Ausstieg bei WKW: Gründern fehlte die Freiheit

Köln/Koblenz -Sie sind noch keine 30, dürften bereits mehrfache Millionäre sein – und können sich jetzt auch neuen Projekten widmen: Die wer-kennt-wen.de-Gründer Patrick Ohler und Fabian Jager ziehen sich teilweise zurück.

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Die beiden Koblenzer geben die Geschäftsführung des sozialen Netzwerks zum 1. September 2010 ab, bleiben aber dem Unternehmen als Berater erhalten. „Wkw“ verliert seine Erfinder, weil die wieder selbstbestimmt eigene Projekte umsetzen wollen. Im Interview mit unserer Zeitung erklären die beiden, welche strategische Entscheidung sie anders getroffen hätten, was sich außer einer iPhone-App bei dem Netzwerk noch tut und wieso sie an die Zukunft von Wer-kennt-wen glauben.

Sie sind ab 1. September nur noch Berater. Ist man mit der Aufgabe ausgelastet?

Patrick Ohler: Wir werden zunächst einige Tage in der Woche tätig sein, um die neue Geschäftsführung zu beraten.

Zunächst – und dann?

Fabian Jager: Das ist vorerst für einige Monate vorgesehen, wir stehen aber auch länger zur Verfügung, wenn das gewünscht ist. Der langsame Ausstieg ist auch für wkw sinnvoll, denken wir.

Dann ist ja Zeit für neue Dinge. Gibt es schon Pläne?

Ohler: Wir denken über vieles nach, so ganz konkret wollen wir uns aber noch nicht damit beschäftigen.

Jager: Es gibt viele Freunde und Familienangehörige, die wir vernachlässigt haben. Für die werden wir uns jetzt auch mal mehr Zeit nehmen. Wir wollen aber auf jeden Fall wieder etwas selbst machen. Und es wird in der Branche sein. Das, was wir gelernt haben, wollen wir auch bei etwas Neuem wieder verwenden.

Ohler: Wir haben sehr, sehr viele Dinge kennenlernen können zu Vermarktung und Markting im Internet – Dinge die in vielen Projekten vonnöten sind.

Klingt nicht danach, dass Sie eine Führungspositionen in einem fremden Unternehmen annehmen wollen. Wir frei waren Sie denn als Geschäftsführer der von Ihnen gegründeten Firma, als die übernommen war?

Ohler: Wir hatten sehr große Freiheiten gerade auch als RTL interactive uns zu 100 Prozent übernommen hat. Aber es ist ein Unterschied, ob man Gesellschafter ist oder keine Anteile hat.

Patrick Ohler (links) und Fabian Jager auf dem offiziellen Pressebild von wer-kennt-wen.de. Die Gründer der Plattform. Foto: wer-kennt-wen.de
Patrick Ohler (links) und Fabian Jager auf dem offiziellen Pressebild von wer-kennt-wen.de. Die Gründer der Plattform.
Foto: wer-kennt-wen.de

Sie hätten Entscheidungen anders getroffen?

Jager: Ich hätte als Gesellschafter überlegt, die Gründer noch am Unternehmen beteiligt zu lassen.

Ohler: Das wäre auch unser Wunsch gewesen. Deshalb freuen wir uns, wieder etwas Eigenes zu machen.

Aber Sie haben doch den Vertrag unterschrieben und 100 Prozent verkauft... Mussten Sie?

Jager: Zu Beginn der Zusammenarbeit mit RTL interactive und dem 49 Prozent-Einstieg war die Option auf die restlichen Prozent schon vorgesehen.

Und wie schwer fällt es jetzt, das eigene Baby komplett aus den Händen zu geben?

Ohler: Als Informatiker ist man es gewohnt, Projekte zu starten und wieder abzugeben. Aber WKW ist ein sehr großer Teil unseres Lebens geworden. Für uns kommt das ja auch nicht überraschend, wir haben uns an den Gedanken gewöhnen können in den vergangenen Monaten. Und jetzt, wo wir 8,5 Millionen User haben und auch profitabel geworden sind, ist ein sehr guter Zeitpunkt, um loszulassen.

Profitabel – seit wann das denn?

Ohler: Wir sind seit einiger Zeit profitabel. Zum genauen Zeitpunkt können wir leider keine Aussage machen.

Glauben Sie denn, dass WKW langfristig gegen Facebook bestehen kann? Die vermeintliche Stärke, einfach zu sein, dürfte auf Dauer immer weniger Nutzer befriedigen.

Ohler: Der Erfolg künftig natürlich abhängig von strategischen Entscheidungen in der Zukunft, für die wir dann nicht mehr verantwortlich sind. Unsere Empfehlungen haben wir abgegeben, wir beraten auch weiter und wir glauben, dass der Erfolg des Unternehmens langfristig möglich ist. Gerade, weil wir ein deutsches Unternehmen sind, das sich an den Rahmenbedingungen in Deutschland orientiert und sich gegen Amerikaner mit etwas anderen Vorstellungen durchsetzen kann.

Jager: Wir haben in den vergangenen Monaten schon mehr Gas gegeben. Die neuen Features sind erfolgreich, beim WM-Gewinnspiel gab es 29 Millionen Tipps. Aktuell arbeiten wir an einer iPhone-App – das ist längst überfällig.

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Ohler: Es ist nicht ganz so einfach, dass intelligent in WKW zu integrieren, der Aufwand wird sehr hoch sein. Aber die Priorität ist auch sehr hoch.

Jager: Wir haben ja realisiert, zusätzliche Strukturen zu bieten. Deshalb haben wir ja auch die Schulen in die Plattform gebracht. Das wollen wir stärker bewerben, der nächste Werbespot wird das auch zum Gegenstand haben.

Nochmal zurück zur eigenen Zukunft – liegt schon WKW2 in der Schublade?

Ohler: Wir denken über vieles nach, so ganz konkret wollen wir uns aber noch nicht damit beschäftigen.

Sieht man Sie denn künftig wieder öfter in Koblenz?

Ohler: Unser Lebensmittelpunkt ist jetzt eher Köln, wir haben in der Zeit die Stadt schätzen gelernt.

Jager: Aber wir machen ja nach wer-kennt-wen.de eine Pause, kann auch sein, dass wir dann eine Zeitlang nicht in Köln sind.

Das Gespräch führte Lars Wienand