Kommentar: Is(s)t Deutschland so wirklich?

Die Deutschen kochen immer seltener. Tun sie es doch, muss es schnell gehen. Gern greifen sie dafür zu Tiefkühl- oder Fertigware. Überrascht? Eigentlich nicht.

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Nicole Mieding kommentiert

Man braucht sich bloß das eigene Essverhalten anzusehen – und stellt fest, dass die Wunschvorstellung vom eigenen Verhalten weit entfernt von der Wirklichkeit ist. Vor diesem Hintergrund ist auch der aktuelle Report des Bundesernährungsministers zu lesen. Denn er basiert auf einer Umfrage. Das macht es nötig, die Antworten zu relativieren. Weil wir, werden wir gefragt, doch eher erzählen, wie wir gern wären.

Tiefkühlpizza statt Kocherlebnis:
Der große Ernährungsreport

Aber wie schlimm sind wir denn nun eigentlich? Unser Essverhalten ist vor allem eines: gespalten. Zwar wissen wir längst, was gut für uns wäre. So halten beispielsweise 71 Prozent der Befragten vegane Lebensmittel für „langfristig relevant“. Zugleich essen 53 Prozent der Menschen, die diese Antwort gegeben haben, aber am liebsten Fleisch. Das Wegwerfen von Lebensmitteln stößt uns sauer auf. Vor allem Jugendliche prüfen besonders aufmerksam, ob abgelaufene Lebensmittel noch zu gebrauchen sind – und sind doch die Gruppe, bei der das meiste Essen in die Tonne fliegt. 88 Prozent der Befragten erklärten sich bereit, mehr für Lebensmittel auszugeben, wenn klar wäre, dass die Tiere artgerechter gehalten werden. Im Supermarkt bleibt teures Biofleisch dann aber doch meist liegen. Merke: Der Geist ist willig.

Weil der Report vor allem sagt, wie wir uns die Welt wünschen, enthält er auch diverse Arbeitsaufträge an den Bundesernährungsminister. Etwa den, mehr Transparenz im Supermarkt zu schaffen – damit wir das, was wir angeblich suchen, auch zweifelsfrei erkennen können. 73 Prozent der Befragten bevorzugen regionale Produkte und 88 Prozent solche aus artgerechter Haltung.

Allen, die weiterhin gern ins Tiefkühlregal greifen (und das sind die meisten), bleibt zum Schluss ein Trost: Tiefkühlkost muss gar nicht schlecht sein. So schadet etwa Einfrieren dem Vitamingehalt von Obst und Gemüse viel weniger als langes Lagern. Zudem wird solche Ware in der Saison geerntet – ist damit also rund ums Jahr gleich frisch zu haben. Faustregel: je weniger verarbeitet, desto besser. In Fertiggerichten allerdings stecken oft minderwertige Zutaten, denen erst ein Übermaß an Salz, Zucker, Fett und Zusatzstoffen den gewünschten Geschmack gibt. Da sollte man dann doch einen eingehenden Blick auf die Zutatenliste riskieren.

E-Mail: nicole.mieding@rhein-zeitung.net