Musikfestival „Rock am Ring“ in der Eifel gestartet

Von unseren Redakteuren Tim Kosmetschke und Markus Kuhlen

Nürburgring- Ein nicht mehr ganz so junger Mann betritt die Hauptbühne von Rock am Ring, gekleidet in eine schwarze Lederjacke: „Ich bin ein bisschen älter als 22, und ich sag euch nur eins: Cremt euch ein!“, ruft Thees Uhlmann den frühen Vögeln vor der Bühne zu. Uhlmann ist normalerweise Sänger der Band Tomte, am Freitag stand er als erster Künstler auf der Hauptbühne des Megafestivals. Und er hat recht: Erste Sonnenbrände zeichnen sich bereits ab. Rock am Ring beginnt. Der heiße Sonnentanz in der Eifel.

Uhlmann erledigt den Auftakt souverän: Bereits beim dritten Song stampft-tanzt er über die Bühne, die Fans klatschen mit, die Band hat sichtlich und hörbar Spaß. Ein wirklich gelungener Auftakt, auch wenn noch keiner die Lieder des Soloprojekts kennt – die Platte erscheint erst im August.

Bis Sonntagabend werden Uhlmann rund 90 Gruppen nachfolgen – nach den Kings Of Leon am Freitagabend sollen Coldplay und System Of A Down für die Höhepunkte sorgen, für die unsterblichen Erinnerungen, nach denen die zumeist jungen Festivalgänger dürsten, wenn es nicht Bier ist. Oder eine gute Hautcreme.

Noch vor Thees Uhlmann durfte schon der Belgier Ozark Herny als Allererster auf der zweitgrößten Bühne, der Alternastage, ran. Getragene Songs zwischen Pop und Rock um 14.20 Uhr von einer Band, die bei strahlendem Sonnenschein ganz in Schwarz gekleidet ist – leicht hatte es der charismatische Sänger nicht.

Tetrapaks und Sonnenschutz

Nach und nach aber strömten die Massen, bewaffnet mit schalen Getränken in Tetrapaks und Sonnenschutzfaktor 25. Und dann mischen sich bei den New Yorker Indierockern von We Are Scientists Schweiß und Creme. Tausende vor der Bühne feiern zum ersten Mal so richtig laut drauflos.

Vor ein paar Jahren stand auch Marc Hirschmann noch unter den Fans vor den Bühnen des großen Festivals: „Das war 1998, und ich war 13. Damals war alles anders – keine Wellenbrecher vor der Bühne, keine Dezibelbegrenzung ...“ Am heutigen Samstag tritt der junge Mainzer mit seiner Band Kolor selbst hier auf. Die Show bei Rock am Ring haben Kolor gewonnen – als Sonderpreis beim rheinland-pfälzischen Nachwuchswettbewerb Rockbuster, den das Quintett aus der Landeshauptstadt im vergangenen Jahr souverän für sich entschieden hatte.

Kolor spielen tanzbare Indie-Rockmusik mit deutschen Texten und Pop-Appeal, lässig und gleichzeitig zupackend, getragen von eingängigen Melodien, entspannt lastend auf treibenden Rhythmen (Infos im Internet unter www.
myspace.com/kolorband). Nach dem Rockbuster-Sieg folgten weitere Auszeichnungen, derzeit läuft das Video zum Kolor-Song „10000 Meter“ im Internet heiß (Anschauen unter http://ku-rz.de/kolor). Und jetzt Rock am Ring: „Ein Kindheitstraum.“ Von Aufregung dennoch keine Spur, als wir Hirschmann vor dem Auftritt danach fragen: „Nein, nervös sind wir nicht. Alles fein. Da ist eher eine Mischung aus Vorfreude und ein bisschen Anspannung.“

Dennoch – für Kolor ist es kein Auftritt wie jeder andere: „Rock am Ring, das ist doch für jeden Musiker etwas Besonderes.“ Um 16.10 Uhr stehen die Mainzer heute auf der Clubstage, der kleinsten der drei Festivalbühnen. Und das auch nicht besonders lange: „Ja, leider dürfen wir nur gut 25 Minuten lang spielen. Aber wir haben uns schon für ein Programm entschieden und fünf Lieder ausgesucht, die wir auf jeden Fall spielen wollen – bis uns einer von der Bühne jagt.“

Ein Lebenstraum von 25 Minuten

Manchmal darf der Lebenstraum eines Musikers eben nur 25 Minuten dauern – doch die möchten Kolor richtig auskosten: Freunde und Wegbegleiter werden dabei sein und heute am Nachmittag vor der Bühne stehen. „Die sind alle schon vorher angereist.“ Auch für die rheinland-pfälzische Musiker-Nachwuchsförderung ist der kurze Auftritt ein wichtiger Termin. Zeigt er doch, dass die beim Rockbuster geförderten Bands auch beim wohl wichtigsten Musikfestival Europas bestehen können.

„Auspacken, Soundcheck, auftreten, einpacken, Festival gucken“: So sieht Marc Hirschmanns Plan für heute aus. Welche Bands wollen er und seine Bandkollegen gern sehen? „Mhm, so richtig vertraut bin ich noch gar nicht mit dem Programm. Die Beatsteaks auf jeden Fall“, sagt der Sänger. Und am Samstag Coldplay: „Das wird sicher bombastisch.“

Wenn Kolor am Samstag spielen, ist es Nachmittag. Der Wetterbericht verspricht Sonne. Haut wird brutzeln. Die Leute werden tanzen. Rock am Ring ist eine heiße Sache. Erst am Sonntag soll es regnen.