RZ-Kommentar: Die falschen Worte für eine richtige Erkenntnis

Ein Urteil, das unfassbar daherkommt. Ein Urteil, das schmerzt: Da hat sich jemand keinen Deut um das Leben eines Kindes geschert, um Geld für ein luxuriöseres Leben rauszuschlagen. Und der bekommt jetzt Geld vom Staat dafür, dass ihn Staatsdiener ein bisschen härter angefasst haben. Und Verbrechensopfer gehen oft leer aus.

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Ein Urteil, das unfassbar daherkommt. Ein Urteil, das schmerzt: Da hat sich jemand keinen Deut um das Leben eines Kindes geschert, um Geld für ein luxuriöseres Leben rauszuschlagen. Und der bekommt jetzt Geld vom Staat dafür, dass ihn Staatsdiener ein bisschen härter angefasst haben. Und Verbrechensopfer gehen oft leer aus.

Doch so schwer das Urteil zu ertragen ist, so folgerichtig wie richtig ist es auch: Nachdem der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Bundesrepublik bereits verurteilt hatte, konnte das Gericht nicht mehr am Signal der Wiedergutmachung vorbei. Tröstlich mag da sein: Gäfgen wird in seiner Privatinsolvenz wohl von dem Geld keinen Cent sehen. Straßburg hatte aber festgehalten, dass von der Frankfurter Polizei gegen Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention verstoßen wurde. Vertreter des Staates hatten einen Menschen einer „hinreichend realen und unmittelbaren Drohungen vorsätzlicher Misshandlung ausgesetzt“. Das höchste Gericht für Menschenrecht hatte bemängelt, dass die Polizei Methoden eingesetzt hat, die ihr in demokratischen Rechtsstaat nicht zustehen. Wer soll sich sonst noch ans Gesetz halten, wenn es nicht Gesetzeshüter tun? Die Bundesrepublik stand unter Zugzwang. Wer das Frankfurter Urteil kritisiert, trifft das Straßburger Urteil. Und wer das falsch findet, findet damit auch die Spielregeln unseres Rechtsstaats falsch und muss dann andere Gesetze fordern.

Da hilft dann aber die Überlegung wenig, dass es ja „den Richtigen getroffen“ hat. Wo laufen die Grenzen, wer wägt ab, bei welchen Straftaten sich die Polizei dann vielleicht ein bisschen ungesetzlicher Methoden bedienen darf?

E-Mail: lars.wienand@rhein-zeitung.net