der Sommerpause ins Kabinett kommen. Die FDP ist skeptisch, ob das Gesetz Wirkung entfalten kann. „Das Internet lässt sich nicht regulieren“, heißt es im FDP-geführten Justizministerium. Die Datenflüsse seien kaum zu begrenzen, die Abgrenzungen zwischen freiwillig und unfreiwillig veröffentlichten Daten schwierig. Nach einer repräsentativen Umfrage des Internet-Branchenverbands Bitkom haben inzwischen 27 Millionen Deutsche, das ist jeder zweite Internet-Nutzer, ein Profil im Netz hinterlegt, entweder auf der eigenen Internetseite oder in sozialen Netzwerken, Singlebörsen oder auf der Seite ihres Arbeitgebers.

Michael Bröcker