Bad Kreuznach

Die Beschränktheit des Menschen als Mutter aller Probleme

Foto: Uwe Franke

Schüler diskutieren mit Landtagsabgeordneten am Gymnasium am Römerkastell.

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Seit 2003 veranstaltet der Landtag um das historische Datum des 9. November sogenannte Schulbesuchstage, um Jugend und Politik in den Dialog bringen. Der Musiksaal des Gymnasiums am Römerkastell war mit 140 Schülern bis auf den letzten Platz gefüllt, als sich die Abgeordneten Sylvia Groß (AFD), Denis Alt (SPD) und Helmut Martin (CDU), die der Einladung der Fachschaft Sozialkunde gefolgt waren, den Fragen um das hervorragende Schüler-Moderatorenteam Zahra Ismaili und Richard Schorn stellten.

Nach einer kurzen persönlichen Vorstellung und der Frage nach der Motivation, warum die Diskutanten Politiker geworden sind, stand das erste große Thema Bildung im Fokus. Die Kraft einer idealen Schule zeigt sich demnach bei Sylvia Groß in der Herausbildung eines kritischen Bürgers, während Helmut Martin die Einmaligkeit des Menschen betonte, die es in einem durchlässigen Schulsystem zu fördern gelte. Denis Alt schließlich legte seinen Schwerpunkt auf eine funktionierende Schulgemeinschaft, in der jeder seinen Platz finden müsste.

Neben den Themen Digitalisierung und der allgemeinen Forderung nach gutem und vor allem mehr Politikunterricht war es hier die Meldeplattform der AFD in Hamburg, die erste Konfliktlinien zwischen den Abgeordneten zutage brachte. So verwies Sylvia Groß auf die Neutralitätspflicht der Lehrer, auch wenn es per se keine neutralen Lehrer geben könne und Helmut Martin äußerte Verständnis für das Bedürfnis der AFD, dass auch in den Schulen neutral über die AFD berichtet werden solle. Groß kündigte an, dass es für Rheinland-Pfalz eine solche Plattform, auf der Schüler und Eltern kritische Lehrer anonym melden können, nicht geben werde und Denis Alt nahm sie in dieser Sache beim Wort. Der SPD-Abgeordnete verwies zudem darauf, dass Lehrer keine Appelle nötig hätten und sie das Grundgesetz wie auch die freiheitlich demokratische Grundordnung als Richtschnur ihres Handelns befolgten.

Große Meinungsverschiedenheiten gab es in der Frage nach der Zukunft unserer Demokratie in Zeiten von Populismus und Radikalisierung. Die AFD-Abgeordnete erkannte demnach eine Erosion der Demokratie lediglich in der ständigen Stigmatisierung und Diffamierung der AFD und nicht etwa in den radikalen Vorkommnissen von Chemnitz, wo es ihrer Aussage nach keine Hetzjagden gegeben habe. Denis Alt verurteilte daraufhin die ständige selbst auferlegte Opferrolle, in der sich die AFD bewege und verwies auf die provokanten Beiträge der AFD-Fraktionskollegen in den sozialen Medien, während der CDU-Abgeordnete Martin betonte, dass antidemokratische Mehrheiten die Demokratie pervertierten und es vielmehr einen am Rechtsstaat orientierten Wertekonsens in der Gesellschaft geben müsse.

In der anschließenden offenen Fragerunde zeigten die Schüler sehr viel Interesse nicht nur an der Arbeit eines Landespolitikers und aktuellen Themen wie der Nachfolge Angela Merkels, sondern arbeiteten sich auch an den Positionen der ADF ab, etwa in der Ablehnung eines Islamunterrichtes an öffentlichen Schulen. Die Aussagen von Sylvia Groß, dass der Islam nicht zu Deutschland gehöre und zudem nicht auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehe, rief ebenso großes Unverständnis hervor wie die Aussage, dass „Chemnitz nicht stattgefunden“ habe.

So endete die lebhafte Diskussion mit einem kreativen Teil von Seiten der beiden aufmerksamen Moderatoren, bei dem die Politiker Satzanfänge zu Ende bringen mussten, wie etwa „An meiner Partei nervt mich…“ (Groß: „dass es einige wenige Politiker gibt, die mit ihren Aussagen das Bild einer ganzen Partei bestimmen.“) oder „Im nächsten Leben wäre ich gerne…“ (Martin: „Spitzenkoch“). Der CDU-Abgeordnete sprach abschließend vielen aus dem Herzen, als er den Satz „Die Mutter aller Probleme ist…“ mit den Worten „…die Beschränktheit des Menschen“ komplettierte.

Insgesamt war die Begegnung mit den Politikern für alle Beteiligten überaus gewinnbringend, was sich auch darin zeigte, dass einige Schüler auch nach dem offiziellen Veranstaltungsende noch den Austausch suchten.