Karlsruhe

„Spinner“: NPD verklagt Bundespräsident

NPD fühlt sich von Joachim Gaucks Wortwahl benachteiligt.  Foto: dpa
NPD fühlt sich von Joachim Gaucks Wortwahl benachteiligt. Foto: dpa

Bundespräsident Joachim Gauck ist mit deutlichen Worten schon einige Male in Politik und Gesellschaft angeeckt. Morgen muss das Bundesverfassungsgericht darüber verhandeln, ob das Staatsoberhaupt in einer Rede vor Schülern zu weit gegangen ist. Geklagt hat die rechtsextreme NPD, die durch Äußerungen Gaucks kurz vor der Bundestagswahl ihre Grundrechte verletzt sieht.

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Von Diana Niedernhöfer (dpa)

Das Verfahren könnte Rechtsgeschichte schreiben. Noch nie ist ein Bundespräsident wegen seiner Wortwahl vor dem Verfassungsgericht verklagt worden.

Gauck hatte Ende August auf wochenlange, von der NPD unterstützte ausländerfeindliche Proteste gegen ein Asylbewerberheim in Berlin-Hellersdorf reagiert und die Gegendemonstranten unterstützt. Vor rund 400 Schülern einer Berliner Schule sagte Gauck: „Wir brauchen Bürger, die auf die Straße gehen und den Spinnern ihre Grenzen aufweisen.“ Solange die NPD nicht verboten sei, müsse man deren Ansichten allerdings ertragen.

Worte als „Waffe“

Gaucks „Waffe“ sind die Worte. So manches Mal musste sich der ehemalige DDR-Bürgerrechtler schon den Vorwurf gefallen lassen, parteipolitisch nicht so neutral wie erforderlich zu sein. Mit seinen Reden, Gesprächen und Interviews kann der erste Mann im Staat auf die Gesellschaft einwirken. Wie weit er dabei gehen kann, regelt das Grundgesetz nur rudimentär.

Umfrage
Gauck eckt mit klaren Worten an

Darf der Bundespräsident die NPD „Spinner“ nennen oder geht das zu weit?

Er darf das so sagen und hat richtig gehandelt
53%
213 Stimmen
Er darf das zwar sagen, sollte aber lieber diplomatischer sein
24%
97 Stimmen
Er darf so etwas nicht sagen
23%
89 Stimmen

NPD sieht ihre Chancengleichheit verletzt

Die NPD ist da ganz anderer Meinung. Sie sah angesichts der Bundestagswahl ihre vom Grundgesetz garantierte Chancengleichheit verletzt und klagte. Ein Eilantrag scheiterte. Es sei nicht damit zu rechnen, dass der Bundespräsident zulasten der NPD in den Bundestagswahlkampf eingreife, urteilten die Verfassungsrichter ein paar Tage vor der Wahl. Nun steht die mündliche Verhandlung an, zu der der Bundespräsident selbst nicht kommen wird. Das Verfahren ist heikel – denn beim selben Senat des Verfassungsgerichts liegt auch das NPD-Verbotsverfahren.

Der Termin wurde zügig anberaumt für ein Gericht, bei dem die Bearbeitung wegen der Arbeitsbelastung länger dauern kann. „Vermutlich treibt das Gericht das Verfahren voran, um vor dem Hintergrund des NPD-Verbotsverfahrens nicht den Anschein zu erwecken, die NPD werde unfair behandelt“, sagt der Berliner Staatsrechtsprofessor Ulrich Battis.

Am Ende wird eine Entscheidung stehen. Sollte diese sich grundsätzlich mit den Rechten und Pflichten eines Bundespräsidenten auseinandersetzen, könnte sie Einfluss auf die künftige Amtsführung Gaucks und die seiner Amtsnachfolger haben.