Mainz

Tötete Jörg S. sein Opfer im Drogenrausch?

Verteidiger Gottfried Hickel (links) und der nun geständige Jörg S.
Verteidiger Gottfried Hickel (links) und der nun geständige Jörg S. Foto: SWR

Die Gutachter konnten am heutigen Prozesstag die offenen Fragen zur Leiche in der Zanggasse nicht klären. Offen ist auch, ob der Angeklagte Jörg S. zur Tatzeit Amphetamine geschluckt hatte.

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Mainz – Gegen zwei Uhr morgens verließ am 20. August 2011 der angeklagte Jörg S. mit einer Frau die Dorret Bar.

Um sechs Uhr kehrte er allein zurück, um etwas zu trinken. Was genau in den dazwischen liegenden vier Stunden passiert ist, konnte auch am zurückliegenden Verhandlungstag des Verfahrens um die Tote in der Zanggasse nicht abschließend geklärt werden. Unbeantwortet bleiben „eine ganze Reihe von offenen Fragen“, bekannte unter anderem der Gerichtspsychologe Michael Rösler. Sicher ist jedoch, dass Christine R., die Frau, die mit dem Angeklagten die Bar verließ, das Zusammentreffen nicht überlebte.

Am 24. August, um halb drei Uhr morgens wurde die Rechtsmedizinerin Bianca Navarro in die blutverschmierte Dachwohnung von Jörg S. gerufen. Was sie dort im hinteren Teil des Appartments auf einer Bettcouch fand, war nichts für empfindsame Seelen.

Unter einer Steppdecke lag die tote Christine R. in eine schwarze Wolldecke eingewickelt. Der Leichnam war zu diesem Zeitpunkt bereits „hochgradig fäulnisverändert“, wie die Rechtsmedizinerin erzählte.

Mindestens ein Messerstich hat die Frau, die wohl im Bett getötet wurde, in den Hals getroffen und unter anderem die Halsschlagader fast vollständig durchtrennt. Laut der Rechtsmedizinerin könnten es aber auch bis zu sechs Stiche gewesen sein.

Opfer ist letztlich verblutet

Ob das Opfer zusätzlich noch gewürgt wurde, war nicht mehr zu klären. Dass es so gewesen sein könnte, darauf deuten ein hochgerolltes T-Shirt und eine Kette, die den Hals der Frau einschnürten. Klar ist letztlich nur, dass Christine R. verblutet ist. Verteidigen konnte sich die 30-Jährige wohl nicht.

Mehr Details über die Tat erhoffte sich das Gericht von einem Zellengenossen des Angeklagten, der gegenüber der Polizei einiges erzählt hatte. Doch auch der konnte nicht sonderlich viel Neues beitragen. Ihm habe der Angeklagte gesagt, dass er einen Blackout hatte. Von der Leiche in seiner Wohnung sei er am Morgen völlig überrascht gewesen. Danach habe er sein Fahrrad verkauft. Mit dem Erlös will Jörg S. dem Häftling zufolge etwas zu Essen und einen Besuch im Bordell bezahlt haben. Im Anschluss wollte er von einem Hochhaus in der Münsterstraße springen. Weil ihn der Mut verlassen habe, sei er zur Polizei gegangen.

Kann es sein, dass Jörg S. sein Opfer im Drogenrausch getötet hat? Immerhin soll er mehrere Rationen Amphetamine genommen haben. Das Opfer hatte Ecstasy-Tabletten geschluckt. Im März 2011 hat Amphetamin bei dem 32-Jährigen schon einmal eine Psychose ausgelöst. Doch für die Tatnacht sieht Rösler dafür keine Anhaltspunkte. Der Angeklagte sei von allen Zeugen als unauffällig beschrieben worden. Welche Schlüsse Staatsanwaltschaft und Verteidiger Gottfried Hickel aus den Gutachten ziehen, wird sich am kommenden Prozesstag, Dienstag 8. Mai, zeigen. Heiko Beckert