RZ-Umfrage: Liberale aus dem Land rufen nach Brüderle

Berlin/Rheinland-Pfalz. Mit seiner knappen Erklärung zu den Motiven seines Rücktritts hat Christian Lindner mehr „neue Dynamik“ in die FDP gebracht, als dem Bundesvorsitzenden Philipp Rösler lieb sein kann. Auch in der rheinland-pfälzischen Basis brodelt es weiter.

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Berlin/Rheinland-Pfalz. Mit seiner knappen Erklärung zu den Motiven seines Rücktritts hat Christian Lindner mehr „neue Dynamik“ in die FDP gebracht, als dem Bundesvorsitzenden Philipp Rösler lieb sein kann. Auch in der rheinland-pfälzischen Basis brodelt es weiter. Alt-Liberale fordern gar einen Neuanfang auf der ganzen Linie. Der Name Rainer Brüderle fällt dabei immer wieder – als möglicher neuer Vorsitzender. Das Trio Daniel Bahr, Philipp Rösler und Christian Lindner gilt bei vielen als gescheitert.

Rheinland-pfälzische Liberale haderten von Anfang an mit der FDP-Boygroup. Ganz auf der Linie des Alt-Liberalen Gerhart Baum liegen etwa der Pfälzer Günter Eymael und das Westerwälder Urgestein Hans-Artur Bauckhage, die den radikalen Personalschnitt zwei Jahre vor der Bundestagswahl fordern. Für Bauckhage ist es nun zwingend, dass es Zeit für den Neuanfang im Parteipräsidium, aber auch in der Ministerriege der FDP ist. „Westerwelle ist untragbar“, sagt er im Gespräch mit unserer Zeitung und fügt deftig hinzu: „Eine Partei kann an der Spitze nicht nur mit Kindergarten operieren.“ Rösler wirft er vor, dass er nicht mit Stolz einen Mitgliederentscheid moderiert hat.

Dass auch Eymael nichts vom „Bubi-Team“ hält, daraus macht er schon lange keinen Hehl. Er erwartet, dass Rösler „noch vor Dreikönig“ seine Konsequenzen zieht, damit die Partei „mit neuem Spitzenteam Vertrauen und Glaubwürdigkeit zurückgewinnen kann“. Er sieht die FDP-Basis von Rösler „abgewatscht“, weil er sich bereits zum Sieger des Mitgliederentscheids ausgerufen hatte. Das Scheitern des Bundesvorsitzenden ist für Eymael eindeutig, „wenn nach einem Bundesparteitag die Umfragewerte von 3 auf 2 Prozent sinken“. Auch für den Vorsitzenden des Landeshauptausschusses und Mainzer Kreisverbands, Peter Schmitz, steht fest: „Die Punkte werden nur oben gemacht oder verloren.“ Für ihn ist Rösler „eine beeindruckende Persönlichkeit“. Aber er muss hinzufügen: „Eine glückliche Hand hat er bisher auch nicht bewiesen.“ Von Brüderle, so seine Prognose, könnte eine „stabilisierende Wirkung ausgehen“. Der frühere FDP-Fraktionschef Herbert Mertin, der wegen Fehlern der Bundespartei auch aus dem Landtag geflogen ist, hofft, dass ein neues Team „schnell Tritt fassen kann“.

Volker Wissing, der nach der Wahlschlappe in Rheinland-Pfalz den Landesvorsitz von Rainer Brüderle übernommen hatte, mahnt eindringlich an, dass seine Partei sich in der Euro-Krise auf die Inhalte konzentriert. Auch der Mitgliederentscheid zum dauerhaften Rettungsschirm ESM ist für ihn vor allem eine Beschäftigung der Partei mit sich selbst: „Die Frage des Mitgliederentscheids ist längst von Entscheidungen auf europäischer Ebene überholt worden. Mit den erreichten Ergebnissen zur Lösung der Euro-Krise, an denen wir entscheidend mitgearbeitet haben, kann sich jetzt nur die CDU profilieren, weil der Mitgliederentscheid alles andere überschattete.“ Er hofft auf ein rasches Ende der internen Debatten. „Dass wir uns in der schwersten Krise des Euro seit seinem Bestehen befinden, ist bei manchen in der Partei offenbar noch nicht angekommen.“ FDP-Präsidiumsmitglied Elke Hoff war nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. In Medienberichten wurde sie kurzzeitig auch als mögliche Nachfolgerin Christian Lindners gehandelt.

Der FDP-Europaabgeordnete Jürgen Creutzmann sagte, dass „Fehler gemacht worden sind, auch von Philipp Rösler“. Die FDP müsse jetzt gut überlegen, wie sie wieder Vertrauen zurückgewinnen kann, um aus dem 3-Prozent-Loch herauszukommen. „Dafür braucht es den Rückhalt der gesamten Partei“, sagt Creutzmann.

Von Rena Lehmann und Ursula Samary