Rheinland-Pfalz/Berlin

Streit um Kosten für teure Medikamente: WHO will Hepatitis bis 2030 besiegen

So sieht das Hepatitis-C-Virus aus: Bis 2030 will die WHO das Virus besiegt haben.
So sieht das Hepatitis-C-Virus aus: Bis 2030 will die WHO das Virus besiegt haben. Foto: dpa

Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat einen ehrgeizigen Plan: Bis 2030 sollen die Viruserkrankungen Hepatitis B und C weltweit eliminiert sein. Wie soll dies gelingen?

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Erstens sollen alle Risikopatienten wie Drogenabhängige, Schwangere oder Menschen mit erhöhten Leberwerten in einem flächendeckenden Screening identifiziert werden, um sie im zweiten Schritt mit mittlerweile sehr wirksamen und nach Aussage von Lebermedizinern gut verträglichen, aber bislang noch extrem teuren, neuen Medikamenten zu behandeln.

Die Kostenfrage der Hepatitis-C-Tabletten ist derzeit eine der am heißesten diskutierten Themen in der deutschen Gesundheitspolitik. Denn die Medikamententherapie pro Patient kostet laut Techniker Krankenkasse (TK) zwischen 50 000 und 120 000 Euro. Entsprechend sind die Kosten im vergangenen Jahr bei der TK geradezu explodiert. „Dank neuer Medikamente zur Behandlung der Virusinfektion gilt die Erkrankung inzwischen als heilbar“, betont TK-Landeschefin Anneliese Bodemar. „So erfreulich das auch ist, diese hochpreisigen Spezialpräparate stellen für unser solidarisch finanziertes Gesundheitssystem eine zunehmende Herausforderung dar.“ Kassen wie die TK setzen sich daher für Rabatte ein.

Aus Sicht von Ärzten wie Prof. Dr. Volker Schmitz, Chefarzt am Krankenhaus St. Marienwörth in Bad Kreuznach, ist dies jedoch gut investiertes Geld: „Es ist eine Milchmädchenrechnung, nur von den kurzfristigen Kosten zu sprechen. Erstens werden sich die Kosten bei einem flächendeckenden Einsatz der Medikamente senken lassen.“ Patente würden auslaufen, schon bald werde es mehr Konkurrenz durch Alternativpräparate geben. Schon jetzt sei eine Kostenreduktion zu beobachten. „Zweitens werden Komplikationen der Infektion wie Leberzirrhose und -fibrose verhindert. Wenn man das mit einrechnet, kann eine kurzfristig über wenige Monate dauernde Therapie sehr viel günstiger sein als die hohen Kosten durch Komplikationen, die durch eine Infektion eintreten können. Mittel- und langfristig ist der Einsatz der Medikamente die wesentlich ökonomischere Alternative.“ Angesichts eines Heilungserfolgs von bis zu 98 Prozent durch die neuen Tabletten ist es laut Schmitz „keine Illusion mehr, die virale Hepatitis weltweit zu eliminieren, weil man mit den Medikamenten fast jeden Patienten heilen kann“.

Offen ist aber noch, welche Kosten tatsächlich auf das Gesundheitssystem zukommen, um das ambitionierte Ziel der WHO umzusetzen. Seitdem es 1989/90 gelang, Hepatitis C diagnostisch testbar zu machen, ist das Screening möglich. Doch bislang gibt es nur Schätzungen, dass in Deutschland 1 Prozent der Bürger, also 800 000 infiziert sind. Für Schmitz ist aber schon klar: „Wenn die Gesamtkosten irgendwann feststehen, ist es eine gesundheitspolitische Frage, ob man diese Kraftanstrengung bewältigen will. In Fachkreisen ist diese Frage schon beantwortet: Es lohnt sich.“

Von unserem Redakteur Christian Kunst