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Berlin

Werden Mädchen durch Knabenchöre diskriminiert? Rechtsanwältin will ungleiche Chancen nicht akzeptieren

Von Renate Kortheuer-Schüring
Traditionell singen im Leipziger Thomanerchor nur Jungen in Sopran und Alt, nach dem Stimmbruch in Tenor oder Bass: Benachteiligt das Mädchen?  Foto: dpa
Traditionell singen im Leipziger Thomanerchor nur Jungen in Sopran und Alt, nach dem Stimmbruch in Tenor oder Bass: Benachteiligt das Mädchen? Foto: dpa

Für die Berliner Rechtsanwältin Susann Bräcklein ist die Sache klar: Dass in Knabenchören wie den berühmten Leipziger Thomanern keine Mädchen singen dürfen, ist ihrer Ansicht nach ein Verstoß gegen das Grundgesetz. Wenn Mädchen keinen Zugang zu Knabenchören hätten, die staatlich gefördert würden, sei das eine Diskriminierung, sagt die Juristin. Musikwissenschaftler und Chorleiter sehen das in Teilen anders und argumentieren vor allem damit, dass Knabenstimmen einen ganz eigenen Klang hätten.

Lesezeit: 2 Minuten
Bräcklein beschäftigt sich derzeit mit Fällen, bei denen Mädchen von Spitzenchören abgelehnt wurden, darunter der Leipziger Thomanerchor. Sie beruft sich dabei auf Artikel 3 Absatz 3 des Grundgesetzes, der eine Benachteiligung unter anderem aufgrund des Geschlechts verbietet. Weihnachten war Knabenchorzeit Gerade vor Weihnachten waren die traditionellen großen Knabenchöre in Kirchen und im ...
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Werden Mädchen durch Knabenchöre diskriminiert? Ex-Domkapellmeister verweist auf die Tradition

Koblenz. Kaum einer kennt sich mit verschiedenen Chorbesetzungen so gut aus wie er: Prof. Mathias Breitschaft war bis 2012 Domkapellmeister in Mainz, neben seiner andauernden Hochschultätigkeit leitet er derzeit auch den Chor des Musik-Instituts Koblenz. Der Dirigent zeigt sich vom Vorstoß der Berliner Rechtsanwältin spontan überrascht.

Prof. Mathias Breitschaft. Foto: dpa
Prof. Mathias Breitschaft.
Foto: dpa
Grundsätzlich erinnert er an die große Tradition von Knabenchören, die Deutschland von anderen Ländern unterscheidet: „In England gibt es berühmte Chöre – doch das sind alles Soprane. Und in Amerika werden die hohen Knabenstimmen nicht mit Männerstimmen ergänzt. Also singen sie ganz andere Werke – das sind für mich Kinderchöre.“ Im Gegensatz zur deutschen Tradition: „Hier singen die Knaben Sopran und Alt, nach dem Stimmbruch dann in den Männerstimmen Tenor und Bass. Und die Männerstimmen erwachsen bei den meisten Knabenchören aus den eigenen Reihen – auch das macht die überaus große Homogenität dieser Chöre aus. Diese Tradition aufzugeben, wäre ausgesprochen töricht.“

Den Appell der Anwältin auf Chancengleichheit kann Breitschaft aber absolut nachvollziehen: „Ich habe die Mädchenchöre in Limburg und Mainz gegründet – heute gibt es an allen katholischen Domen auch Mädchenchöre.“ Das allein mache aber noch keine Chancengleichheit aus: „Da stimme ich absolut zu: Die Mädchenchöre sollten genauso unterstützt werden wie die Knabenchöre.“ Immerhin investiere der Staat – etwa in Regensburg – kräftig in das Internat und das hervorragende Musikgymnasium, ebenso in den Unterhalt der Bauten. Da sei nicht einzusehen, warum solche Möglichkeiten nicht auch für Mädchen vorgehalten werden sollten.

Bei einer Sache will Breitschaft aber keine Kompromisse machen: dem Klang. Denn dieser sei nun einmal ein grundsätzlich anderer. „Wenn man das hören will, hört man das mit entsprechenden Ohren auch.“ Wobei es „den“ spezifischen Knabenchorklang gar nicht gebe – sondern den ganz spezifischen der Regensburger, der Kruzianer, der Thomaner ...

Und da ist man wieder beim Kern der Diskussion: Für Ensembles wie diese, mit ihren Besetzungen von Knaben- und Männerstimmen, haben viele Komponisten Werke geschaffen. Wer diese in diesem beabsichtigten Klang aufführen möchte, greift auf Knabenchöre zurück. Auch Frauen und Mädchen führen diese Werke regelmäßig und auf hervorragendem Niveau auf – aber eben in gemischten Chören oder solchen Ensembles, in denen man Mädchenstimmen neben Männerstimmen stellt. Das klingt wunderbar – aber eben nicht nach Knabenchor.