Kommentar: Die Bundeswehr bleibt eine Dauerbaustelle
Die Deutschen seien das „glücklichste Volk der Welt“, meinte Berlins Regierender Walter Momper, als die Mauer fiel. Vor lauter Glück fiel ihnen nicht auf, dass sie auch das naivste Volk der Welt wurden: Jahr für Jahr senkten sie den Anteil fürs Militär, schrumpften die Truppe, schlossen Standorte und motteten Waffen ein. Und wollten mit weniger Geld mehr Auslandseinsätze stemmen. Die Verteidigungsminister von CDU, CSU und SPD sprachen vom „dynamischen Verfügbarkeitsmanagement“. Das bedeutete zugleich: Selten sind die Sachen da, wo sie gebraucht werden. Die Krim-Annexion trug zum Ende der Naivität bei.
Gregor Mayntz zu den Problemen beim Militär
So kontinuierlich die Truppe kaputtgespart worden war, so wenig klappt die einfache Umkehr: Wer heute wieder mehr Geld in die Hand nimmt, hat nicht morgen schon eine funktionierende Bundeswehr. Die Entwicklung moderner Waffen hat einen Vorlauf von vielen Jahren – wenn denn die Industrie optimal aufgestellt ist. Doch auch die ist nur noch ein Schatten ihrer selbst. Nach vielen Dürrejahren hat sie ihr Know-how ausgedünnt. Hinzu kommt, dass die alten nationalen Blaupausen nicht zu gebrauchen sind. Die europäischen Armeen müssen die Versionen ähnlicher Waffensysteme drastisch reduzieren. Das wird dauern. Länger als eine Regierung.
So lange bleibt es Dauerzustand, dass sich hinter jedem Problem bei der Bundeswehr ein neues auftut. Das bedeutet nicht, bei den Finanzen auf die Bremse treten zu können. Gerade jetzt braucht die Truppe Planungssicherheit. Wenn das Ministerium das Konzept zur Erhöhung des Personalumfanges wegen unsicherer Finanzentwicklung stoppt, ist das das falsche Zeichen. Da hilft auch nicht das Spekulieren über die Verpflichtung von EU-Ausländern für den deutschen Militärdienst. Die brauchen nämlich auch Planungssicherheit.