Bad Kreuznach

Schüler erlebten lebendige Geschichtsstunden

Foto: Gymnasium an der Stadtmauer

Austauschschüler des Gymnasiums an der Stadtmauer und der Schule St. Pierre der Partnerstadt Bourg-en-Bresse waren auf den Spuren der Urgroßväter am Hartmannsweilerkopf.

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Schüleraustausch, das ist heute kein Aufreger mehr: Beide Schulen kennen sich sehr gut, haben sie doch zeitgleich mit dem 55-jährigen Stadtjubiläum ihr 35-jähriges Jubiläum der Schulpartnerschaft gefeiert. Doch gerade das war Anlass, sich bewusst zu machen, welch kostbares Gut die Freundschaft zwischen unseren beiden Völkern ist: 2018 ist auch ein Gedenkjahr aus Zeiten der Erbfeindschaft zwischen Deutschen und Franzosen.

Und so empfingen die Stamaschüler diesmal ihre Partner nicht wie sonst in Bad Kreuznach, sondern fuhren ihnen die halbe Strecke entgegen. Ziel war die Gedenkstätte am Hartmannsweilerkopf im Südelsass, die im September vom französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron und unserem Bundespräsidenten Frank Walter Steinmeier eingeweiht worden war.

Die elsässischen Experten vom Freundeskreis Gedenkstätte Hartmannsweilerkopf führten die beiden Gruppen unverzüglich zum Ehrenfriedhof und von dort durch die ehemaligen Schützengräben an die Stätten der vier Jahre währenden kriegerischen Auseinandersetzungen. Kaum ein Jugendlicher blieb unbeeindruckt von den Spuren der gegenseitigen Anfeindungen, die im Laufe des Jahrhunderts nur zum Teil von der Natur überwuchert worden sind. Aber, so ließen Robert Lenhardt und sein Kollege die Schüler wissen, auch wenn insgesamt 30 000 Soldaten am „Menschenfresserberg“ ihr Leben ließen, so gab es doch auch menschliche Momente, wenn Elsässer und Deutsche sich im Stellungskrieg manchmal gegenseitig verschonten, weil sie wussten, dass der andere ein Mensch war wie sie. Erschreckend für alle, wie durchlöchert der Berg ist, wieviele Verschanzungen, Verstecke, Tunnel, Gräben ihn zerstört haben und zu erfahren, dass dieser höchste Berg mit der schönsten Aussicht seine einzige Bestimmung in seiner strategischen Funktion hatte. Nachdenklicher als zuvor trat so mancher der Jugendlichen nach diesem Besuch die Weiterfahrt an, und der eine oder andere wusste zu erzählen, dass der Urgroßvater in diesem unseligen Krieg sein Leben gelassen hatte.

So ließen sich einige Schüler am nächsten Tag gerne auf einen Workshop ein, in dem sie diesen Besuch durch Collagen aus Fotos und eigenen Texten auf Schautafeln dokumentierten. Wer wollte, konnte sich diese kleine Ausstellung am Pfingstsonntag am Rande der Podiumsdiskussion zur Städtepartnerschaft anschauen.

An den Stama-Aktionstagen wird eine weitere Schülergruppe die Gedenkstätte Hartmannsweilerkopf sowie Verdun besuchen – bleiben doch solche Begegnungen besser im Gedächtnis als so manche Seite im Geschichtsbuch. Eine positive Resonanz hatte auch der Besuch des Films „Les Couleurs du continent/Die Farben des Kontinents“ der „HorizonsVagabonds“ – Léo Violland, Hugo Ladavière und Maxime Teissedre, deren mutiges Projekt, Europa von West nach Ost, von der Bretagne bis zum Ural per Fahrrad zu durchqueren und in jedem durchreisten Land ein Schulprojekt durchzuführen, verdienten Beifall erntete.

Nicht vergessen werden sollen aber auch die fröhlichen Seiten des Schüleraustauschs: Beim Basteln der farbenfrohen Dekoration für die Podiumsdiskussion und bei der Vorbereitung der Beiträge für den Bunten Abend hatten deutsche und französische Schüler viel Spaß miteinander. Schade, dass manches davon aus eigener Unkenntnis der französischen Sprache zumindest bei einer Journalistin schlecht ankam. Gerade das macht doch die Partnerschaft zwischen unseren beiden Städten aus: Sich nicht zu begnügen mit dem, was man kennt, sondern neugierig zu sein auf das, was kennenzulernen sich lohnt.