Koblenz/Berlin

RZ-INTERVIEW: Unionsvize Fuchs will keinen flächendeckenden Mindestlohn

Das Echo ließ nicht lange auf sich warten: Einen Tag, nachdem der Arbeitnehmerflügel der CDU einen flächendeckenden Mindestlohn gefordert hat, lehnt der Wirtschaftsflügel der Union den Vorschlag kategorisch ab. Unionsvize Michael Fuchs (CDU) will davon nichts wissen. Im Gespräch mit unserer Zeitung erteilt er auch Vorschlägen eine Absage, den Hartz-IV-Satz um acht statt nur um fünf Euro zu erhöhen.

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Der Arbeitnehmerflügel der Union hat einen flächendeckenden Mindestlohn gefordert. Halten Sie das für mehrheitsfähig in der CDU?

Ich glaube, dass das nicht der richtige Weg ist. Wir habe in Deutschland ein funktionierendes Tarifwesen. Es gibt mehr als 40 000 Tarifverträge. Deshalb möchte ich, dass die Tarifpartner das Problem lösen, nicht die Politik. Denn die Tarifpartner wissen besser, was in den Betrieben bezahlt werden kann und was die Produktivität erhält. Die Tarifautonomie hat sich bewährt.

Was ist dann Ihr Konzept gegen die drohende Altersarmut?

Die Altersarmut ist eine Folge davon, dass viele Bürger überhaupt keine Beschäftigung hatten. Wichtiger ist, dass wir dafür sorgen, dass mehr ältere Menschen einen Job bekommen. So können wir die Altersarmut wirksam bekämpfen.

Thema Hartz IV: Wie könnte eine Einigung aussehen?

Ich halte es für richtig, dass wir bei der Zeitarbeit einen Mindestlohn in das Entsendegesetz aufnehmen. Denn das Ziel muss sein, dass ausländische Unternehmen nicht ab dem 1. Mai in Deutschland zu Niedrigsttarifen arbeiten können. Und wir haben bereits in 98 Prozent der Zeitarbeitsunternehmen Tariflöhne. Mit der geplanten Reform würde das gesetzlich verankert.

Was halten Sie vom Vorschlag von Beck und Seehofer, den Regelsatz auf acht Euro zu erhöhen?

Ich bin nur dann bereit, mehr als die bislang von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen errechneten fünf Euro zusätzlich zu akzeptieren, wenn mir bewiesen wird, dass das nach dem von Rot-Grün gemachten Rahmengesetz von Hartz IV möglich ist. Wenn man mir nachweist, dass die Berechnung von Frau von der Leyen falsch und zu niedrig angesetzt war, lasse ich mit mir reden. Das ist bisher nicht geschehen. Wir müssen bedenken, dass das Geld von den Steuerzahlern kommt. Diejenigen, die es erarbeiten, haben nichts davon.

1,25 Milliarden Euro fließen in das Bildungspaket. Halten Sie das für vernünftig?

Dass wir etwas für die Kinder von Hartz-IV-Empfängern tun, halte ich für richtig. Es darf nicht so weit kommen, dass wir aufgrund schlechter Bildungschancen für diese Kinder Hartz-IV-Karrieren in die nächste Generation verschieben. Ich hoffe allerdings, dass die Kosten für zusätzliche Schulsozialarbeiter nicht zu hoch werden. Ich lehne es ab, weitere 3000 Stellen in diesem Bereich zu schaffen.

Wie soll die SPD ihr Gesicht wahren, wenn Sie alle Forderungen ablehnen?

Es geht hier nicht darum, sein Gesicht zu wahren, sondern darum, was berechtigt ist. Und das sind bei Hartz IV fünf Euro mehr. Das hat Ursula von der Leyen der SPD sehr deutlich vorgerechnet. SPD und Grüne konnten bisher nicht belegen, warum der Regelsatz noch weiter steigen sollte. Nur mit der Gießkanne können wir keine Sozialpolitik machen.

Sollen die fünf Euro mehr vorzeitig ausgezahlt werden?

Ja, wenn es möglich ist. Allerdings ist das rechtlich nicht ganz unproblematisch, weil die Reform nicht beschlossen ist. Das gilt auch für das Bildungspaket. Hier muss man eine vorzeitige Auszahlung erst prüfen. Aber ich könnte mir vorstellen, dass wir dabei eine Lösung finden.

Das Gespräch führte Christian Kunst