RZ-Kommentar: Moskau einbinden

Nikosia pokert hoch – und versucht alles, um sein Geschäftsmodell als Finanzoase für russische Oligarchen nicht aufgeben zu müssen. Gibt die Euro-Zone nach und gewährt ein Hilfspaket, obwohl Zypern die Milliardenselbstbeteiligung an der Sanierung nicht erbringt, stellt sie ihren gesamten Rettungskurs infrage.

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Denn er beruht auf dem Grundsatz: keine Hilfe ohne Opfer. Lässt Europa Zypern hingegen fallen, ist das ebenfalls riskant. Sicher, rein ökonomisch betrachtet, kann ein Ministaat, der für knapp 0,2 Prozent der Wirtschaftsleistung der Euro-Zone steht, kaum als systemrelevant bezeichnet werden. Doch es geht dabei um Psychologie und Vertrauen.

Denn im Fall Griechenlands hat die Euro-Zone eine politische Grundsatzentscheidung getroffen. Sie lautet: Wir lassen kein Land fallen und garantieren die Unauflöslichkeit der Währungsunion. Diese Versprechen zu brechen, ist gefährlich. Denn der Tabubruch könnte die Krise wieder anheizen. Mit dem Rettungsfonds ESM hat die Euro-Zone zwar ein Instrument, um Ansteckungsgefahren für andere Länder abzufangen.

Doch es bleibt dabei: Die erste Staatspleite eines Euro-Landes wäre ein Experiment mit unvorhersehbaren Folgen. Hinzu kommt: Lassen die Europäer Nikosia hängen, dürfte sich Moskau als Retter in der Not aufspielen – und sich im Gegenzug Anteile an den auf 600 Milliarden Euro geschätzten Gasvorkommen vor der Insel sichern. Das wäre eine Bankrotterklärung europäischer Politik. Daher muss eine Lösung her, die Moskau einbindet und Zypern zumutbare Opfer abverlangt.

E-Mail an: anja.ingenrieth@rhein-zeitung.net