Facebook-Panne: SPD-Abgeordneter Edathy kopiert und beschimpft

Der Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy.
Der Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy. Foto: DPA

Die Ansage ist deutlich: „Sie können mich mal“. Das schrieb der Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy einem Fotografen, der ihn auf Urheberrechtsverletzungen auf seiner Facebookseite hinwies.

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Wenn ein prominenter Bundestagsabgeordneter auf seiner Facebookseite Urheberrechte verletzt und auf Kritik mit dem Götz-von-Berlichingen-Zitat reagiert, dann hat das die Öffentlichkeit nicht zu interessieren: Das sei ein privates Profil, ließ der der SPD-Innenpolitiker Sebastian Edathy unserer Zeitung mitteilen, weshalb er keine Stellungnahme abgeben will.

„Ich erachte die Vorgänge auf diesem Profil als private Korrespondenz mit einem von mir zu bestimmenden Kreis von Personen.“ Ein Schnellschuss kann es nicht gewesen sein, als er einem Fotojournalisten vorhielt: „Sie können mich mal.“ Immerhin wiederholte er die Äußerung runde 48 Stunden später noch einmal – nachts um 2 Uhr.

Sebastian Edathy holt sein Umgang mit den Plagiatoren Guttenberg und Koch-Mehrin jetzt ein: „Ohne Worte“ kommentierte er, als er ein Foto eines Wahlplakats der ertappten Abschreiberin Silvana Koch-Mehrin hochlud mit dem Slogan „Arbeit muss sich wieder lohnen“. Die Arbeit mit dem Foto hatte sich ein Blogger gemacht – und Edathy das Foto kurzerhand auf seiner Facebook-Seite hochgeladen, ohne den Fotografen zu fragen oder zumindest zu nennen.

Das ist Diebstahl geistigen Eigentums, passiert täglich millionenfach im Netz, wird häufig beklagt und ist dennoch vielen nicht bewusst. Offenbar auch dem 42-jährigen niedersächsischen Politiker mit dem Schwerpunkt Innen- und Rechtspolitik nicht. Als ihn ein Fotojournalist im Kommentar zu einem Foto höflich fragte, ob er die Nutzungsrechte erworben habe, blaffte Edathy: „Ich schlage vor, Sie verklagen mich oder lassen mich verklagen!“ Er schickt ein „Sie nerven. veranlassen Sie doch bitte ein Verfahren, wenn Sie glauben, ich würde hier Rechtsbruch begehen.“ Vom Magazin „Journalist“ zu dem Fall befragt, sagte der auf Urheberrecht spezialisierte Anwalt Christian Donle: „Das kann ich nicht glauben“. Edathy ist Mitglied im Rechtsausschuss des Bundestags.

Als der Fotojournalist die Rechtslage erklärt und schreibt, den Dialog mit Screenshots dokumentiert zu haben, legte Edathy nach: „Dann können Sie gerne Folgendes hinzufügen: Sie können mich mal.“ Edathy, der die Seite nach Angaben seines Berliner Büros selbst betreut, hat inzwischen eine Vielzahl von Fotos verschiedenere Fotoagenturen mitsamt den Kommentaren gelöscht, Screenshots liegen aber auch unserer Redaktion vor.

Als Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg zurückgetreten war, hatte Edathy mehr Sinn für das Urheberrecht gezeigt: “Wenn das Urheberrecht des Bundestages verletzt wurde und das keine Konsequenzen hat, würde ein negativer Präzedenzfall geschaffen”, hatte er in einem Interview gesagt und damit den Bundestagspräsidenten Lammert krisitsiert, der keinen Strafantrag gegen Guttenberg stellen wollte.

Auf der Facebookseite hatte Edarthy von anderen Nutzern Zustimmung bekommen, der Fotojournalist war als kleinkariert abgetan worden. Dann könne er auch gleich halb Facebook, ja, das halbe Internet anprangern, schreibt ein Nutzer. Der Fotograf wolle „einen unser besseren Politiker diskreditieren, der auch mal was auf gut deutsch sagt“.

Der Vorgang, der beispielhaft für das geringe Bewusstsein für die Urheberrechte an Fotos stehen könnte, könnte auch den Verband Freelens interessieren, mit 2000 Mitgliedern größte Fotojournalistenvereinigung in Deutschland. Doch dort kennt man den Vorgang zwar bereits, lehnt aber eine Stellungnahme ab. Nur mit den Screenshots sei die Lage noch zu unklar. In der SPD-Fraktion soll indessen der Fall Edathy offenbar zum Anlass genommen werden, den Umgang der Abgeordneten mit Facebook zu thematisieren. Lars Wienand

Update: Nachdem er unserer Zeitung eine weitergehende Stellungnahme verweigert hat, hat Edathy der „Welt online“ erklärt, die „geltend gemachten Maßstäbe würden dazu führen, dass ein Drittel aller Facebook-Einträge überhaupt gelöscht werden müssten“. Für eine Entschuldigung sehe er keinen Grund, die FRagen seien “rein politisch motiviert„ gewesen.

Update 2: Edathy hat soeben die Einstellungen seiner Facebook-Seite geändert und dazu erklärt: “Eigentlich wirklich schade, aber ich habe Anlass, die öffentliche Einsehbarkeit meiner Einträge einzuschränken und habe auch einige andere Funktionen restriktiver als bisher gestaltet."