Berlin

Ruf nach großem Wurf für Euro

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Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute haben an die europäischen Regierungen appelliert, bei ihrem Gipfel am 23. Oktober ein endgültiges, umfassendes und mutiges Konzept zur Lösung der Euro-Schuldenkrise zu beschließen. "Der nächste Wurf der Regierungen sollte sitzen. Er muss möglichst bald kommen.

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Berlin – Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute haben an die europäischen Regierungen appelliert, bei ihrem Gipfel am 23. Oktober ein endgültiges, umfassendes und mutiges Konzept zur Lösung der Euro-Schuldenkrise zu beschließen. „Der nächste Wurf der Regierungen sollte sitzen. Er muss möglichst bald kommen.

Die Verschiebung des Gipfels um eine Woche mag richtig gewesen sein, aber dann bitte brauchen wir einen großen Wurf“, sagte der Konjunkturchef des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Joachim Scheide.

Die deutsche Wirtschaft wird einer Rezession seiner Ansicht nach nur dann entgehen können, wenn die Regierungen rasch eine tragfähige, glaubwürdige Antwort auf die Schuldenkrise finden. In ihrem Herbstgutachten unterstellen die Ökonomen ein entsprechend optimistisches Szenario: Den Regierungen gelingt es demnach, die Krise noch rechtzeitig einzudämmen.

Die Institute nannten einige Kernelemente, die der erwünschte „große Wurf“ enthalten solle. Zunächst muss die Rekapitalisierung europäischer Banken sichergestellt werden, fordern sie. Im zweiten Schritt ist aus ihrer Sicht ein weitgehender Schuldenerlass für Griechenland unumgänglich, weil das Land seine Schulden nicht mehr tragen könne. „Die Regierungen müssen jetzt die Voraussetzungen dafür schaffen, dass ein solcher Schuldenschnitt zu beherrschen wäre“, forderte Roland Döhrn vom Rheinisch-Westfälischen Wirtschaftsforschungsinstitut (RWI) in Essen. Die Absicherung der Banken vor einer Pleitewelle, so Döhrn, ist in erster Linie Aufgabe der Banken selbst, die sich neue Aktionäre suchen müssten. In zweiter Linie sind die Nationalstaaten und erst an dritter Stelle der Euro-Rettungsschirm gefragt.

Auch Banken müssen künftig pleitegehen können, so die Institute. Die Steuerzahler könnten nicht jedes Institut retten. Deshalb gehört nach Ansicht der Forscher zum Gesamtpaket ein Plan zur Abwicklung insolventer Geldhäuser.

Auch der Prozess einer Staateninsolvenz innerhalb der Euro-Zone müsse endlich grundsätzlich geklärt werden. Die Überwachung der Staatshaushalte und die Einführung von Schuldenbremsen überall in Europa kommen als weitere Elemente hinzu. „Es muss auch nach der Umstrukturierung der Schulden einzelner Länder sichergestellt werden, dass diese nicht weiter in Defizite hereinlaufen“, betonte Oliver Holtemöller vom Institut für Wirtschaftsforschung Halle.

Der Europäischen Zentralbank raten die Institute, den Leitzins von 1,5 auf 1,0 Prozent zu senken, um den Euro-Raum zu stabilisieren. Der Finanzminister solle die Etatkonsolidierung fortsetzen. Eine Abkehr von der Schuldenbremse würde das Instrument unglaubwürdig machen, das Vertrauen in die Finanzpolitik ginge völlig verloren. Geringe Steuersenkungen könnten allerdings das Wachstum stärken.

Von unserer Berliner Korrespondentin Birgit Marschall